Magnetfeldmessung mit Laserleitstern
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
25. Oktober 2018
Künstliche, durch einen Laserstrahl in der Erdatmosphäre
erzeugte Sterne werden von Astronomen als Referenzobjekte verwendet, um so die
Störungen der Erdatmosphäre bei Beobachtung ausgleichen zu können. Jetzt hat ein
Team versucht, mithilfe von solchen künstlichen Sternen auch Informationen über
das Magnetfeld der Erde zu gewinnen.
Das Experiment auf La Palma: Der Laserstrahl
(gelb) erzeugt in der Mesosphäre einen
künstlichen Stern, dessen Signale von einem
Teleskop (vorne links) aufgefangen werden.
Laserquelle und Empfangsteleskop sind acht Meter
voneinander entfernt.
Bild: Felipe Pedreros Bustos. [Großansicht] |
Zwischen 85 und 100 Kilometer über der Erde befindet sich in der Mesosphäre
eine Ansammlung von Natriumatomen, die Natriumschicht. In dieser Schicht können
durch Laserstrahlung künstliche Sterne erzeugt werden, die Astronomen verwenden,
um die Bildqualität von Teleskopen zu verbessern. Vor etwa sieben Jahren kam die
Idee auf, diese künstlichen Leitsterne auch noch anders zu nutzen und zwar für
die Vermessung des Erdmagnetfelds in dieser Höhe. Dies ist einer internationalen
Gruppe von Wissenschaftlern nun mit großer Genauigkeit gelungen. Die Technik
könnte in Zukunft auch dazu beitragen, magnetische Strukturen in der äußeren
Schicht der Erde, der Lithosphäre, aufzuzeigen, das Weltraumwetter zu beobachten
und elektrische Ströme in der Atmosphäre zu verfolgen.
Die Erzeugung von künstlichen Sternen durch Laser ist etwa 20 Jahre alt. Ein
Laserstrahl wird von der Erde aus in die Atmosphäre gerichtet. In der
Natriumschicht trifft er auf Natriumatome, die das Licht des Lasers absorbieren
und dann leuchten. "Die Atome scheinen in alle Richtungen. Von der Erde aus kann
man die künstlichen Sterne allerdings nur mit Teleskopen erkennen, nicht mit dem
bloßen Auge", erklärt Felipe Pedreros Bustos von der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Der chilenische Physiker hat im Rahmen seiner
Doktorarbeit vier Jahre lang an dem Projekt gearbeitet, an dem außerdem die
Europäische Südsternwarte, die University of California Berkeley in den
USA, das italienische Nationale Institut für Astrophysik (INAF) und die
University of British Columbia in Kanada beteiligt sind.
Die künstlichen Leitsterne dienen als Referenz für atmosphärische Störungen.
Ihr Licht wird auf der Erde von Teleskopen aufgefangen und die Daten können
genutzt werden, um die Technik moderner Teleskope so auszurichten, dass sie die
Bilder von astronomischen Objekten optimieren und möglichst störungsarm
aufzeichnen können – eine Technik, die auf verformbaren Spiegeln beruht.
Der Aufbau der Kooperationspartner zur Vermessung des Erdmagnetfelds
funktioniert zunächst ähnlich. Auf der Kanareninsel La Palma befindet sich nahe
dem Roque-de-los-Muchachos-Observatorium eine ESO-Lasereinheit. Von hier aus
wird ein Laserstrahl in die Natriumschicht gelenkt und die Atome werden angeregt
und zudem spinpolarisiert. Dies bedeutet, dass sie sich zu einem großen Teil in
die gleiche Richtung ausrichten. Weil sie sich in einem Magnetfeld befinden,
dreht sich der "Spin" der Atome wie bei einem Kreisel, der schief steht, der
sich also nicht genau senkrecht auf der Tischoberfläche dreht – was auch als
Präzession bezeichnet wird.
"Die Helligkeit des Leitsterns ist maximal, wenn wir mit der Laserfrequenz
diese Natrium-Präzessionsfrequenz treffen, was wir von der Erde aus beobachten“,
erläutert Bustos. „Weil die Frequenz proportional zur Stärke des Magnetfelds
ist, können wir mit dieser Methode das Erdmagnetfeld vermessen." Der Gruppe ist
es damit gelungen, eine fundamentale Technik, die im Labor gut untersucht ist,
auch in der Natur anzuwenden. Sie schließt damit eine Lücke in der Vermessung
des Erdmagnetfelds, indem sie den schwer zugänglichen Bereich der Mesosphäre von
der Erde aus betrachtet. Magnetfelduntersuchungen erfolgen ansonsten direkt auf
der Erde oder von Satelliten im Weltraum.
Ähnliche Untersuchungen hatte im Mai 2018 eine US-amerikanische Gruppe
publiziert. Die jetzigen Messungen weisen allerdings eine wesentlich höhere
Sensitivität auf und könnten, so die Erwartungen, mit höherer Laserenergie noch
weiter verbessert werden. "Außerdem können wir atomare Prozesse in der
Atmosphäre abschätzen, zum Beispiel mit welcher Häufigkeit es zu Zusammenstößen
von Natrium mit anderen Atomen wie Sauerstoff oder Stickstoff kommt, das ist
neu", so Bustos.
Anwendungen der Messtechnik mithilfe von künstlichen Leitsternen bieten sich
vor allem für die Geophysik. So könnten Veränderungen in der Ionosphäre durch
Sonnenwinde, die sich auf das Erdmagnetfeld auswirken, ermittelt werden.
Außerdem könnten bei kontinuierlicher Beobachtung des Erdmagnetfelds in Höhen
von 85 bis 100 Kilometer ozeanische Strömungen und großräumige magnetische
Strukturen im oberen Mantel wahrgenommen werden.
Die Ergebnisse werden in einem Fachartikel
in der Zeitschrift Nature Communications beschrieben.
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