Neues Gammastrahlen-Teleskop auf La Palma
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Physik astronews.com
11. Oktober 2018
Auf der Kanareninsel La Palma befinden sich die größten und
bedeutendsten Teleskope Europas. Nun ist ein weiterer Teleskopriese
hinzugekommen: das Large-Sized-Telescope 1. Mit einem
Spiegeldurchmesser von 23 Metern soll es Teil des internationalen Cherenkov
Telescope Array werden und das Universum im Gammastrahlenbereich
beobachten.
Das LST-1 auf La Palma ist das erste
Teleskop des CTA-Observatoriums.
Bild: Iván Jiménez / IAC [Großansicht] |
Am gestrigen Mittwoch wurde das LST-1 (Large-Sized-Teleskop) auf der
Kanareninsel La Palma eingeweiht. Es ist das erste von insgesamt über 100
geplanten Teleskopen im Cherenkov Telescope Array (CTA). Die
Instrumente sollen Objekte und Ereignisse ins Visier nehmen, die Teilchen
höchster Energie ins All schleudern und dabei Gammastrahlen aussenden. Dazu
zählen zum Beispiel Supernova-Überreste, Doppelsternsysteme oder Pulsare.
Als Prototyp bildet das LST-1 die Vorhut für drei weitere Teleskope gleicher
Bauart am selben Standort; darüber hinaus sind dort 15 mittelgroße Teleskope
geplant. Die restlichen CTA-Teleskope entstehen am Paranal-Observatorium in
Chile. Mit einer Höhe von 45 Metern und einem Spiegeldurchmesser von 23 Metern
sind die Teleskope der LST-Reihe die größten Instrumente im CTA-Observatorium.
Die Instrumente auf La Palma sind Teil des Observatoriums Roque de los Muchachos.
Das Max-Planck-Institut für Physik in München war wesentlich an der
Konzeption und dem Aufbau des Teleskops beteiligt: Wissenschaftler und Techniker
des Instituts planten und konstruierten den Unterbau und das Schienensystem, mit
dem sich das Teleskop in weniger als 20 Sekunden in jede beliebige
Beobachtungsposition bringen lässt. Außerdem war das Institut für den Bau des
Kameraturms verantwortlich, der den direkten Zugang zur Kamera ermöglicht.
"In nur dreijähriger Bauzeit hat unser Team mit dem LST-1 das erste
CTA-Teleskop errichtet", erklärt Masahiro Teshima, Direktor am
Max-Planck-Institut für Physik, der das LST-Programm im CTA-Verbund leitet. "Die
insgesamt über 100 Teleskope des Observatoriums werden Wissenschaftlern
einzigartige Einblicke in kosmische Regionen in und außerhalb unserer Galaxie
verschaffen. Wir erhoffen uns neue Erkenntnisse über die energiereichsten
Objekte und Phänomene, die wir aus dem Universum kennen – zum Beispiel aktive
Galaxienkerne oder die allgegenwärtige kosmische Strahlung."
Die CTA-Teleskope decken den gesamten bisher bekannten Energiebereich der
Gammastrahlen ab: von 20 Gigaelektronenvolt (GeV) bis 300 Teraelektronenvolt.
Die LS-Teleskope sind dabei auf das niedrigste Energiespektrum im Bereich von 20
GeV ausgelegt. Die ebenfalls geplanten mittelgroßen und kleinen Teleskope (MST
und SST) messen die energiereicheren Anteile der Gammastrahlung.
Die gewölbte Spiegelfläche des LST beträgt 400 Quadratmeter. Sie sammelt und
bündelt Tscherenkow-Licht, das entsteht, wenn Gammastrahlung auf die
Erdatmosphäre trifft. Die Kamera zeichnet das Licht auf und wandelt es in
elektrische Signale um, die elektronisch ausgelesen und ausgewertet werden.
Trotz seiner Größe und seiner Masse von etwa 100 Tonnen, lässt es sich in
weniger als einer halben Minute in jede beliebige Position bewegen, sodass sich
auch kurze und energieschwache Tscherenkow-Strahlung aufzeichnen lässt.
Mit ihrer kurzen Reaktionszeit und der niedrigen Energieschwelle eignen sich
die LST perfekt für die Beobachtung von aktiven Galaxienkernen und
Gammastrahlenausbrüchen – kurzlebigen, extrem hellen Phänomenen, die maximal
einige Minuten dauern. "Mit den LS-Teleskopen kann CTA auch sehr schwache und
sehr weit entfernte kosmische Quellen untersuchen", so Teshima.
Bevor das LST-1 offiziell in das multinationale CTA Observatory (CTAO)
integriert werden kann, muss es – wie alle künftigen Teleskope und andere
technischen Instrumente – einer kritischen Prüfung standhalten. Diese Maßnahme
soll sicherstellen, dass sein Design den wissenschaftlichen Zielen, den
operativen Anforderungen und Sicherheitsstandards von CTA entspricht. Insgesamt
arbeiteten über 200 Wissenschaftler und technische Experten aus zehn Ländern am
LST-1-Projekt mit. Federführende Institutionen waren das LAPP in Frankreich,
INFN, Italien, das ICRR der Universität Tokio, das Max-Planck-Institut für
Physik, das IFAE und das CIEMAT in Spanien.
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