Neuer Blick auf den veränderlichen Röntgenhimmel
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
10. Januar 2024
Der Röntgensatellit Einstein Probe der Chinesischen
Akademie der Wissenschaften ist gestern erfolgreich vom Xichang Satellite
Launch Center in China mit einer Langer-Marsch-2C-Rakete gestartet. Das
Teleskop an Bord verfügt über hochmoderne Röntgenspiegel und -detektoren und
entstand mit maßgeblicher Beteiligung von Forschenden aus Deutschland.

Die beiden Spiegelmodule für die Einstein
Probe bestehen aus jeweils 54 ineinander verschachtelten
Spiegeln. Das Bild zeigt das Spiegelmodul des Follow-up X-ray
Telescope während der finalen Tests.
Foto:
MPE [Großansicht] |
Das wissenschaftliche Hauptziel der Einstein Probe ist die
Erforschung des vergänglichen und veränderlichen Röntgenhimmels, indem starke
Ausbrüche von hochenergetischem Licht aufgefangen werden, die von Objekten wie
verschmelzenden Neutronensternen und Schwarzen Löchern ausgehen. Im Gegensatz zu
konventionellen Röntgenteleskopen kann die Einstein Probe dank ihres
einzigartigen Designs fast ein Zehntel des Himmels gleichzeitig überwachen. Sie
wird damit viele Quellen entdecken, wenn sie im Röntgenbereich aufleuchten, und
detaillierte Studien bekannter und neuer Himmelsphänomene über längere Zeiträume
hinweg ermöglichen.
"Bislang war die Erforschung des veränderlichen Himmels im Röntgenbereich auf
die wenigen hellsten Objekte beschränkt", sagt Arne Rau, Astrophysiker am
Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) und Mitglied des
Einstein Probe Science Management Committee. "Mit dem Design und der
Empfindlichkeit der Einstein Probe freue ich mich darauf, eine viel
größere Anzahl von Ereignissen zu untersuchen, darunter auch die Signaturen von
Sternen, die das Pech haben, von den supermassereichen Schwarzen Löchern in den
Zentren von Galaxien zerstört zu werden."
Im Gegensatz zu den Sternen, die wir mit bloßem Auge sehen können, sind die
meisten kosmischen Objekte, die im Röntgenlicht leuchten, sehr variabel. Sie
werden ständig heller und dunkler, manchmal leuchten sie nur für kurze Zeit hell
auf, bevor sie ganz verschwinden. "Da die Einstein Probe den gesamten
Himmel mit hoher Kadenz überwachen kann, ist sie eine Ergänzung zu anderen
Röntgenmissionen wie eROSITA", sagt Peter Friedrich, der den optischen Beitrag
des MPE leitete. "Das Teleskop spielt eine entscheidende Rolle, eine Lücke der
zeitaufgelösten Beobachtung in diesem Wellenlängenbereich zu schließen."
Röntgenstrahlen werden insbesondere bei hochenergetischen Ereignissen
ausgesandt, etwa bei Kollisionen zwischen Neutronensternen, bei
Supernova-Explosionen, bei Sternen, die von massereichen Schwarzen Löchern
zerrissen und verschlungen werden, oder von energiereichen Teilchen aus dem
heißem Gas, das diese exotischen und geheimnisvollen Objekte umkreist. Die
Einstein Probe wird unser Verständnis dieser kosmischen Ereignisse
verbessern, indem sie neue Quellen entdeckt und die Variabilität von Objekten
überwacht, die überall am Himmel im Röntgenlicht leuchten.
Darüber hinaus soll die Sonde dazu beitragen, das Verständnis der Quellen zu
verbessern, die Gravitationswellen aussenden. Wenn zwei sehr dichte, massereiche
Objekte wie zwei Neutronensterne oder Schwarze Löcher miteinander verschmelzen,
erzeugen sie ein Gravitationswellensignal, das auf der Erde bereits mehrfach
nachgewiesen wurde. Allerdings ist es oft schwierig, den Ort der Quelle zu
bestimmen - am ehesten ist diese im Röntgenlicht zu erkennen, wenn dieser
kosmische Crash von einem Lichtblitz begleitet wird. Die Einstein Probe
kann routinemäßig neue Röntgenquellen aufspüren, schnell reagieren und in die
Richtung zeigen, die bodengestützte Gravitationswellenexperimente vorgeben. Dies
wird es den Wissenschaftlern ermöglichen, diese kurzlebigen Ereignisse zu
untersuchen und ihren Ursprung zeitnah zu identifizieren.
Entscheidend für den Erfolg der Einstein Probe sind ihre hochmodernen
Instrumente - das Wide-Field X-ray Telescope (WXT) und das Follow-up
X-ray Telescope (FXT), wobei letzteres eng dem Design des eROSITA-Röntgenteleskops
folgt. Das MPE lieferte das "flight spare"-Spiegelmodul für das FXT und
arbeitete mit ESA und Partnern aus der Industrie zusammen, um auch das zweite
Spiegelmodul herzustellen. Das WXT-Teleskop nutzt eine innovative
"Hummeraugen-Optik", mit der die Einstein Probe 3600 Quadratgrad des
Himmels gleichzeitig erfassen kann – fast ein Zehntel der Himmelskugel in einer
einzigen Einstellung. Diese Leistung ist entscheidend für die Überwachung des
gesamten Nachthimmels alle 4,5 Stunden und bietet einen umfassenden Blick auf
das Röntgenuniversum.
Wenn WXT eine neue Röntgenquelle entdeckt, kann der Satellit innerhalb von
Sekunden rotieren und das viel empfindlichere FXT für eine detailliertere
Untersuchung darauf ausrichten. Die Kalibrierung der beiden Teleskope für WXT
und FXT fand in der PANTER-Testeinrichtung des MPE statt. Das MPE steuerte auch
die hochmodernen Detektoren von FXT bei. "Wir haben die CCD-Detektormodule auf
der Grundlage unserer Erfahrungen mit der erfolgreichen eROSITA-Mission
entwickelt", sagt Norbert Meidinger, der am MPE für die Detektoren
verantwortlich war. "Ihre hervorragende Zeitauflösung von 50 ms im
Standard-Beobachtungsmodus und sogar 2 ms im Fenster-Modus kombiniert mit einer
State-of-the-art-Energieauflösung nahe der theoretischen Grenze sind für das
Erreichen der wissenschaftlichen Ziele der Einstein-Probe-Mission unerlässlich."
Die Einstein Probe ist eine Röntgenmission der Chinesischen Akademie
der Wissenschaften (CAS) in Zusammenarbeit mit der europäischen
Weltraumorganisation ESA und dem MPE. Als Gegenleistung für seinen Beitrag zur
Entwicklung dieser Mission erhält das MPE direkten Zugang zu zehn Prozent der
Daten, die bei den Beobachtungen von Einstein Probe anfallen. "Es war
eine großartige Teamleistung, unsere eROSITA-Hardware an die Spezifikationen der
neuen Mission anzupassen - unter den sehr schwierigen Bedingungen während der
Pandemie", fügt Friedrich hinzu. "Wir sind sehr stolz darauf, Teil dieses
spannenden Projekts zu sein und freuen uns auf viele Entdeckungen und
wissenschaftliche Möglichkeiten am veränderlichen Röntgenhimmel."
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