Zahlreiche unbekannte Asteroiden auf Hubble-Aufnahmen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
10. Mai 2022
Mit Unterstützung von Freiwilligen und künstlicher
Intelligenz wurde jetzt 1701 Spuren von Asteroiden in Archivdaten des
Weltraumteleskops Hubble entdeckt. Ein Drittel davon stammt von bereits
bekannten Asteroiden, der Rest dürften vermutlich Spuren von bislang unbekannten
Brocken sein, die wohl deutlich kleiner sind, als die Asteroiden, die von
der Erde aus entdeckt werden können.
Dieses Mosaik zeigt 16 unterschiedliche
Datensätze des NASA/ESA Weltraumteleskops Hubble
die im Rahmen des Bürgerbeteiligungsprojekts
"Asteroid Hunter" untersucht wurden. In jedem
Datensatz wurde die zeitliche Abfolge der
Aufnahmen farblich markiert, wobei Blautöne die
ersten Aufnahmen darstellen, in denen der
Asteroid jeweils entdeckt wurde, und Rottöne die
letzten.
Bild: ESA / Hubble & NASA, S. Kruk (ESA /
ESTEC), Hubble Asteroid Hunter citizen science
team, M. Zamani (ESA / Hubble) [Großansicht] |
Im Juni 2019 startete eine internationale Gruppe von Astronominnen und
Astronomen den "Hubble Asteroid Hunter", ein Bürgerbeteiligungsprojekt auf der
Plattform Zooniverse. Ihr Ziel: die visuelle Identifizierung von Asteroiden in
den Archivdaten des Hubble-Weltraumteleskops. "Was für den einen Astronomen nur
Müll ist, kann für einen anderen Astronomen ein Schatz sein", scherzt Sandor
Kruk, jetzt am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, der die
Asteroiden-Studie leitete. Dabei werden Daten gesammelt, die bei den meisten
Beobachtungen automatisch als Rauschen oder Störungen herausgefiltert werden.
"Die Datenmenge in den Astronomiearchiven wächst exponentiell, und wir wollten
uns diese erstaunlichen Daten zunutze machen."
Das Team untersuchte mehr als 37.000 zusammengesetzte Bilder, die zwischen
dem 30. April 2002 und dem 14. März 2021 mit der Advanced Camera for Surveys
und der Wide Field Camera 3 des Weltraumteleskops Hubble
aufgenommen wurden und die über den gesamten Himmel verteilt sind. Bei einer
typischen Beobachtungszeit von einer halben Stunde sollten die Asteroidenspuren
auf diesen Bildern als Streifen zu sehen sein. "Aufgrund der Umlaufbahn und der
Bewegung von Hubble selbst erscheinen die Streifen auf den Bildern
gekrümmt, was es schwierig macht, Spuren von Asteroiden auf diesen Bildern zu
klassifizieren – oder besser gesagt, es ist schwierig, einem Computer zu sagen,
wie er sie automatisch erkennen soll", erläutert Kruk. "Deshalb brauchten wir
Freiwillige für eine erste Klassifizierung, mit denen wir dann einen Algorithmus
für maschinelles Lernen trainierten."
Und diese beteiligten sich eifrig: Die Website der "Hubble Asteroid Hunter"
verzeichnete zwei Millionen Klicks, 11.482 Freiwillige fanden 1488 positive
Klassifizierungen in etwa einem Prozent der Bilder. Die Astronomen nutzten diese
Klassifizierungen der Laienwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, um einen
automatisierten Algorithmus für maschinelles Lernen in der Google Cloud zu
trainieren und so in den verbleibenden Archivdaten nach weiteren
Asteroidenspuren zu suchen. Dies führte zu 900 zusätzlichen Entdeckungen und
einer Gesamtzahl von 2.487 möglichen Asteroidenspuren in den Hubble-Archivdaten.
Drei Wissenschaftler, Kruk, Pablo García Martín von der Autonomen Universität
Madrid und Marcel Popescu vom Astronomischen Institut der Rumänischen Akademie,
prüften diese Spuren, wobei sie Spuren kosmischer Strahlung und andere Objekte
ausschlossen. Der endgültige Datensatz enthielt schließlich 1701 Spuren in 1316
Hubble-Bildern. Von diesen konnten etwa ein Drittel als bekannte Asteroiden
identifiziert werden, so dass 1031 nicht identifizierte Spuren übrig blieben.
Für eine eindeutige Identifizierung als Asteroid und die Berechnung einer
genauen Umlaufbahn sind weitere Beobachtungen erforderlich, aber die Stichprobe
weist interessante Charakteristiken auf: Die Objekte sind systematisch schwächer
und daher wahrscheinlich kleiner als typische Asteroiden, die vom Boden aus
entdeckt werden, haben aber eine ähnliche Geschwindigkeit und Verteilung am
Himmel wie die bekannten Asteroiden im sogenannten Asteroidengürtel.
In weiteren Arbeiten werden die Astronomen die Krümmung der Spuren, die durch
die Bewegung von Hubble entstanden sind, nutzen, um die Entfernung zu
den Asteroiden zu bestimmen und ihre Bahnen zu untersuchen. "Asteroiden sind
Überbleibsel aus der Entstehung unseres Sonnensystems; über sie können wir mehr
über die Bedingungen bei der Geburt unserer Planeten erfahren", erklärt Kruk.
"Aber es gab auch andere Zufallsfunde in den Archivbildern, denen wir derzeit
nachgehen. Der Einsatz einer solchen Kombination aus menschlicher und
künstlicher Intelligenz zur Durchsuchung riesiger Datenmengen ist ein großer
Fortschritt, und wir werden diese Techniken auch bei anderen bevorstehenden
Durchmusterungen einsetzen, beispielsweise mit dem Euclid-Teleskop."
Euclid, das 2023 starten soll, wurde zwar für die Aufnahme von Galaxien
konzipiert, dürfte aber auch rund 150.000 Objekte in unserem Sonnensystem
beobachten.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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