Tierbeobachtung aus dem All soll starten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
10. März 2020
Das deutsch-russische Beobachtungssystem für Tierwanderungen
ICARUS soll heute in Betrieb genommen werden. Eigentlich war das bereits für den
Sommer des vergangenen Jahres vorgesehen, doch machte ein Computer Probleme und
musste ausgetauscht werden. In einer mehrmonatigen Testphase wird das System nun
überprüft und soll dann ab Herbst wissenschaftliche Daten liefern.
Für das Experiment ICARUS werden
verschiedene Tierarten mit Miniatursender (Tags)
ausgestattet. Diese dienen dazu, die
Bewegungsdaten zu ermitteln und Wanderrouten von
Wildtieren zu ermitteln. Sobald sich die
Internationalen Raumstation in Funkreichweite der
Sender befindet, werden die Daten an die zur ISS
gesendet.
Foto:
MPG / MaxCine / J. Stierle [Großansicht] |
Zweiter Versuch: ICARUS (International Cooperation for Animal Research Using
Space), das deutsch-russische Beobachtungssystem für Tierwanderungen, das auf
der Internationalen Raumstation ISS installiert ist, wird am 10. März 2020 in
Betrieb gehen. Der ursprünglich für Juli 2019 geplante Start war aufgrund eines
technischen Defekts verschoben worden. Mit dem Kooperationsprojekt der
russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos und des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) wollen Wissenschaftler die Zugrouten verschiedener Tierarten bei
ihren Wanderungen erforschen. Auf das Einschalten des Systems folgt eine
mehrmonatige Testphase, in der die Sender sowie die Systemkomponenten am Boden
und an Bord der ISS geprüft werden. Nach Abschluss aller Tests wird ICARUS den
Nutzern voraussichtlich im Herbst 2020 zur Verfügung stehen.
Mit ICARUS wollen die Wissenschaftler die Zugbewegungen von Vögeln beobachten
sowie die Wanderrouten von Säugetieren oder Insekten verfolgen. Die
Informationen sollen in erster Linie für die Verhaltensforschung und den
Tierschutz genutzt werden, aber auch Auskunft geben über die mögliche
Verbreitung von Pflanzensamen oder Krankheitskeimen. Die wissenschaftliche
Leitung für das Experiment liegt bei Prof. Martin Wikelski vom
Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz.
Um die gewünschten Daten zu erhalten, rüsten die Forscher unterschiedliche
Tierarten mit Miniatursendern, sogenannten Tags, aus. "Die Tags zeichnen die
Position des Tieres und seine Bewegungen zusammen mit Umgebungsdaten, wie etwa
Temperatur und Luftdruck, auf", erläutert Johannes Weppler, ICARUS-Projektleiter
im DLR Raumfahrtmanagement. "Die Daten werden dann zunächst lokal gespeichert,
bevor sie ins All gesendet werden."
Ein integriertes Computerprogramm im Sender gleicht die Umlaufbahn der ISS
mit den eigenen Positionsdaten ab. Sobald die Raumstation in Funkreichweite ist,
wird das Sende- und Empfangsmodul des Tags aktiviert, welches dann Kontakt zur
ICARUS-Antenne an der Außenseite der ISS aufnimmt. Der Onboard-Computer
verarbeitet die Daten und leitet sie an das russische ISS-Kontrollzentrum in
Moskau weiter. Von dort werden die Daten an die deutschen und russischen
Wissenschaftler verteilt.
Nach einer ersten Auswertung werden die Informationen in einer
Online-Datenbank, der Movebank, gespeichert. Auf diese Daten können dann auch
Wissenschaftler weltweit zugreifen und eigene Analysen erstellen. Koordiniert
werden sie dabei vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Deutschland
und dem Institut für Geographie der Russischen Akademie der Wissenschaften.
Anfangs wird das ICARUS-System im Testbetrieb nur mit einer Bodenstation der
Firma SpaceTech GmbH in Immenstaad am Bodensee kommunizieren. Die Station
simuliert die Signale von Tiersendern. Nach und nach werden dann mobile Tags,
später auch Sender an Tieren, hinzugeschaltet werden. Ingenieure aus Deutschland
und vom russischen Partner RKK Energia messen dabei das Hintergrundrauschen im
Frequenzbereich von ICARUS. So können sie mögliche Störquellen identifizieren.
Ein zweites Ziel des Testbetriebs ist die Messung der Signalstärke und der
Übertragungszeit der ICARUS-Antenne, wenn sie Kommandos an die Tags sendet, um
diese neu zu programmieren. Nach zwei bis drei Monaten wird der Testbetrieb auch
auf das Gebiet der Russischen Föderation ausgeweitet werden. Auf diese Weise
wird das Gesamtsystem feinjustiert, um eine möglichst große Leistungsfähigkeit
und Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Gegen Ende der viermonatigen Testphase
werden erste, auch wissenschaftlich nutzbare Daten erwartet.
Ursprünglich war die Inbetriebnahme von ICARUS bereits für den Sommer 2019
geplant. Ein technischer Defekt im Onboard-Computer des ICARUS-Systems
verhinderte dies jedoch. Dank der Kosmonauten an Bord der ISS konnte der defekte
Computer ausgebaut werden. Im September 2019 kehrte dieser dann zur Erde zurück.
Anschließend analysierten die deutschen und russischen Experten die Fehlerquelle
und bereiteten gleichzeitig einen Ersatzcomputer für den Start zur ISS vor. Im
Dezember 2019 schließlich hob der neue Computer mit dem russischen Frachter
Progress MS-13 vom Kosmodrom in Baikonur ab und erreichte kurze Zeit später
die ISS. Dort wurde er von den Kosmonauten installiert und kurz vor Weihnachten
erstmals kurz eingeschaltet. Da hier alles nominal verlief, wird die
Inbetriebnahme nun wieder aufgenommen.
|