Detektorbau im Mittelmeer macht Fortschritte
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Erlangen-Nürnberg astronews.com
22. April 2021
Vor der Küste Siziliens entsteht gerade ein neues
Neutrinoteleskop, mit dessen Hilfe Forschende die astrophysikalischen Quellen
hochenergetischer kosmischer Neutrinos aufspüren wollen. Anfang April wurden
fünf neue Detektionseinheiten installiert und in Betrieb genommen. Mit der zuvor
installierten Einheit bilden sie nun den anfänglichen Kern des KM3NeT/ARCA-Neutrinoteleskops.

Das Tiefsee-Neutrinoteleskop KM3NeT soll
einmal aus 200 Detektoren mit jeweils 18
Sensormodulen bestehen und dabei das Volumen
eines Würfels von 1 Kilometer Seitenlänge
ausfüllen.
Bild: Edward Berbee / Nikhef [Großansicht] |
3500 Meter – so tief liegt das Neutrinoteleskop KM3Net/ARCA, das seit 2015 am
Grunde des Mittelmeeres vor der Küste Siziliens aufgebaut wird. Forschende vom
Erlangen Centre for Astroparticle Physics (ECAP) der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) bauen unter anderem
wichtige Messmodulen für dieses internationale Projekt. Während einer
einwöchigen Seekampagne Anfang April 2021 wurden fünf neue Detektionseinheiten
des Neutrino-Teleskops angeschlossen und sind nun betriebsbereit.
Das KM3NeT/ARCA-Teleskop, das zukünftig das Volumen eines Würfels mit einem
Kilometer Seitenlänge umfassen wird, befindet sich etwa 80 Kilometer vor Capo
Passero, Sizilien. Zusammen mit seinem Schwesterteleskop ORCA, das vor der Küste
von Toulon in Frankreich liegt, wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
die astrophysikalischen Quellen der hochenergetischen kosmischen Neutrinos
identifizieren und die fundamentalen Eigenschaften der schwer fassbaren und
allgegenwärtigen Elementarteilchen untersuchen. Die beiden Teleskope werden
ebenso noch nie dagewesene Möglichkeiten für erd- und meereswissenschaftliche
Studien bieten.
Nach seiner Fertigstellung wird KM3NeT/ARCA über mehr als zweihundert
Detektionseinheiten verfügen. Jede dieser 700 Meter hohen Einheiten besteht aus
18 Modulen, die mit hochempfindlichen Lichtsensoren ausgestattet sind, die die
schwachen Lichtblitze registrieren, die durch Neutrino-Wechselwirkungen im
pechschwarzen Abgrund des Mittelmeers entstehen. Bisher war eine
Detektionseinheit im Einsatz. Mittels ferngesteuertem Tauchfahrzeug setzten die
am Projekt teilnehmenden Teams nun fünf neue KM3NeT-Detektionseinheiten ein.
Diese sechs Detektionseinheiten bilden den anfänglichen Kern des KM3NeT/ARCA
Neutrinoteleskops. 18 der optischen Module in einer der neu installierten
Detektoreinheiten wurden an der FAU gebaut.
"Wir haben jetzt gezeigt, dass wir die Detektorkomponenten mit der
erforderlichen Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit herstellen und in der Tiefsee
installieren können. Das ist ein großartiger Erfolg, der die Tür zum
vollständigen Aufbau von KM3NeT weit öffnet", sagt Prof. Dr. Ulrich Katz, vom
Lehrstuhl für Experimentalphysik (Astroteilchenphysik) der FAU und Mitinitiator
des KM3NeT/ARCA-Projekts. Neben dem Bau dieser optischen Module, von denen auch
für die nächste Kampagne Module an der FAU gebaut werden, testen die Erlanger
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler außerdem die Lichtdetektoren,
koordinieren die Softwareentwicklung und bringen Machine-Learning-Methoden für
die Datenauswertung zur Anwendung.
Während der Kampagne ist zudem eine neue Junction Box, ein Knotenpunkt für
die Stromverteilung und Datenübertragung der Detektionseinheiten, eingebaut
worden. Diese Box ist über ein elektrooptisches Kabel mit einem Labor des
Istituto Nazionale di Fisica Nucleare in Italien verbunden. Als letzter
Schritt wurde die erste Detektionseinheit, die seit 2015 im Einsatz ist, an den
neuen Verteilerkasten angeschlossen.
KM3NeT ist ein internationales Projekt von über 250 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern aus mehr als fünfzig wissenschaftlichen Instituten auf der
ganzen Welt. KM3NeT wurde in die Liste der vom Europäischen Strategieforum für
Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) ausgewählten Projekte mit hoher Priorität
aufgenommen.
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