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Dauerhaft verschattete Mondkrater dürften Wassereis enthalten und sind daher für die Erforschung des Erdtrabanten von großem Interesse. Von der Erde aus und selbst aus einem Mondorbit lassen sie sich jedoch nur schlecht fotografieren. Ein selbstlernender Computeralgorithmus ermöglicht nun schärfere Bilder. Erste Ergebnisse wurden nun vorgestellt.
In den Polarregionen des Mondes finden sich Krater und Senken, in die niemals Sonnenlicht fällt. Die bisher höchstaufgelösten Bilder aus der ewigen Nacht von 17 solcher Gebiete hat eine Gruppe von Forschenden unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen jetzt vorgestellt. Solche Gebiete könnten gefrorenes Wasser enthalten, was sie zu attraktiven Zielen für zukünftige Mond-Missionen macht. Das Team konzentrierte sich auf relativ kleine und leicht zugängliche Krater mit besonders sanften Hängen. Wie in dieser Woche bekannt wurde, liegen drei der untersuchten Krater innerhalb der jüngst ausgewählten Landeregion des Volatiles Investigating Polar Exploration Rovers (VIPER) der NASA, der 2023 auf dem Mond aufsetzen soll. Schon jetzt einen Eindruck aus ihrem Innern zu gewinnen, hatte sich bisher als schwierig erwiesen, da sich Raumsonden bisher auf lange Belichtungszeiten verlassen mussten, was wiederum die Bilder verschmierte. Mithilfe von Streulicht und neuartigen, selbstlernenden Algorithmen gelang es den Forschern nun zum ersten Mal, Bilder mit einer Auflösung von bis zu ein bis zwei Metern pro Pixel zu produzieren. Der Mond ist eine kalte, trockene Wüste. Da ihn – anders als die Erde – keine schützende Atmosphäre umgibt, ist das Wasser aus seiner Entstehungszeit unter dem Einfluss der Sonneneinstrahlung längst verdunstet und ins All entwichen. Allein einige Krater und Senken in den Polarregionen unseres Nachbarn geben Anlass, trotzdem auf begrenzte Wasservorkommen zu hoffen. Einige dieser Gebiete haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des MPS, der Universität Oxford und des NASA Ames Research Center jetzt genauer unter die Lupe genommen. "Da das Sonnenlicht in der Nähe von Nord- und Südpol sehr flach einfällt, erreicht es dort den Boden einiger Krater und Senken nie", erklärt Dr. Valentin Bickel vom MPS.
In dieser "ewigen Nacht" herrschen mancherorts so kalte Temperaturen, dass gefrorenes Wasser wahrscheinlich über Millionen von Jahren überdauern kann. Einschläge von Kometen oder Asteroiden könnten es eingetragen haben oder es könnte durch Vulkanausbrüche oder die Wechselwirkung mit dem Sonnenwind entstanden sein. Messungen des Neutronenflusses und der Infrarotstrahlung, die in den vergangenen Jahren mithilfe von Raumsonden gelangen, deuten auf Wasser in diesen Regionen hin. Ein direkter Nachweis gelang der NASA-Mondmission Lunar Crater Observation and Sensing Satellite (LCROSS): Vor zwölf Jahren feuerte die Sonde aus dem All ein Projektil auf den verschatteten Südpolkrater Cabeus ab. Wie spätere Auswertungen zeigten, enthielt die so aufgewirbelte Staubwolke Wasser in nicht unbeträchtlicher Menge. Die dauerhaft verschatteten Gebiete sind jedoch nicht nur von wissenschaftlichem Interesse. Sollten sich jemals Menschen über längere Zeiträume auf dem Mond aufhalten, wäre natürlich vorkommendes Wasser eine wertvolle Ressource – und die dunklen Krater und Senken eine wichtige Anlaufstelle. Der unbemannte NASA-Rover VIPER etwa soll deshalb ab 2023 die Südpolregion auskundschaften und auch in das Innere solcher Gebiete vordringen. Um sich schon jetzt – etwa zur Missionsplanung – ein genaues Bild von deren Topographie und Geologie zu machen, sind Aufnahmen von Raumsonden unerlässlich. Der Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA liefert seit 2009 entsprechende Bilder. Doch Bilder aus dem tiefen Dunkel der verschatteten Krater aufzunehmen, ist für die altgediente Raumsonde außergewöhnlich schwierig; schließlich sind die einzigen Lichtquellen Streulicht, das etwa von der Erde und der umgebenden Topographie reflektiert wird, und schwaches Sternenlicht. "Da die Raumsonde in Bewegung ist, sind die LRO-Aufnahmen bei langen Belichtungszeiten völlig verschmiert", erklärt Teammitglied Ben Moseley von der Universität Oxford. Bei kurzen Belichtungszeiten ist zwar die räumliche Auflösung deutlich besser. Wegen der geringen Lichtmenge, die zur Verfügung steht, lässt sich jedoch kaum zwischen echten geologischen Strukturen und Rauschen unterscheiden. Um das Problem zu mildern, haben die Forscher den selbstlernenden Computeralgorithmus HORUS (Hyper-effective nOise Removal U-net Software) entwickelt, der solch verrauschte Aufnahmen "aufräumt". HORUS nutzt mehr als 70.000 LRO-Kalibrationsbilder, die auf der Schattenseite des Mondes aufgenommen wurden, sowie Informationen über Kamera-Temperatur und die Flugbahn der Raumsonde, um zu unterscheiden, welche Struktur im Bild ein Artefakt der Messung ist und welche echt. Auf diese Weise erreichen die Forscher eine Auflösung von etwa ein bis zwei Metern pro Pixel. Das ist fünf- bis zehnmal so genau wie alle bisherigen Aufnahmen. Bilder von 17 verschatteten Gebieten mit Flächen zwischen 0,18 und 54 Quadratkilometern aus der Südpolregion des Mondes haben die Forscher auf diese Weise nun neu ausgewertet. Deutlich klarer als zuvor treten dadurch kleinere geologische Strukturen von einigen Metern Größe zu Tage. Dazu zählen etwa Felsbrocken oder sehr kleine Krater, wie sie überall auf der Mondoberfläche zu finden sind. Da der Mond keine Atmosphäre besitzt, stürzen auch immer wieder sehr kleine kosmische Brocken auf seine Oberfläche und hinterlassen dort solche Mini-Krater. "Mithilfe der neuen Bilder ist es nun möglich, die Geologie der dunklen Gebiete besser als zuvor zu verstehen", erklärt Moseley. So erlauben etwa die Anzahl und die Form der Kleinstkrater Aufschluss über Alter und Beschaffenheit der Oberfläche. Außerdem lassen sich so potentielle Hindernisse für einen Rover oder Astronauten besser erkennen. In einem der untersuchten Krater auf dem Leibnitz Plateau entdeckten die Forscher einen auffallend hellen Mini-Krater. "Die vergleichsweise helle Färbung könnte darauf hinweisen, dass dieser Krater recht jung ist", so Bickel. Da eine solch frische Schramme recht unverfälschte Einblicke in tiefere Schichten ermöglicht, könnte diese Stelle ein interessantes Ziel für zukünftige Missionen sein, schlagen die Forscher vor. Hinweise auf oberflächennahes gefrorenes Wasser wie etwa größere helle Flächen finden sich in den neuen Ansichten nicht. "Wahrscheinlich ist es in einigen der Gebiete, die wir uns vorgenommen haben, doch ein wenig zu warm", mutmaßt Bickel. Wahrscheinlich ist es jedoch, dass das Mond-Wasser nicht als gut sichtbare Ablagerung an der Oberfläche vorkommt. Stattdessen könnte es mit dem Gestein und Staub vermischt oder im Untergrund verborgen sein. Um dieser und anderen Fragen nachzugehen, wollen die Forscher im nächsten Schritt möglichst viele weitere verschattete Krater mit ihrem neuen Algorithmus untersuchen. "In der aktuellen Veröffentlichung wollten wir zeigen, was unser Algorithmus leisten kann. Jetzt wollen wir ihn möglichst flächendeckend anwenden", so Bickel. Diese Arbeit wurde durch das Frontier Development Lab unterstützt, einer Kooperationsvereinbarung zwischen der NASA, dem SETI-Institut und Trillium Technologies Inc, in Partnerschaft mit der Luxembourg Space Agency und Google Cloud. Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in der Zeitschrift Nature Communications.
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