Auf der Spur der Dunklen Energie
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
9. Dezember 2020
Seit drei Jahren werden mit dem
10-Meter-Hobby-Eberly-Teleskop in Texas detaillierte Beobachtungen entfernter
Galaxien gemacht. Ziel ist die Erstellung einer dreidimensionalen Karte von 2,5
Millionen Systemen. Sie soll helfen, die bislang mysteriöse Dunkle Energie
besser zu verstehen. Die ersten Daten sind bereits vielversprechend.
Die zwei schwarzen Blöcke rechts und links
des Hauptspiegels des Hobby-Eberly Telescope
(siehe Großansicht) haben den Spitznamen "die
Satteltaschen" bekommen. Es handelt sich hierbei
um das VIRUS-Instrument, das mit Dutzenden
Spektrographen das HETDEX-Experiment durchführt.
Foto: Ethan Tweedie Photography [Großansicht] |
"In HETDEX kommen viele Astronomen und Institutionen zusammen, um gemeinsam
die erste große Studie darüber durchzuführen, wie sich die Dunkle Energie im
Laufe der Zeit verändert", erklärt Taft Armandroff von der University of
Texas in Austin und Direktor des McDonald Observatory. Die Studie
begann im Januar 2017 mit dem 10-Meter-Hobby-Eberly-Teleskop (HET) des
McDonald Observatory. Inzwischen sind die Beobachtungen bereits zu 38
Prozent abgeschlossen, die Datenreduzierung und -analyse ist aber in vollem
Gang.
Die Durchmusterung konzentriert sich auf zwei Regionen des Himmels in der
Nähe der Sternbilder Großer Wagen und Orion. Bei jeder Einzelbeobachtung
zeichnet das Teleskop etwa 32.000 Spektren auf und erfasst damit das Licht von
jedem Objekt im Sichtfeld des Teleskops. Die Spektren erlauben die Bestimmung
der Rotverschiebung der Objekte und damit deren Entfernung. Diese Spektren
werden über 32.000 optische Fasern aufgenommen und in mehr als 100 Instrumente
eingespeist, die als ein großes Instrument zusammenarbeiten - im Visible
Integral-field Replicable Unit Spectrograph, kurz VIRUS.
"Mit VIRUS nutzen wir einen ganz neuen Ansatz im astronomischen
Instrumentenbau", betont Ulrich Hopp von der Universitätssternwarte München.
"Statt eines komplexen Instruments mit vielen Aufgaben und Fähigkeiten haben wir
ein im Wesentlichen einfaches, aber leistungsfähiges Gerät stark modular gebaut;
78 Kopien zusammen bilden das Instrument VIRUS. Damit das auch funktionierte,
mussten wir neue Strategien in Bezug auf Produktion und Qualitätskontrolle
entwickeln. Dies macht VIRUS zu einem der fortschrittlichsten astronomischen
Instrumente der Welt."
HETDEX ist eine sogenannte "Blindstudie", die nicht auf bestimmte Ziele
ausgerichtet ist, sondern alles in einem bestimmten Bereich des Himmels
aufzeichnet. Anschließend sichten die Wissenschaftler dann die Daten, um
diejenigen Objekte zu identifizieren, die für die weitere Studie geeignet sind.
Um die für das Dunkle-Energie-Projekt benötigte Karte zu erstellen, durchkämmen
sie eine Milliarde Spektren auf der Suche nach einem bestimmten Galaxientyp. Das
Licht dieser Galaxien war zehn Milliarden bis 11,7 Milliarden Jahre zu uns
unterwegs. Sie repräsentieren also eine Epoche, in der das Universum nur wenige
Milliarden Jahre alt war.
"VIRUS hat sich als äußerst leistungsfähiges Instrument zur Suche nach
Galaxien mit hoher Rotverschiebung im Universum erwiesen", sagt Maximilian
Fabricius, der die Entwicklung der Software am Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik geleitet hat. "Aufgrund des großen Sichtfeldes können
wir nun große Mengen dieser sogenannten Lyman-Alpha-Emitter entdecken, und so
einen Katalog erstellen, der in seiner Größe alles bisher Mögliche um
Größenordnungen übersteigt. Gleichzeitig können wir mit den empfindlichen
Instrumenten Strukturen mit geringer Oberflächenhelligkeit untersuchen, die
vorher für andere optische Instrumente unzugänglich waren."
In Zukunft wird ein Algorithmus, der auf künstlicher Intelligenz beruht, die
automatische Klassifizierung der Quellen durchführen. Aber schon die erste
manuelle Inspektion von mehreren tausend Quellen lieferte einige interessante
Ergebnisse. "Wir haben Spektren gemessen von Quasaren, lokalen Galaxien,
Sternen, Regionen mit ausgedehnter Lyman-alpha-Emission und sogar Meteore",
präzisiert Daniel Farrow vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik,
der an der kosmologischen Analyse beteiligt ist. "Unser Hauptaugenmerk bei der
Durchmusterung der Dunklen Energie liegt aber auf den Galaxien mit hoher
Rotverschiebung, weil sie uns sagen, wie schnell das junge Universum sich
ausdehnte."
Die Spektren dieser weit entfernten Galaxien enthalten Informationen darüber,
wie schnell sie sich durch die Ausdehnung des Universums von uns wegbewegen. Auf
diese Weise können die Astronomen feststellen, wie sich die Geschwindigkeit, mit
der sich das Universum ausdehnt, auf kosmischen Zeitskalen veränderte - was den
Schlüssel zur Bestimmung der Natur der Dunklen Energie liefert. "Die
HETDEX-Daten sind wahnsinnig aufregend", führt Eiichiro Komatsu vom
Max-Planck-Institut für Astrophysik aus, der an dem Projekt seit dem Start im
Jahr 2003 maßgeblich beteiligt ist.
"So einen Datensatz haben wir noch nie zuvor gesehen; eine wirklich blinde
Studie der Emissionslinien. Aufgrund seiner Neuartigkeit mussten wir uns
zahlreichen Herausforderungen stellen, angefangen beim Bau des Instruments, über
die Konzeption der Umfrage, bis jetzt dem Sammeln und Kalibrieren der Daten
sammelten und ihrer Analyse, um daraus Wissenschaft zu extrahieren. Es war eine
aufregende Reise in den letzten 17 Jahren, und wir sind jetzt endlich in der
Phase der Entdeckung angekommen, um das Geheimnis der Dunklen Energie zu
lüften," so Komatsu weiter.
Das HETDEX-Team plant, seine Beobachtungen bis Dezember 2023 abzuschließen.
Insgesamt wird die Studie dann eine Milliarde Spektren umfassen.
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