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ASTROBIOLOGIE
Mikroben könnten auf dem Mars überleben
Redaktion / idw / Pressemitteilung der TU Berlin
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16. Januar 2020

Methanvorkommen in der Atmosphäre des Mars könnten ein Hinweis auf noch vorhandenes Leben auf dem Planeten sein oder sich durch geologische Prozesse erklären. Jetzt konnte ein Team nachweisen, dass bestimmte Mikroben in marsähnlichen Böden nicht nur überleben, sondern auch Stoffwechsel betreiben können. Das nötige Wasser stammte dabei aus der Atmosphäre.

RSL

Der Marsrover Curiosity entdeckte an Kraterwänden eigentümliche Fließspuren, sogenannte Recurring Slope Lineae. Bild: NASA  [Großansicht]

Als der NASA-Marsrover Curiosity im Juni 2018 organische Moleküle auf dem Mars fand, war die Fachwelt begeistert. Es bedeutete, dass Leben auf dem Roten Planeten irgendwann einmal existiert haben könnte oder vielleicht sogar jetzt noch möglich wäre. Vor Kurzem ergaben neuere Messungen der Curiosity, dass auch die Konzentrationen des Stoffwechselproduktes Methan über das Jahr schwanken. Wer oder was produziert also sporadisch das Methan?

Erstmals konnte die Arbeitsgruppe des Astrobiologen Prof. Dr. Dirk Schulze-Makuch vom Zentrum für Astronomie und Astrophysik der TU Berlin im Experiment nachweisen, dass bestimmte Mikroben (sogenannte Archaeen) in marsähnlichen, salzhaltigen Böden nicht nur überleben, sondern auch Stoffwechsel betreiben können – nur mit Kohlendioxid und Wasserstoff als Energie- und Kraftstoffquellen – und nur mit den minimalen Wassermengen, die das salzhaltige Gestein der Atmosphäre entzieht. Das Team folgert daraus, dass das Methan von solchen Bakterien stammen könnte.

 "Die niedrige Durchschnittstemperatur und Wasseraktivität an der Oberfläche des Mars machen es lebenden Organismen nicht leicht, in dieser Umgebung zu bestehen oder gar sich fortzupflanzen", so Schulze-Makuch. "Doch die Ergebnisse jüngerer Marsmissionen zeigen, dass die Umweltbedingungen zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten des Roten Planeten durchaus die unteren Grenzen überschreiten, die Leben möglich machen."

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Unter dem Projektnamen HOME (Habitability of Martian Environments) beschäftigt sich die Arbeitsgruppe des Astrobiologen und Geowissenschaftlers, der außerdem Adjunct Professor an der Arizona State sowie der Washington State University sowie Präsident der Deutschen Astrobiologischen Gesellschaft e. V. ist, bereits seit mehreren Jahren mit der Bewohnbarkeit potenzieller Lebensräume auf dem Mars. Schon 2018 konnte seine Arbeitsgruppe durch aufwendige Untersuchungen in der marsähnlichen Atacamawüste, einem der trockensten Orte der Erde, nachweisen, dass aktive Zellverbände in dieser lebensfeindlichen Umgebung so lange überleben können, bis sie durch minimale Wassermengen wieder aktiviert werden.

An der Marsoberfläche erlauben die Bedingungen das dauerhafte Vorhandensein von flüssigem Wasser nicht, doch es sei möglich, so Schulze-Makuch, dass an einigen Stellen in Oberflächennähe hygroskopische Salze existieren, die der Umgebung Feuchtigkeit entziehen, zum Beispiel Morgenfröste, und dass sich das Salz von fest zu flüssig wandelt. Das wurde auch von anderen Forschern bereits angenommen, zum Beispiel für die dunklen Streifen, die sporadisch an den steilen Wänden einiger Mars-Krater auftreten und für Fließspuren gehalten werden, die sogenannten "Recurring Slope Lineae". Aus diesen Salzen könnten auch unterirdische, oberflächennah lebende Organismen ihren Wasserbedarf stillen, so die Vermutung.

Um solche Hypothesen zu überprüfen führt diese Forschung Wissenschaftler immer wieder in sehr abgelegene Regionen, deren Umweltbedingungen denen auf dem Mars sehr ähnlich sind, beispielsweise in die Atacamawüste in Chile, die McMurdo Dry Valleys in der Antarktis oder die Larsemann Hills im Osten der Antarktis. "Die Untersuchung dieser marsanalogen Umgebungen und der dort vorhandenen Mikrobiota helfen, die Bewohnbarkeit von marsianischen Umgebungen zu bewerten", so Schulze-Makuch.

Diese Gebiete sind extrem trocken (arid), aber gleichzeitig salzhaltig. Sie sind von Mikrobengemeinschaften besiedelt, die sich ihrer Umgebung so angepasst haben, dass sie beginnen, Stoffwechsel zu betreiben, sobald sie durch Deliqueszenz befeuchtet werden. Deliqueszenz ist das spezifische Vermögen bestimmter Stoffe, meist Salze, die relative Feuchte ihrer Umgebung zu beeinflussen.

Um zu testen, ob die von der Curiosity auf dem Mars gemessenen schwankenden Methankonzentrationen von oberflächennah lebenden Mikroben stammen könnten, entwickelten die Forscher und Forscherinnen ein geschlossenes Deliqueszenz-System mit in diesen marsähnlichen Gegenden vorhandenen ausgetrockneten marsanalogen Substraten (Mars Regolith Analogues – MRA), hygroskopischen Salzen und drei methanogenen Archaeen (die Mikrobenstämme Methanosarcina mazei, M. barkeri und M. soligelidi). Anschließend konnten sie messen, unter welchen Bedingungen die verschiedenen Mikroben zu Stoffwechselaktivitäten angeregt wurden.

Das Ergebnis: Zwei von drei bakterienähnlichen Organismen haben reagiert, jeweils in verschiedenen Substraten und bei verschiedenen Temperaturen. Das ließ die Fachwelt aufhorchen, denn bis heute wurden die Modellorganismen (inklusive methanproduzierende Mikroben) vor allem Stressfaktoren wie Austrocknung, Dürre, Hunger, Gefrier- und Auftauzyklen, hohem Salzgehalt, niedrigem Atmosphärendruck und erhöhten Strahlendosen ausgesetzt, um die Bewohnbarkeit des Mars zu bewerten.

"Nach unserer Kenntnis gibt es jedoch keine Studie, die belegt, dass methanogene Archaeen in einer oberflächennahen Umgebung existieren können, in der Wasser nur durch Deliqueszenz verfügbar gemacht werden kann", so Schulze-Makuch. "Wir konnten hier zum ersten Mal zeigen, dass allein das durch die Deliqueszenz bereitgestellte Wasser ausreicht, um methanogene Archaeen unter diesen extremen Bedingungen erneut zu hydrieren, quasi wieder zum Leben zu erwecken, und deren Stoffwechsel in einer Umgebung zu reaktivieren, wie sie nahe unter der Oberfläche des Mars existiert."

Die Ergebnisse wurden jetzt in Scientific Reports veröffentlicht.

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siehe auch
Mars: Organisches Material Hinweis auf Leben? - 13. Juni 2018
Curiosity: Methan und organische Verbindungen entdeckt - 8. Juni 2018
Mars: Sorgte Methan einst für Treibhauseffekt? - 25. Januar 2017
Mars Science Laboratory, Missions-Webseite bei astronews.com mit Missionslog
Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten
Links im WWW
Fachartikel in den Science Reports
Technische Universität Berlin
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