Aus für die Sternwarte im Jumbojet
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
29. April 2022
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat das Aus für
ein ganz besonderes Observatorium verkündet: SOFIA, das "Stratosphären
Observatorium für Infrarot Astronomie", wird den Flugbetrieb im September
einstellen. Der umgebaute Jumbojet mit einem 2,7-Meter-Teleskop an Bord war
seit 2014 bei rund 800 Beobachtungsflügen im Einsatz.
SOFIA, das "Stratosphären Observatorium für
Infrarot Astronomie".
Foto: NASA / Jim Ross [Großansicht] |
Die US-Raumfahrtbehörde NASA und die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR haben
gemeinsam beschlossen, den Flugbetrieb von SOFIA (die Abkürzung steht für
"Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie") im September 2022
einzustellen. Dies gab das DLR gestern in einer Pressemitteilung bekannt. Das
Aus für die Sternwarte war schon seit einiger Zeit befürchtet worden.
"Diese Entscheidung beruht auf einer Empfehlung des 'Decadal Survey' der
National Academy of Sciences, Engineering and Medicine, in der die
Prioritäten für die langfristige Ausrichtung der astronomischen Forschung in den
USA erarbeitet werden. Diese Empfehlungen haben für die NASA eine hohe
Verbindlichkeit", erläutert Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstandsmitglied und Leiter
der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. "SOFIA ist weltweit einzigartig und war
mit Beginn des Regelbetriebs im Jahr 2014 mit insgesamt rund 800 Flügen für die
Wissenschaft erfolgreich im Einsatz. Die Teams auf beiden Seiten des Atlantiks
haben hervorragende Arbeit geleistet. Dafür gilt ihnen unser Dank!"
"Der Flugbetrieb von SOFIA hat auf hervorragende Art und Weise zu der langen
Geschichte der deutsch-amerikanischen Kooperation beigetragen. Wir freuen uns,
darauf aufzubauen", betont NASA-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen. "In
einem gemeinsamen Workshop im Sommer wollen wir mit dem DLR neue Projekte in
wissenschaftlichen Zukunftsfeldern erarbeiten".
Die wissenschaftlichen Daten von SOFIA sind in den NASA-Archiven für
Astronomen weltweit verfügbar. Die zu einem Observatorium für
Infrarot-Astronomie umgebaute Boeing 747 SP hatte ihre fünfjährige Hauptmission
2019 abgeschlossen. Die Forschungsflüge wurden dann noch einmal um weitere drei
Jahre bis ins Jahr 2022 verlängert. Wie auch die Bewertung des Decadal
Survey zeigt, gab es Zweifel am Kosten-Nutzen-Verhältnis des weiteren
Betriebs des Flugzeugteleskops.
Die SOFIA-Kooperation zwischen der NASA und der Deutschen Raumfahrtagentur im
DLR ist in einem beiderseitigen Abkommen vereinbart. Es legt die Verteilung der
Arbeitspakete fest. Deutschland lieferte das weltweit einzigartige 2,7-Meter
Teleskop, das in den Rumpf von SOFIA eingebaut ist, und beteiligt sich mit 20
Prozent an den Betriebskosten. Im Gegenzug wurden Wissenschaftlergruppen aus
Deutschland pro Jahr rund 30 Wissenschaftsflüge zugeteilt. Die NASA hatte die
gebrauchte Boeing 747 gekauft und für den Einbau des Teleskops entsprechend
umgebaut. Die NASA führt zudem den Betrieb des Observatoriums von Palmdale in
Kalifornien aus, dem Heimatflughafen von SOFIA.
SOFIA hat seit 2014 jährlich rund 100 wissenschaftliche Flüge absolviert.
Dabei wurden astronomische Objekte vor allem in unserer Milchstraße beobachtet.
Das Infrarot-Observatorium ist auf Beobachtungen im fernen Infrarot
spezialisiert. Damit liefert es insbesondere Beiträge zu Fragestellungen der
Astro-Chemie und Astrophysik. Das erste Molekül - Helium Hydrid -, das im
Universum vor knapp 14 Milliarden Jahren entstand, wurde von SOFIA 2019 erstmals
astrophysikalisch nachgewiesen. Der Nachweis gelang mit dem Instrument GREAT,
einer Entwicklung des Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, der
Universität zu Köln und des Berliner DLR-Instituts für Optosysteme. Außerdem
erforschte SOFIA, wie sich Galaxien entwickeln und wie Sterne und
Planetensysteme aus interstellaren Molekül- und Staubwolken entstehen. Möglich
wurde dies durch das in Deutschland entwickelte und gefertigte Spezialteleskop
mit einem Durchmesser von 2,7 Metern und einem Gewicht von 17 Tonnen.
SOFIA kann sechs verschiedene wissenschaftliche Instrumente nutzen, von denen
drei aus Deutschland stammen - zwei Instrumente für das Fern-Infrarot und ein
optisches Instrument. Das fliegende Observatorium ist in Palmdale in Kalifornien
stationiert und führt von dort aus die meisten Beobachtungsflüge durch. Es wurde
aber auch weltweit für astronomische Beobachtungen eingesetzt, zuletzt im März
2022 in Chile und im März 2021 in Köln. Für Beobachtungen von astronomischen
Objekten am Südhimmel wurde SOFIA regelmäßig von Christchurch in Neuseeland aus
betrieben.
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