Blick auf 42 Objekte im Asteroidengürtel
von
Stefan Deiters astronews.com
13. Oktober 2021
Die europäische Südsternwarte Eso hat gestern Bilder von 42
Objekten veröffentlicht, die im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter um
die Sonne kreisen. Die meisten dieser Asteroiden wurden bislang noch nie in
dieser Qualität abgebildet. Die Aufnahmen gelangen mit dem Very Large Telescope
und dem Instrument Sphere und sind ein wichtiger Schritt für die
Asteroidenforschung.
Einige der beobachteten Objekte im Asteroidengürtel zwischen
Mars und Jupiter. Die Bilder der Asteroiden wurden mit dem
Instrument Sphere am Very Large Telescope der Eso aufgenommen.
Bild: Eso / M. Kornmesser / Vernazza et al. /
MISTRAL algorithm (ONERA/CNRS)
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"Nur drei große Asteroiden des Hauptgürtels, Ceres, Vesta und Lutetia, wurden
bisher mit hoher Detailgenauigkeit abgebildet, da sie von den Weltraummissionen
Dawn und Rosetta der Nasa bzw. der europäischen
Weltraumagentur Esa besucht wurden", erklärt Pierre Vernazza vom Laboratoire
d'Astrophysique de Marseille in Frankreich, der die jetzt vorgestellte
Asteroidenstudie leitete. "Unsere Eso-Beobachtungen haben scharfe Bilder für
viele weitere Ziele, insgesamt 42, geliefert."
Bislang waren wichtige Eigenschaften vieler dieser Brocken, die zwischen Mars
und Jupiter um die Sonne kreisen, weitgehend unbekannt. So wusste man
beispielsweise kaum etwas über ihre dreidimensionale Struktur oder ihre Dichte.
Aus diesem Grund machten sich Vernazza und sein Team zwischen 2017 und 2019
daran, zahlreiche dieser Asteroiden zu beobachten.
Die meisten der erfassten Brocken haben einen Durchmesser von über 100
Kilometern, von den Objekten mit einem Durchmesser von über 200 Kilometern
wurden fast alle, nämlich 20 von 23, abgebildet, wobei der Zwergplanet Ceres und
der Asteroid Vesta mit 950 Kilometern bzw. 530 Kilometern den größten
Durchmesser hatten. Urania und Ausonia waren mit einem Durchmesser von rund 90
Kilometern die kleinsten Asteroiden der Studie.
Aus den Daten ihrer Beobachtungen, die mit dem Instrument Sphere (Spectro-Polarimetric
High-contrast Exoplanet REsearch) am Very Large Telescope durchgeführt wurden,
konnte das Team auch die Form der Objekte rekonstruieren, wobei sich zwei
grundsätzlich verschiedene Familien herausbildeten: Einige Objekte sind nahezu
perfekt kugelförmig, andere haben eine eher ungewöhnliche, langgezogene Form,
wie etwa der Asteroid Kleopatra (astronews.com berichtete).
Kennt man das Aussehen der Asteroiden und ihre Masse, lässt sich daraus auch
die Dichte der Brocken abschätzen. Das Team stellte so fest, dass die Asteroiden
ihrer Studie sehr unterschiedliche Dichten aufweisen: Sie reicht von nur 1,3
Gramm pro Kubikzentimeter, was etwa der Dichte von Kohle entspricht, bis zu 4,4
Gramm pro Kubikzentimeter, was höher ist als die Dichte von Diamant. Die
verschiedenen Dichten liefern Hinweise auf den Ursprung der
Brocken.
"Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass diese Körper seit ihrer
Entstehung beträchtlich gewandert sind. Kurz gesagt, diese enorme Vielfalt in
ihrer Zusammensetzung können wir nur verstehen, wenn die Körper in verschiedenen
Regionen des Sonnensystems entstanden sind", erklärt Josef Hanuš von der
Karls-Universität in Prag. So könnten sich die Asteroiden mit der geringsten
Dichte in den abgelegenen Regionen jenseits der Neptunbahn gebildet haben und
später zu ihrem heutigen Aufenthaltsort gewandert sein.
Nun hoffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die nächste
Teleskopgeneration wie das Extremely Large Telescope (ELT), das derzeit
in Chile gebaut wird: "ELT-Beobachtungen von Asteroiden des Hauptgürtels werden
es uns ermöglichen, Objekte mit Durchmessern von bis zu 35 bis 80 Kilometern, je
nach ihrer Lage im Gürtel, und Krater mit einer Größe von zehn bis 25 Kilometern
zu untersuchen", blickt Vernazza voraus. "Ein Sphere-ähnliches
Instrument am ELT würde es uns sogar ermöglichen, eine ähnliche Auswahl von
Objekten im fernen Kuipergürtel abzubilden. Das bedeutet, dass wir in der Lage
sein werden, die geologische Geschichte einer viel größeren Anzahl von kleinen
Körpern vom Erdboden aus zu charakterisieren."
Über ihre Studie berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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