Wie aus abstrakten Daten Bilder werden
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
6. Juni 2023
In der Strahlenbiologie, der Radioastronomie und bei der Vermessung kosmischer
Strahlung kommen Großforschungsanlagen zum Einsatz und man benötigt
intelligente Algorithmen, um die dabei entstehenden Daten zu veranschaulichen.
So verschieden die Forschungsfelder sind, so ähnlich können die dazu verwendeten
Verfahren sein.
Anwendungsgebiete der in ErUM-IFT entwickelten
informationsfeldtheoretischen
Bildgebungsverfahren: Radioastronomie,
Radiodetektion von Luftschauern, ausgelöst durch
kosmische Strahlungsteilchen hoher Energie und
zellbiologische Mikroskopie. Obwohl die typischen
Längen der involvierten Systeme sich um viele
Zehnerpotenzen unterscheiden, erlaubt die
Informationsfeldtheorie deren Rekonstruktion mit
der gleichen Methodik.
Bild: Philipp Arras und Torsten
Enßlin (MPA), Arthur Corstanje (Radbout
Universiteit Nijmegen) und Judith Reindel
(Universität der Bundeswehr München) [Großansicht] |
Die Messwerte von Großforschungsanlagen, wie Radioteleskopen oder
Teilchendetektoren für kosmische Strahlung, sind einer menschlichen
Interpretation oder gar nur dem Auge nicht direkt zugänglich. Oft müssen diese
Daten erst mit aufwändigen Rechenverfahren in Bilder übersetzt werden, die dann
von Menschen interpretiert werden können. Für die einzelnen Geräte wurden diese
Verfahren bisher individuell entwickelt. /p>
Doch die zugrundeliegende Fragestellung ist eigentlich dieselbe, nämlich "Wie
sah die gemessene Größe ursprünglich aus?" Die Messprinzipien der jeweiligen
Instrumente und die Eigenschaften der damit gemessenen Größen unterscheiden sich
zwar in der Praxis erheblich, von einem theoretischen Standpunkt aus gesehen
sind diese Unterschiede allerdings nur mathematische Details. Zur
Vereinheitlichung solcher Bildgebungsverfahren hat die Arbeitsgruppe von
Privatdozent Dr. Torsten Enßlin am Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) die
Informationsfeldtheorie (IFT) für räumlich variierende Größen entwickelt. Die
Theorie beschreibt, wie aus Messdaten und unserem physikalisches Vorwissen ein
genaues Abbild dieser Felder erzeugt werden kann. Die IFT liefert also mögliche
Bilder dieser Größen sowie gleichzeitig Angaben über die verbleibenden
Unsicherheiten der so rekonstruierten Felder.
Ursprünglich wurde die Informationsfeldtheorie für astrophysikalische
Messungen entwickelt. Sie ist aber so generell, dass sie für jegliche Messung
Feld-artiger Größen genutzt werden kann. Innerhalb des Rahmenprogramms
"Erforschung von Universum und Materie" (ErUM) wird nun das Projekt
"Informationsfeldtheorie für Experimente an Großforschungsanlagen" (ErUM-IFT)
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Dabei sollen exemplarisch Probleme bei der Bildgebung für einige
Großforschungsanlagen gelöst werden.
An der Universität Bielefeld, der
Universität Hamburg und der Technischen Universität München werden IFT-basierte
Algorithmen für die Radioastronomie und deren Visualisierung entwickelt; an der
RWTH Aachen University, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
und dem Karlsruhe Institute of Technology werden IFT-Methoden zur Detektion und
Analyse von Radiopulsen durch kosmische Strahlung eingesetzt. Zusätzlich werden
an der Universität der Bundeswehr München IFT-basierte Methoden zur
dreidimensionalen Bildgebung biologischer Proben entwickelt.
Am
Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching werden grundlegende IFT-Verfahren entwickelt die in den Anwendungen benötigt werden. Die im Rahmen des
Projektes ErUM-IFT untersuchten Phänomene haben dabei sehr unterschiedliche
Längenskalen lassen sich aber trotzdem mit der gleichen
Methodik analysieren. Die einzelnen, dabei entstehenden Anwendungen werden nicht
nur zwischen den Unterprojekten und anderen ErUM-Projekten ausgetauscht, sondern
auch als Open-Source Software der Allgemeinheit frei zur Verfügung gestellt.
Gleichzeitig wird die Erium GmbH deren industrielles Potential ausloten. "Die dabei entwickelten Methodiken zur informationsfeldtheoretischen Bildgebung sollten sich auch auf
andere Bereiche übertragen lassen", so Enßlin, der Sprecher des Verbundes. "Die
Anforderungen an Verfahren beispielsweise in der medizinischen Bildgebung oder
Geophysik haben viele Ähnlichkeiten zu denen in Radiointerferometrie und
Mikroskopie. Die Anwendung der Informationsfeldtheorie ist daher nicht nur auf
Großforschungsanlagen beschränkt, sondern fließt bereits jetzt in diese Gebiete
ein."
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