Schwarzes-Loch-Paar im Zentrum von NGC 7727
von
Stefan Deiters astronews.com
2. Dezember 2021
Forschende haben mithilfe des Very Large Telescope der Europäischen
Südsternwarte ESO ein Paar aus zwei supermassereichen Schwarzen Löchern in der
Galaxie NGC 7727 nachweisen zu können. Das System im Sternbild Wassermann ist
lediglich 89 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und die beiden Schwarzen
Löcher nur 1600 Lichtjahre voneinander getrennt.
Nahaufnahme der beiden hellen galaktischen Kerne in NGC 7727,
einer 89 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernten Galaxie
im Sternbild Wassermann. Jeder Kern besteht aus einer dichten
Gruppe von Sternen mit einem supermassereichen Schwarzen Loch
in seinem Zentrum.
Bild: ESO/Voggel et al.
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Es ist ein neuer Rekord für eine Galaxie, in deren Zentrum sich zwei
supermassereiche Schwarze Löcher umkreisen: NGC 7727 ist nämlich lediglich 89
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, während der bisherige Rekordhalter
eine Entfernung von immerhin 470 Millionen Lichtjahre hatte. NGC 7727 befindet
sich im Sternbild Wassermann.
Supermassereiche Schwarze Löcher dürften sich in den Zentren praktisch aller
Galaxien befinden. Da sich Galaxien auch immer wieder nahekommen, kollidieren und
anschließend verschmelzen, dürfte es in zahlreichen Systemen auch mehr als nur
ein supermassereiches Schwarzes Loch geben. Diese Paare sollten sich im Laufe
der Zeit immer näher kommen und sich schließlich zu einem noch größeren Schwarzen
Loch vereinen.
Das dürfte auch für das Paar in NGC 7727 gelten, dessen Partner den
geringsten bislang ermittelten Abstand voneinander aufweisen: Sie sind lediglich
1600 Lichtjahre voneinander entfernt. "Es ist das erste Mal, dass wir zwei
supermassereiche Schwarze Löcher finden, die sich so nahe sind, weniger als die
Hälfte des Abstands des bisherigen Rekordhalters", sagt Karina Voggel,
Astronomin am Observatoire de Strasbourg. "Der geringe Abstand und die
Geschwindigkeit der beiden Schwarzen Löcher deuten darauf hin, dass sie
wahrscheinlich innerhalb der nächsten 250 Millionen Jahre zu einem
Riesen-Schwarzen-Loch verschmelzen werden", so Holger Baumgardt von der
University of Queensland in Australien. Das Team vermutet, dass
Verschmelzungen von Schwarzen Löchern wie in NGC 7727 auch die Entstehung der
massereichsten Schwarzen Löcher im Universum erklären könnte.
Erstmals bei einem solchen Schwarzen-Loch-Paar gelang es dem Team auch, die
Massen der einzelnen Schwarzen Löcher durch ihren gravitativen Einfluss auf die
Sterne in ihrer Umgebung zu bestimmen. Das größere der beiden Schwarzen Löcher,
das sich nahezu genau im Zentrum der Galaxie befindet, hat eine Masse, die dem
154-Millionen-Fachen der Masse unserer Sonne entspricht. Das andere Schwarze
Loch hat eine Masse von 6,3 Millionen Sonnenmassen. Bei der Bestimmung setzte
das Team auf Daten des Multi-Unit-Spectroscopic Explorer (MUSE) des
Very Large Telesope.
Dass es in NGC 7727 zwei supermassereiche Schwarze Löcher gibt, war schon
länger vermutet worden, doch da aus ihrer unmittelbaren Umgebung keine großen
Mengen an hochenergetischer Strahlung kommt, war der Nachweis der Schwarzen
Löcher bislang nicht möglich. "Unsere Entdeckung deutet darauf hin, dass es
viele weitere dieser Relikte von Galaxienverschmelzungen da draußen geben könnte
und dass sie viele versteckte massereiche Schwarze Löcher enthalten könnten, die
noch darauf warten, entdeckt zu werden", vermutet Voggel. "Das könnte die
Gesamtzahl der bekannten supermassereichen Schwarzen Löcher im lokalen Universum
um 30 Prozent erhöhen"
Über ihre Entdeckung berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist. Die Galaxie NGC
7727 war auch am Montag als unser
Bild
des Tages zu sehen.
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