Rugbyförmiger Exoplanet um WASP-103
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
12. Januar 2022
Mithilfe des Weltraumteleskops CHEOPS konnte nun erstmals
die Verformung eines Exoplaneten nachgewiesen werden. Aufgrund von starken
Gezeitenkräften ähnelt der rund 1500 Lichtjahre entfernte Planeten WASP-103b
mehr einem Rugbyball als einer Kugel. Der innere Aufbau der fernen Welt dürfte
der des Gasriesen Jupiter in unserem Sonnensystem gleichen.
Künstlerische Darstellung des Planeten
WASP-103b und seines Zentralsterns: CHEOPS-Daten
haben gezeigt, dass der Exoplanet, der seine
Sonne innerhalb eines Tages umkreist, eher die
Form eines Rugbyballs als die einer Kugel hat.
Bild: ESA [Großansicht] |
An Küsten bestimmen die Gezeiten den Rhythmus des Geschehens. Bei Ebbe
bleiben Boote auf dem Land sitzen, bei Flut wird der Weg aufs Meer für sie
wieder frei. Erzeugt werden die Gezeiten auf der Erde in erster Linie durch den
Mond. Seine Anziehungskraft lässt Flutberge entstehen, so dass Wasser in anderen
Meeresregionen fehlt und hier Ebbe ist. Obwohl diese Verformung des Ozeans
vielerorts markante Pegelunterschiede ausmacht, ist sie vom Weltraum aus kaum
erkennbar.
Auf dem Planeten WASP-103b sind die Gezeiten sehr viel extremer. Der Planet
umkreist seinen Stern in nur einem Tag und wird durch die starken Gezeiten so
sehr verformt, dass seine Erscheinung an einen Rugbyball erinnert. Dies zeigt
eine neue Studie mit Beteiligung von Forschenden der Universitäten Bern und Genf
sowie dem Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS, die jetzt vorgestellt
wurde. Sie basiert auf Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop CHEOPS, eine
gemeinsame Mission der europäischen Weltraumagentur ESA und der Schweiz.
Der Planet WASP-103b befindet sich im Sternbild Herkules in einer Entfernung
von rund 1500 Lichtjahren. Er ist fast doppelt so groß wie Jupiter, hat
seine eineinhalbfache Masse und ist seinem Stern etwa fünfzig Mal näher als die
Erde der Sonne. "Wegen seiner großen Nähe zu seinem Stern hatten wir bereits
vermutet, dass auf dem Planeten sehr große Gezeiten verursacht werden.
Nachweisen konnten wir das bisher jedoch nicht", erklärt Yann Alibert, Professor
für Astrophysik an der Universität Bern.
Zuvor war der Planet bereits mit den Weltraumteleskopen Hubble und
Spitzer beobachtet worden. Doch erst durch die Kombination mit Daten
des Satelliten CHEOPS gelang es, das winzige Signal der Gezeitendeformation von
WASP-103b zu messen. Dabei machten sie sich zunutze, dass der Planet das Licht
des Sterns jeweils etwas abdunkelt, wenn er davor vorbeizieht. "Nachdem wir
mehrere solche sogenannten 'Transits' beobachtet hatten, waren wir in der Lage
die Verformung zu messen. Es ist unglaublich, dass uns dies gelungen ist – es
ist das erste Mal, dass eine solche Analyse durchgeführt wurde", unterstreicht Babatunde Akinsanmi von der Universität Genf.
Die Ergebnisse der Forschenden lassen nicht nur Rückschlüsse auf die Form des
Planeten zu, sondern auch auf sein Inneres. Denn das Team konnte aus der
Transitlichtkurve von WASP-103b auch einen Parameter – die sogenannte
"Love-Zahl", benannt nach dem britischen Mathematiker Augustus E. H. Love –
ableiten. Dieser gibt an, wie die Masse innerhalb des Planeten verteilt ist und
gibt damit auch Hinweise auf die innere Struktur. "Der Widerstand eines
Materials gegen Verformung hängt von seiner Zusammensetzung ab", erklärt
Akinsanmi. "Die Gezeiten auf der Erde können wir nur in den Ozeanen sehen. Der
felsige Teil bewegt sich nicht so stark. Indem wir messen, wie stark der Planet
verformt ist, können wir deshalb feststellen, wie viel von ihm aus Gestein, Gas
oder Wasser besteht".
Die Love-Zahl von WASP-103b ist ähnlich jener des Jupiters, dem Gasriesen
unseres Sonnensystems, was darauf schließen lässt, dass die innere Struktur
ähnlich ist – obwohl WASP-103b den doppelten Radius hat. "Im Prinzip würden wir
erwarten, dass ein Planet mit der 1,5-fachen Masse des Jupiters in etwa die
gleiche Größe hat. Daher muss WASP-103b aufgrund der Erwärmung durch seinen
Stern und vielleicht auch durch andere Mechanismen stark aufgebläht sein",
vermutet Monika Lendl, Professorin für Astronomie an der Universität Genf.
Da die Messunsicherheit bei der Love-Zahl allerdings noch recht hoch ist,
werden künftige Beobachtungen mit CHEOPS und dem James-Webb-Weltraumteleskop
nötig sein, um die Details der Gezeitenverformung und inneren Struktur von
WASP-103b und vergleichbarer Exoplaneten zu entschlüsseln. "Das würde unser
Verständnis dieser sogenannten 'heißen Jupiter' verbessern und einen besseren
Vergleich zwischen diesen und Riesenplaneten im Sonnensystem ermöglichen", so
Lendl abschließend.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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