Blick auf die Säulen der Schöpfung
von
Stefan Deiters astronews.com
20. Oktober 2022
Die Säulen der Schöpfung zählen wohl zu berühmtesten
Bildern, die vom Weltraumteleskop Hubble veröffentlicht wurden. Auch
das James Webb Space Telescope hat inzwischen diese Brutstätte junger
Sterne ins Visier genommen. Gestern haben NASA und ESA das Bild veröffentlicht.
Es zeigt neue Details der Sternentstehungsregion im Sternbild Schlange.
Blick mit der Near-Infrared Camera des Weltraumteleskops James
Webb auf die Säulen der Schöpfung im Adlernebel.
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI; J. DePasquale, A.
Koekemoer, A. Pagan (STScI) [Großansicht] |
Auch das James-Webb-Weltraumteleskop hat nun die berühmten "Säulen der
Schöpfung" ins Visier genommen. Die Nebelstrukturen sind Teil des Adlernebels
im Sternbild Schlange und rund 6500 Lichtjahre von der Erde entfernt. Eine
entsprechende Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble zählt bis heute
zu den spektakulärsten Ansichten des Weltraumteleskops. Auch die Webb-Aufnahme
steht dem in nichts nach: Allerdings erscheinen die Staubstrukturen dank des
Infrarotblicks von James Webb sehr viel transparenter, wodurch ganz neue
Einsichten in die Region möglich werden.
"Hauptdarsteller" in der neuen Ansicht sind Sonnen, die gerade entstehen,
sogenannte Protosterne. Es handelt sich dabei um die leicht rötlichen Punkte,
die gerade außerhalb einer der staubigen Säulen liegen und meist auch anhand
ihrer strahlenförmige Beugungsmuster, der sogenannten Spikes, zu erkennen sind. Wenn
sich innerhalb der Gas- und Staubsäulen Materialansammlungen mit ausreichender
Masse bilden, beginnen sie unter ihrer eigenen Schwerkraft zu kollabieren und
werden schließlich zu neuen Sternen.
Doch wie kommt es zu den
wellenförmigen Linien am Rand der Säulen, die ein wenig an fließende Lava
erinnern? Dabei handelt es sich um Material, das junge Sterne ausgestoßen haben.
So können von gerade entstehenden Sternen gebündelte Partikelstrahlen,
sogenannte Jets ausgehen, die mit Material ihrer Umgebung kollidieren und darin
dann Strukturen entstehen lassen, die ein wenig an Bugwellen von Schiffen
erinnern. Das karminrote Leuchten, das in der zweiten und dritten Säule von oben
zu erkennen ist, stammt von energiereichen Wasserstoffmolekülen, die durch diese
Jets und Stoßwellen angeregt worden sind. Die jungen Sterne in dieser Region
dürften erst einige hunderttausend Jahre alt sein und werden noch lange Zeit
weiter anwachsen.
Obwohl man zunächst glauben könnte, dass Webb
dank seines Blicks im nahen Infrarot die Wolken in dieser Region "durchdringen"
kann und auch Objekte in deutlich größerer Entfernung hinter den Säulen
zeigt, ist dieser Blick doch durch das interstellare Medium versperrt: Es wird
durch das gesammelte Licht der vielen Sterne in dieser Region erhellt. Galaxien
sind daher auf dem Bild nicht zu sehen.
Der neue Blick von Webb
auf die Säulen der Schöpfung könnte der Astronomie neue Erkenntnisse zur
Sternentstehung liefern, da sich nun die Sternpopulationen sowie die Gas- und
Staubmengen in der Region genauer bestimmt lassen als das zuvor möglich war.
|
|