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CHEOPS
Ein ungewöhnlich heißer extrasolarer Planet
Redaktion / Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
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29. September 2020

Erste Messergebnisse des europäischen Weltraumteleskops CHEOPS zeigen, dass der Riesenplanet WASP-189b in 326 Lichtjahre Entfernung so heiß glüht wie ein kleiner Stern und sich im schnellen Umlauf um sein Zentralgestirn auf einer ungewöhnlichen Bahn über dessen Pole bewegt. Mit 3200 Grad Celsius ist er einer der heißesten extrasolaren Planeten überhaupt.

CHEOPS

Das ESA-Weltraumteleskop CHEOPS in seinem sonnensynchronen Orbit um die Erde. Bild: ESA/ATG medialab [Großansicht]

"Der Planet WASP-189b ist seit 2018 bekannt. Wegen seiner ungewöhnlichen Umlaufbahn nah am Zentralstern haben wir ihn mit CHEOPS sehr früh unter die Lupe genommen", erklärt Szilárd Csizmadia vom DLR-Institut für Planetenforschung. "Die genauen Messungen mit CHEOPS offenbaren jetzt seinen außergewöhnlichen Charakter: Es handelt sich um einen ultra-heißen Planeten, der fast den 1,6-fachen Durchmesser Jupiters aufweist und dessen Bahn um seinen Stern seltsam gekippt ist."

Das Weltraumteleskop CHEOPS (CHaracterising ExOPlanet Satellite) wurde am 18. Dezember 2019 in eine sonnensynchrone Umlaufbahn in 700 Kilometer Höhe über der Erde platziert. Seitdem beobachtet CHEOPS Sterne in unserer kosmischen Nachbarschaft, von denen man weiß, dass sie von Planeten umkreist werden. Es ist sozusagen der berühmte "zweite Blick" auf diese Exoplaneten: Durch die ultrapräzise Messung kann CHEOPS diese Planeten charakterisieren – und damit unser Verständnis von der Entstehung und Entwicklung planetarer Systeme extrem erweitern.

CHEOPS misst Transitsignale mit höchster Genauigkeit, also den winzigen Lichtabfall, wenn ein Planet auf seiner Umlaufbahn vor seinem Stern vorüberzieht und dessen Licht minimal abschwächt. So war es möglich, nicht nur ein primäres Transitereignis von WASP-189b zu vermessen, nämlich dann, wenn der Planet in der Sichtlinie zwischen Beobachter und Stern vorbeizieht. CHEOPS konnte auch das sehr viel kleinere sekundäre Signal vermessen, wenn der Planet für den Beobachter hinter dem Stern verschwindet.

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Aus diesen extrem präzisen Messungen einer solchen Okkultation kann man die Temperatur des Planeten ableiten. Dabei stellte sich heraus, dass WASP-189b etwa 3200 Grad Celsius heiß ist, so heiß wie kaum ein anderer Exoplanet. Bei solchen Temperaturen schmelzen alle Gesteine und Metalle gehen in die Gasphase über. Zum Vergleich: Die Sonne hat an ihrer Oberfläche eine Temperatur von fast 6000 Grad Celsius, kleine M-Zwergsterne jedoch zum Teil deutlich weniger als 3000 Grad Celsius.

WASP-189b befindet sich mit etwa 7,5 Millionen Kilometern 20 Mal näher an seinem Stern als die Erde, die die Sonne in rund 150 Millionen Kilometern umkreist. Für einen Umlauf benötigt er nur 2,7 Tage. Der Stern, um den er sich bewegt, ist größer und mehr als 2000 Grad heißer als die Sonne und scheint daher blau zu leuchten. "Es ist nur eine Handvoll Planeten um so heiße Sterne herum bekannt, und dieses System ist bei Weitem das hellste", sagt Monika Lendl von der Universität Genf. "WASP-189b ist auch der hellste 'heiße Jupiter', den wir beobachten können, wenn er vor oder hinter seinem Stern vorbeizieht, was das ganze System wirklich faszinierend macht."

Transitmessungen erlauben es, den Planetenradius und die Bahnparameter zu bestimmen und etwas über die Planetenform sowie die Sternenform herauszufinden. WASP-189b ist mit einem Äquatordurchmesser von etwa 220.000 Kilometern fast 1,6-mal größer als Jupiter – größer als bisher angenommen. Zudem hielt der Stern eine Überraschung bereit. Er ist nämlich keine perfekte Kugel, sondern rotiert so schnell, dass er sich verformt und der Äquatorradius größer als der Polradius ist. Das führt dazu, dass der Stern am Äquator kühler und an den Polen heißer ist und diese daher heller erscheinen.

Zu dieser ungewöhnlichen Asymmetrie kommt noch hinzu, dass die Umlaufbahn des Planeten nicht in der Äquatorebene des Sterns liegt, wie man es erwarten würde, wenn sich Stern und Planet aus einer gemeinsamen Gas- und Staubscheibe entwickeln, die ihre Drehrichtung an seine Planeten "vererbt", wie es auch im Sonnensystem der Fall ist. Die Bahn von WASP-189b indes verläuft über die Pole des Sterns.

Eine derart geneigte Umlaufbahn führt zu der ungelösten Frage, wie sich 'heiße Jupiter' bilden. Man vermutet, dass eine derart geneigte Umlaufbahn möglich ist, wenn der Planet sich weiter außen gebildet hat und dann nach innen gedrückt worden ist. Das könnte entweder passieren, wenn sich mehrere Planeten innerhalb eines Systems an einer Position drängeln oder wenn ein externer Einfluss – zum Beispiel ein anderer Stern – das System stört und den Gasriesen auf seinen Stern zu und auf sehr stark geneigte Bahnen drängt. Die starke Neigung des Planetenorbits deutet darauf hin, dass auch WASP-189b eine solche starke Wechselwirkung in der Vergangenheit erfahren hat.

 CHEOPS öffnete sein "Auge" im Januar diesen Jahres und begann im April mit dem wissenschaftlichen Routinebetrieb. Prof. Heike Rauer, Direktorin des DLR-Instituts für Planetenforschung in Berlin-Adlershof, ist begeistert: "Die Genauigkeit, die mit CHEOPS erreicht wird, ist phantastisch." Als CHEOPS-Projektwissenschaftlerin blickt sie für den weiteren Missionsverlauf optimistisch in die Zukunft: "Bereits die ersten Messungen zeigen, dass das Instrument besser funktioniert, als es spezifiziert ist. Es erlaubt uns, mehr über diese weit entfernten Planeten zu erfahren."

Tausende von Exoplaneten, von denen die überwiegende Mehrheit keine Entsprechungen in unserem Sonnensystem hat, wurden im letzten Vierteljahrhundert entdeckt, und viele weitere werden mit den aktuellen und zukünftigen bodengestützten Vermessungen und Weltraummissionen, wie PLATO, noch gefunden werden. In den nächsten Jahren wird CHEOPS Hunderte von bereits bekannten Planeten verfolgen, die helle Sterne umkreisen, und dabei auf dem bestehenden Wissen aufbauen und es erweitern, so wie es hier für WASP-189b getan wurde.

Die Mission ist die erste in einer Reihe von drei ESA-Wissenschaftsmissionen, die sich auf den Nachweis und die Charakterisierung von Exoplaneten konzentrieren: Doch auch CHEOPS hat ein bedeutendes Entdeckungspotenzial – von der Identifizierung von lohnenden Beobachtungsobjekten für künftige Missionen über die Erforschung exoplanetarer Atmosphären bis hin zur Suche nach weiteren Planeten in den bekannten Planetensystemen.

Über die aktuelle Studie berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics.

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