Mehrfach-Sternsysteme im Visier
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
20. November 2019
Anders als unsere Sonne haben viele Sterne noch einen oder
sogar mehrere Partner. Solche Mehrfach-Sternsysteme können Ausgangspunkt für
spannende Phänomene sein, etwa für spezielle Supernova-Explosionen, oder auch
Quelle von Gravitationswellen. Mit detaillierten Simulationen will ein Team nun
versuchen, mehr über solche Systeme herauszufinden.
Diese künstlerische Darstellung zeigt ein
Vierfach-Sternsystem mit Planeten, die sich in
einem derartigen System bilden könnten.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA [Großansicht] |
Im September 2019 startete eine neue Max-Planck-Forschungsgruppe am
Max-Planck-Institut für Astrophysik: Adrian Hamers trat seine Postdoc-Stelle am
Institut an und baut derzeit seine Gruppe zur Erforschung von
Mehrfach-Sternsystemen auf. Solche Systeme sind in der Astrophysik von großer
Bedeutung, da sie zu energiereichen astrophysikalischen Phänomenen wie Typ Ia
Supernovae und Gravitationswellenereignissen führen können. Das Hauptziel ist
es, gleichzeitig schnelle und detaillierte Modellrechnungen zu verwenden, um
statistische Vorhersagen für Beobachtung von Supernovae und Gravitationswellen
zu treffen.
Die meisten fremden Welten in Science-Fiction-Geschichten oder -Serien sehen
unserem Sonnensystem bemerkenswert ähnlich. Größtenteils treffen die Akteure auf
fremde Zivilisationen auf einem Planeten, der um um einen anderen Stern kreist.
Nur selten tauchen Mehrfach-Sternsysteme auf – dabei sind diese in unserem
Universum eigentlich ziemlich häufig. Bisher konzentrierte sich die Forschung in
dieser Richtung hauptsächlich auf Doppelstern-Systeme, d.h. zwei Sterne oder
kompakte Objekte, die umeinander kreisen. Die Verfügbarkeit von immer mehr
Rechenleistung und der Start der Gravitationswellenastronomie –deren Quellen u.
a. die Verschmelzung von Mehrfach-Sternsystemen sind – haben Adrian Hamers
veranlasst, eine Max-Planck-Forschungsgruppe am MPA zu gründen.
Ab Anfang 2020 werden ihn zwei Postdocs unterstützen, derzeit ist er noch auf
der Suche nach einem Doktoranden, um die neue Gruppe zu vervollständigen. Die
Gruppe wird an einem neuen Populationssynthese-Code arbeiten, um die Entwicklung
einer großen Anzahl von Systemen auf einem dezidierten Computercluster schnell
zu verfolgen und statistische Vorhersagen zu treffen, die dann mit Beobachtungen
verglichen werden können. Dies wird einen genaueren Einblick in die Entstehung
und Entwicklung von Mehrfach-Sternsystemen ermöglichen.
Um eine Vielzahl von Systemen in allen Phasen der Sternenentwicklung, in
Umgebungen mit niedriger und hoher Dichte zu untersuchen, müssen viele
physikalische Bestandteile und eine Kombination verschiedener Codes in das
Modell integriert werden, um eine schnelle Berechnung zu ermöglichen. Das Modell
kann dann auf Verschmelzungen von kompakten Objekten angewendet werden, die zu
Gravitationswellenquellen und Supernovae-Ereignissen führen, sowie auf die
Entwicklung von (Exo)Planeten in Ein- und Mehrfach-Sternsystemen.
Darüber hinaus wird die Gruppe einen weiteren Code entwickeln, der modernste
Techniken anwendet, um die Entwicklung einzelner Systeme genauer zu untersuchen
(auf Kosten einer sehr viel höheren Rechenleistung). Dieser detaillierte Code
wird auch dazu beitragen, den schnellen Populationssynthese-Code zu überprüfen
und zu kalibrieren.
Diese Forschung könnte zudem neue Antworten auf die Frage geben, wie Schwarze
Löcher in unserem Universum überhaupt verschmelzen könnten. Deren Vorläufer,
also Sterne die massereich genug sind, um Schwarze Löcher zu bilden, werden
während ihrer Entwicklung sehr groß, so dass ein nahes Paar massereicher Sterne
wahrscheinlich verschmelzen würde, bevor sie zu Schwarzen Löchern werden können.
Und wenn sich die Sterne weit genug entfernt voneinander entwickelten, wie kamen
sie sich dann näher? Die Antwort könnte die Interaktion mit einem dritten oder
noch mehr Objekten sein – die Dynamik derartiger Systeme, gekoppelt mit der
Stern- und Doppelsternentwicklung, kann in diesem Fall sehr kompliziert sein.
Und genau das fasziniert den theoretischen und Computer-Astrophysiker Hamers:
die Dynamik und Wechselwirkungen von Himmelskörpern. Bereits während seines
Studiums der Physik und Astronomie an der Universität Utrecht beschäftigte er
sich mit Doppel- und Dreifachsystemen und wandte theoretische Physik und
Astrophysik direkt auf das reale Universum an.
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