Warum verhält sich Phaethon wie ein Komet?
von
Stefan Deiters astronews.com
18. August 2021
Der Asteroid Phaethon gilt als Ursprungskörper des
Sternschnuppenstroms der Geminiden im Dezember. In der Regel werden Kometen für
die Entstehung von Sternschnuppenströmen verantwortlich gemacht. Welchem Umstand
also verdankt der Asteroid seine kometenähnlichen Eigenschaften? Verdampfendes
Natrium könnte eine Erklärung liefern.
Verdampfendes Natrium könnte dafür sorgen, dass winzige
Partikel des Asteroiden Phaethon ins All gelangen, wie diese
künstlerische Darstellung zeigt.
Bild: NASA/JPL-Caltech/IPAC
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Sternschnuppenfreunde wissen es: Im Dezember sind die Geminiden aktiv - ein
Sternschnuppenstrom, der aus dem Sternbild Zwillinge zu kommen scheint. Doch im
Gegensatz zu anderen Sternschnuppenströmen hat die Forschung nicht etwa einen
Kometen als Ursprungskörper der Geminiden identifiziert, sondern einen
Asteroiden: (3200) Phaethon. Der 1983 entdeckte Brocken ist mit einem
Durchmesser von etwa 5,8 Kilometern einer der größten bekannten
erdbahnkreuzenden Asteroiden.
Wenn Kometen aus den entfernteren Regionen des Sonnensystems in Sonnennähe
kommen, werden sie aufgeheizt, so dass ein Teil des Eises unter ihrer Oberfläche
verdampft und ins All entweicht und dabei auch Gesteinspartikel mitreißt. So
entstehen zuweilen eindrucksvolle Schweife. Anders als Kometen sind allerdings
Asteroiden nicht unbedingt für ihren Eisgehalt bekannt. Trotzdem scheint Phaethon
bei Annäherung an die Sonne kometenähnliche Eigenschaften zu zeigen.
Auf seiner Bahn kommt der Asteroid der Sonne so nahe, dass
inzwischen sämtliches Wasser, aber auch Eis aus Kohlendioxid und Kohlenmonoxid
verdampft sein sollte und somit nicht zur Erklärung der kometenähnlichen
Eigenschaften infrage kommt. Anders sieht dies, so hat eine jetzt vorgestellte
Studie ergeben, im Falle des Elements Natrium aus: Die Temperaturen, denen der
Asteroid auf seiner Bahn um die Sonne mitunter ausgesetzt ist, könnten gerade
passend sein, damit Natrium verdampfen und ins All strömen kann.
"Phaethon ist ein ungewöhnliches Objekt, das aktiv wird, wenn es sich der
Sonne nähert", so Joseph Masiero vom IPAC, einer Forschungseinrichtung am
California Institute of Technology. "Wir wissen, dass es sich um einen
Asteroiden handelt und um den Ursprungskörper der Geminiden. Da er aber fast
kaum Eis enthält, wollten wir die Möglichkeit untersuchen, dass Natrium, das
sich relativ häufig in Asteroiden findet, Auslöser der Aktivität ist."
Interessanterweise sind die Geminiden dafür bekannt, dass sie relativ wenig
Natrium enthalten. Bislang hatte man daher angenommen, dass die kleinen
Gesteinsbrocken, die für die Leuchterscheinung verantwortlich sind, ihr Natrium
irgendwie nach Verlassen des Asteroiden verloren haben. Nun sieht es so aus, als
könnte dieses Natrium eine Schlüsselrolle dabei gespielt haben, warum sie
überhaupt ins All abgestoßen wurden.
Das Team geht davon aus, dass sich auf der Oberfläche von Phaethon kein
Natrium mehr befindet, dafür aber noch tief im Inneren des Asteroiden vorhanden
ist. Dieses würde
dann so erhitzt, dass es schließlich durch die Risse im Gestein entkommen und dabei
auch Staub und anderes Material mitreißen kann. Dazu, so die Studie, seien keine großen
Ausbrüche nötig, sondern mehr ein beständiges "Sprudeln".
Die Theorie haben die Forschenden um Masiero auch im Labor mit Gesteinsproben
eines Meteoriten überprüft, dessen Zusammensetzung der von Phaethon ähneln
sollte. Sie heizten die Proben auf Temperaturen auf,
denen auch Phaethon ausgesetzt sein sollte, wenn er sich der Sonne nähert. Tatsächlich ging bei diesen
Experimenten das Natrium verloren, während die anderen Elemente erhalten
blieben.
Über die Studie berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Planetary Science Journal erschienen ist.
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