Sonnensystem entstand in unter 200.000 Jahren
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
13. November 2020
Die ältesten datierten Festkörper im Sonnensystem entstanden
in weniger als 200.000 Jahren. Dies ergab die Auswertung von kalzium- und
aluminiumreichen Einschlüssen aus Meteoriten. Die Einschlüsse könnten, so die
beteiligten Forscherinnen und Forscher, einen Blick auf die gesamte Phase von
der Molekülwolke bis zur Entstehung der Sonne erlauben.
Künstlerische Darstellung eines jungen
Sterns, der von einer protoplanetaren Scheibe
umgeben ist, in der sich Planeten bilden.
Bild: ESO/L. Calçada [Großansicht] |
Das Material, aus dem die Sonne und der Rest des Sonnensystems bestehen,
stammt aus dem Kollaps einer großen Gas- und Staubwolke. Astronomische
Beobachtungen junger Sternobjekte legen nahe, dass es rund ein bis zwei
Millionen Jahre dauert, bis eine Wolke zu einem Stern kollabiert und sich
dadurch ein Sternsystem bildet. Ein internationales Forscherteam unter der
Federführung von Planetologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
(WWU) hat nun Hinweise auf das Alter bei der Entstehung unseres Sonnensystems
gefunden: Demnach ist es über 4,5 Milliarden Jahre alt, und es entstand in
weniger als 200.000 Jahren.
Die ersten Festkörper, die sich im Sonnensystem bildeten – mikrometer- bis
zentimetergroße Einschlüsse in Meteoriten, die als kalzium- und aluminiumreiche
Einschlüsse (CAIs) bezeichnet werden – liefern eine direkte Aufzeichnung der
Entstehung des Sonnensystems. Die meisten CAIs bildeten sich vor 4,567
Milliarden Jahren und über einen Zeitraum von etwa 40.000 bis 200.000 Jahren.
"Da die beobachtete Zeitspanne der Bildung von Sternsystemen von rund ein bis
zwei Millionen Jahren viel länger ist als die Zeit, in der sich die CAIs
bildeten, warf dies die Frage auf, welche astronomische Phase in der Entstehung
des Sonnensystems durch die Bildung der CAIs erfasst wird. Und letztlich wie
schnell das Sonnensystem entstanden ist", sagt Kosmochemiker Dr. Gregory
Brennecka vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien,
der zuvor an der WWU in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thorsten Kleine tätig
war. Die Studie zeigt, dass die Mehrheit des Materials, aus der sich die Sonne
und das Sonnensystem bildeten, schnell akkumulierte. Gleichzeitig bildeten sich
die ältesten datierten Festkörper – dieser Entstehungsprozess dauerte weniger
als 200.000 Jahre.
Das Forschungsteam ermittelte die Molybdän-Isotopen- und
Spurenelement-Zusammensetzungen verschiedener CAIs, die sie aus sogenannten
kohligen Chondriten entnahmen. Bei diesen Chondriten handelt es sich um
primitive Meteoriten, die im äußeren Sonnensystem entstanden sind und Material
aus der Geburtsstunde des Sonnensystems enthalten. "Die unterschiedlichen
Molybdän-Isotopen-Zusammensetzungen der CAIs decken im Wesentlichen die gesamte
Bandbreite des Materials der protoplanetaren Scheibe ab, also der Scheibe aus
Gas und Staub, aus der die Planeten entstanden sind. CAIs zeichnen demnach
möglicherweise die gesamte Geschichte des Kollaps von der Molekülwolke bis zur
Entstehung der Sonne auf", erklärt Thorsten Kleine vom Institut für Planetologie.
Da die Wissenschaftler wissen, wann und wie lange es dauerte, bis sich die
CAIs bildeten, bietet ihnen dies eine Möglichkeit, den Zeitraum für die
Entstehung der Sonne zu datieren. Vergleicht man die Schnelligkeit der jetzt
ermittelten Geburtsstunde des Sonnensystems mit einer Schwangerschaft, ergibt
sich folgende Relation: Anstelle von neun Monaten würde die Schwangerschaft nur
rund zwölf Stunden dauern. Die Entstehung der Sonne und des Sonnensystems war
somit ein relativ schneller Prozess.
Neben Forschern der Universität Münster und des Lawrence Livermore
National Laboratory trugen Wissenschaftler des California Institute of
Technology, des Museums für Naturkunde in Berlin und der University of
California in Santa Cruz, zu dieser Studie bei. Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der
heute in der
Zeitschrift Science erschienen ist.
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