Wie könnte sich früheres Leben verraten?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Potsdam - GFZ astronews.com
30. April 2020
Gab es einst, vielleicht vor mehreren Milliarden Jahren,
einfache Formen von Leben auf dem Mars? Und welche Spuren würden sich davon
heute noch nachweisen lassen? Jetzt analysierte ein Team Gestein aus bestimmten
Alaunschiefer-Schichten in Skandinavien und verglich die Ergebnisse mit Daten
des Marsrovers Curiosity - mit einem spannenden Ergebnis.
Mikroskopische Aufnahme des organischen
Materials im Kolm, das starke Reflektivität zeigt
(hellgrau).
Bild: Shengyu Yang et al. [Großansicht] |
Hat es jemals Leben auf dem Mars gegeben? Und falls ja: Was ist davon übrig
geblieben? Antworten auf diese Fragen könnte ausgerechnet eine bestimmte
Gesteinsformation namens "Alaunschiefer" geben, die in Skandinavien zu finden
ist. Ein internationales Team von Forscherinnen und Forschern aus China,
Dänemark und Australien sowie dem Deutschen GeoForschungsZentrum hat verglichen,
was übrigbleibt, wenn man Material aus speziellen Bereichen im Alaunschiefer
einerseits und Marsgestein andererseits "verbrennt", genauer: einer so genannten
Pyrolyse in einer reaktionsträgen Atmosphäre unterzieht. Die Ergebnisse ähneln
sich sehr stark, so das jetzt publizierte Ergebnis.
Kolm nennt man unterschiedlich große Gesteinslinsen, die sehr reich an
organischem Material sind. Sie kommen im Alaunschiefer in Skandinavien vor, der
ca. eine halbe Milliarde Jahre alt ist. Die Besonderheit: Das Tongestein enthält
sehr hohe Anteile von Uran. Zur Zeit der Ablagerung lebten Algen und andere
Mikroorganismen in flachen Gewässern. Das abgestorbene Material wurde nur von
dünnen Sedimenten überdeckt und über Jahrmillionen zu Gestein umgewandelt. Aus
dem organischen Kohlenstoff können in tektonisch aktiven Bereichen unter höheren
Temperaturen Erdöl und Erdgas entstehen – oder, wie auf dem Baltischen Schild
mit nur geringen Senkungsraten, auch die dunklen uranhaltigen Gesteinslinsen
namens Kolm.
Während die Erdölindustrie das Vorhandensein von Uran nutzt, um Anhaltspunkte
auf Öl- oder Gas-produzierende Formationen zu finden, erkannten die Geologinnen
und Geologen, dass die Strahlung auch andere Prozesse in Gang setzt. Das
Bombardement durch hochenergetische Teilchen aus dem Uranzerfall verändert das
versteinerte organische Material im Kolm.
Der heutige Mars hat kaum eine Atmosphäre und auch kein Magnetfeld, die ihn
vor der Strahlung aus dem All schützen würden. Daher ist seine Oberfläche
ebenfalls einem dauernden Beschuss von kosmischer Strahlung ausgesetzt. Sollte
es jemals Leben dort gegeben haben, wären die organischen Moleküle längst
zerstört. Was aber, wenn es auf dem Mars ähnlich wie vor einer halben Milliarde
Jahren auf der Erde Mikroorganismen gab, die in flachen Gewässern lebten,
abstarben und versteinerten?
Der Ausgangspunkt wäre also wie beim irdischen Kolm, die Jahrmillionen
dauernde Bestrahlung wäre ebenfalls ähnlich. Aus Untersuchungen des Marsgesteins
ist bekannt, dass es dort in früheren Zeiten Bedingungen gegeben hat, die zu
Sedimentgesteinen führten, also Gewässer, Verwitterung, Erosion und Ablagerung.
Der US-amerikanische Mars-Rover "Curiosity" hat Gestein von der Mars-Oberfläche
pyrolysiert. Die dabei entstandenen Kohlenwasserstoffe ähneln in ihrer
Zusammensetzung sehr den Kohlenwasserstoffen, die bei der Pyrolyse von Kolm
entstehen.
Die Forschenden sind in der Interpretation vorsichtig: "Unsere Ergebnisse
stützen die Idee, dass die organischen Moleküle, die im Marsgestein nachgewiesen
wurden, Überreste von Leben aus flachen Gewässern sein könnten2, sagt
Hans-Martin Schulz vom GFZ. "Tiefer unter der Marsoberfläche könnte
ursprünglicheres Material zu finden sein, das noch nicht so stark von der
Strahlung verändert wurde."
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Geology erschienen ist.
|