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DUNKLE MATERIE
Mit Antimaterie auf Dunkelmaterie-Jagd
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Mainz
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14. November 2019

Einen völlig neuen Ansatz bei der Suche nach Dunkler Materie hat ein internationales Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen mit der BASE-Kollaboration am europäischen Forschungszentrum CERN verfolgt: Erstmals wurde der Einfluss von Dunkler Materie auf Antimaterie statt auf gewöhnliche Materie untersucht.

Penningfalle

Das Penningfallensystem der BASE-Kollaboration. Bild: Stefan Sellner, Fundamental Symmetries Laboratory, RIKEN, Japan [Großansicht]

"Bisher haben Wissenschaftler in Präzisionsexperimenten bei niedrigen Energien stets materie-basierte Proben benutzt, um an ihnen eine Kopplung von Dunkler Materie nachzuweisen", erläutert Dr. Christian Smorra, der zurzeit am japanischen Forschungsinstitut RIKEN tätig ist und in den nächsten Jahren im Rahmen eines "ERC Starting Grants" am Institut für Physik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine Arbeitsgruppe aufbauen wird. "Wir suchen zum ersten Mal explizit nach einer Wechselwirkung zwischen Dunkler Materie und Antimaterie. Die meisten Studien gehen von einer symmetrischen Wechselwirkung der Dunklen Materie mit Teilchen und Antiteilchen aus. Wir überprüfen in unserer Studie, ob das wirklich der Fall ist."

Dieser Ansatz hat doppelten Charme: Über die mikroskopischen Eigenschaften der Dunklen Materie ist bisher nur sehr wenig bekannt – einer der viel diskutierten Kandidaten sind sogenannte ALPs (Axion Like Particles). Darüber hinaus liefert das Standardmodell der Teilchenphysik keine Erklärung, warum es im Universum so viel mehr Materie als Antimaterie gibt. "Wir hoffen, durch unsere Experimente einen Hinweis zu finden, der die beiden Fragestellungen verbinden könnte", so Dr. Yevgeny Stadnik, der im Rahmen eines Humboldt Fellowships am Helmholtz-Instituts Mainz an der Studie mitgewirkt hat. "Denn sowohl theoretisch als auch experimentell ist eine asymmetrische Wechselwirkung dieser Art zuvor noch nicht untersucht worden. In unserer aktuellen Forschungsarbeit gehen wir einen ersten Schritt in diese Richtung."

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Das Untersuchungsobjekt der Wissenschaftler ist ein einzelnes Antiproton, gefangen in einer speziellen Teilchenfalle, einer sogenannten Penningfalle. Diese Teilchen erzeugten die Wissenschaftler am Antiproton Decelerator am CERN, der weltweit einzigen Forschungsanlage, in der Antiprotonen bei niedriger Energie zur Verfügung gestellt werden. Anschließend speicherten und untersuchten die Wissenschaftler die dort erzeugten Antiprotonen im Fallensystem der BASE-Kollaboration.

Das Antiproton besitzt nicht nur eine Ladung, sondern auch einen Eigendrehimpuls – im Fachjargon Spin. In einem Magnetfeld präzediert dieser Spin mit einer ganz bestimmten, konstanten Frequenz – der Spinpräzessionsfrequenz. "Die Anwesenheit von Dunkler Materie könnten wir dadurch detektieren, dass sich diese Frequenz verändert", so Smorra. "Dabei betrachten wir die potentiellen Teilchen der Dunklen Materie als klassisches Feld mit einer bestimmten Wellenlänge. Die Dunkle Materie Wellen laufen kontinuierlich durch unser Experiment und verändern dort periodisch die eigentlich konstante Präzessionsfrequenz des Antiproton-Spins im Magnetfeld."

Mit ihrem experimentellen Aufbau haben die Forscher einen bestimmten Frequenzbereich abgesucht – und bisher keine Hinweise auf Dunkle Materie gefunden. "Mit unserem aktuellen Messaufbau haben wir zwar keine signifikante und periodische Änderung der Spinpräzessionsfrequenz des Antiprotons gefunden", erläutert Stefan Ulmer, Sprecher der BASE-Kollaboration am CERN. "Gleichwohl haben wir die Empfindlichkeit im Vergleich zu astrophysikalischen Beobachtungen um bis zu fünf Größenordnungen übertroffen. Das bedeutet, wir haben basierend auf der jetzigen Empfindlichkeit unseres Experiments eine neue obere Grenze für die Stärke einer potentiellen Wechselwirkung zwischen Dunkler Materie und Antimaterie definiert."

Im Grunde genommen haben die Wissenschaftler in ihrem aktuellen Projekt zwei Forschungsgruppen zusammengeführt. Die BASE-Kollaboration am CERN beschäftigt sich schon sehr lange und erfolgreich mit den fundamentalen Eigenschaften des Antiprotons, während die Gruppe um Prof. Dr. Dmitry Budker, Wissenschaftler am Exzellenzcluster PRISMA+ der Universität und des Helmholtz-Instituts Mainz, sehr aktiv bei der Suche nach Dunkler Materie ist und entscheidend zur Interpretation der Studie beigetragen hat.

"Wir haben festgestellt, dass unsere Forschung sehr viele Schnittmengen aufweist und daraus die Idee für diesen neuen Ansatz bei der Suche nach Dunkler Materie geboren", so Budker. Künftig wollen die Wissenschaftler die Genauigkeit bei der Messung der Spinpräzessionsfrequenz des Antiprotons weiter verbessern – dies wäre dann auch die Voraussetzung dafür, die Antimaterie-basierte Suche nach Dunkler Materie noch empfindlicher zu machen.

Hierzu werden in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jochen Walz am Institut für Physik der Universität Mainz, in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg und dem japanischen Forschungszentrum RIKEN, neue Kühlmethoden für Protonen und Antiprotonen entwickelt, während eine Gruppe von Wissenschaftlern an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig, der Leibniz Universität Hannover und am RIKEN derzeit Methoden zur Quantenlogik-Spektroskopie des Antiproton-Spins entwickelt. Es wäre darüber hinaus interessant, ähnliche Studien mit anderen Antiteilchen durchzuführen, zum Beispiel mit Positronen oder Antimyonen.

Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

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