Blasen, junge Sterne und ein langer Jet
von Stefan Deiters astronews.com
6. Februar 2019
Ein detaillierter Blick in ein Sternentstehungsgebiet in der
Großen Magellanschen Wolke mit dem Very Large Telescope der
europäischen Südsternwarte ESO zeigt nicht nur die faszinierenden Strukturen im
Gas, für die junge heiße Sterne verantwortlich sind, sondern auch einen
besonders ungestümen jungen Stern, der einen langen Jet in seine Umgebung
ausstößt.
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine eindrucksvolle Aufnahme
einer aktiven Sternentstehungsregion in der Großen Magellanschen Wolke
veröffentlicht, die auf Daten des Instruments Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) basiert, das an eines der Teleskope des
Very Large Telescope
auf dem Gipfel des Paranal in Chile montiert ist. Dank der vergleichsweise
geringen Mengen an Staub in diesem Bereich der Magellanschen Wolke und der Leistungsfähigkeit
von MUSE sind einige faszinierende Details der Region zu erkennen.
Das Gebiet ist unter Astronomen als LHA 120-N 180B bekannt. Es handelt sich
um eine sogenannte H-II-Region (gesprochen H-zwei-Region), in der gerade
unzählige neue Sterne entstehen. H-II-Regionen bestehen aus Wolken aus
ionisiertem Wasserstoff, also aus reinen Wasserstoffkernen - normalen
Wasserstoff, bestehend aus Kern und Elektron, würde man als "HI" bezeichnen.
Die massereichen, gerade entstandenen Sterne in dieser Region sind sehr heiß
und durch ihre intensive
ultraviolette Strahlung für die Ionisation des
Wasserstoffgases verantwortlich. LHA 120-N 180B besteht aus einer gewaltigen
Blase aus ionisiertem Wasserstoff und kleineren Blasen in der Umgebung.
Im Zentrum der Region haben die Astronomen ein ganz besonderes Objekt
ausgemacht: ein sogenanntes Herbig-Haro-Objekt. Neugeborene Sonnen stoßen
nämlich immer wieder Material in ihre Umgebung ab, das dabei auf
Geschwindigkeiten von mehreren 100.000 Kilometern pro Stunde beschleunigt werden
kann. Wenn das beschleunigte Material dann auf Gas in der Umgebung trifft, wird
dieses zum Leuchten angeregt und es entsteht eine Struktur, die Astronomen als
Herbig-Haro-Objekt bezeichnen - nach den beiden Astronomen George Herbig und
Guillermo Haro, die diese eigentümlichen Objekte erstmals genauer untersuchten.
Bei dem Herbig-Haro-Objekt 1177 in dieser Region konnte man einen Jet
nachweisen, also einen gebündelten Partikelstrahl, den die junge Sonne ins All
schießt. Der junge Stern dürfte etwa die zwölffache Masse der Sonne haben, der
Jet hat eine Länge von fast 33 Lichtjahren. Er zählt damit zu den längsten
dieser Jets von jungen Sternen, die bislang beobachtet wurden. Er ist zudem der erste Jet dieser
Art, der außerhalb der Milchstraße im sichtbaren Bereich des Lichts entdeckt
worden ist.
Die Große Magellansche Wolke ist eine Satellitengalaxie der Milchstraße und
zählt zu den Highlights am südlichen Sternenhimmel. Mit einer Entfernung von nur
165.000 Lichtjahren ist uns die Galaxie so nahe, dass sie sich für detaillierte
Beobachtungen geradezu anbietet. Über ihre Beobachtungen des Jets berichten die
Astronomen jetzt in einem Beitrag der Zeitschrift Nature.
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