Antenne zur Vogelbeobachtung installiert
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
17. August 2018
Es ist ein faszinierendes Vorhaben: Von der Internationalen
Raumstation ISS aus soll im Rahmen des Projekts ICARUS der Zug von Vögeln aus
dem All verfolgt werden. Möglich wird dies durch winzige Sender, die die Tiere
nicht behindern, die aber regelmäßig Daten zur ISS funken. Während eines
Außenbordeinsatzes wurde nun die dafür notwendige Antenne am Modul Swesda
installiert.

Der russische Kosmonaut Sergei Prokopjew bei
seinem ersten Außenbordeinsatz am 15. August 2018
am russischen Swesda-Modul der ISS. Prokopjew
gehört zur aktuellen ISS-Expedition 56 und ist am
6. Juni 2018 zusammen mit dem deutschen
ESA-Astronauten Alexander Gerst zur
Internationalen Raumstation gestartet.
Foto: NASA [Großansicht] |
Am Abend des 15. August 2018 haben die beiden russischen Kosmonauten Sergei
Prokopjew und Oleg Artemjew bei ihrem fast achtstündigen Außenbordeinsatz an der
Internationalen Raumstation ISS auch die ICARUS-Antenne des gleichnamigen
deutsch-russischen Forschungsprojektes am Swesda-Modul entfaltet. Der
Außenbordeinsatz dauerte von 18:17 Uhr MESZ am 15. August bis 2:03 Uhr MESZ am
16. August. Für die Außeninstallation der ICARUS-Antenne brauchten die beiden
Kosmonauten rund fünf Stunden bis 00:18 Uhr MESZ. Unterstützt wurden Prokopjew
und Artemjew vom deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst, der den Einsatz vom
Inneren der Station aus überwachte.
Mit der Installation der Antenne ist das ICARUS-System (International
Cooperation for Animal Research Using Space), mit dem von der ISS aus weltweit
Tierwanderungen aller Art verfolgt werden können, nun komplett. ICARUS ist ein
Projekt des Raumfahrtmanagements im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR), des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell und der
russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos. In den nächsten Tagen und Wochen wird
ICARUS in Betrieb genommen. Das Experiment ist auch Teil der aktuellen horizons-Mission
von Alexander Gerst.
Mit dem ICARUS-Wissen versprechen sich Wissenschaftler in Russland und
Deutschland neue Erkenntnisse über Leben und Umwelt der Tiere, sowie über das
Zusammenspiel mit uns Menschen. "Störche rasten auf ihrem Weg nach Süden häufig
in der Nähe von Heuschreckenbrutstätten am Südrand der Sahara. Somit zeigen uns
die Vögel an, wo sich diese Insektenschwärme genau befinden. So kann gegen die
Schädlingsplagen vorgegangen und Hungersnöte können vermieden werden", erklärt
Prof. Martin Wikelski, wissenschaftlicher Leiter des ICARUS-Projektes vom
Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell.
Sein russischer Kollege Grigori Tertitski, Projektleiter am Institut für
Geographie der Russischen Akademie der Wissenschaften, erwartet bereits mit
Spannung, mehr über die Zugwege kleiner Vögel von Ost nach West zu lernen.
"Teilweise infizieren sich diese Tiere in Ostasien mit der Vogelgrippe. Bei
ihrem Zug durch das Gebiet der Russischen Föderation können sie dann andere
Tiere anstecken. Hier mehr zu wissen, wäre sehr hilfreich", meint der
Wissenschaftler.
An Bord der ISS befinden sich die ICARUS-Antenne und ein Computer, der sie
steuert. Am Boden spielen kleine Funksender, die sogenannten Tags, die
Hauptrolle. Sie sind so groß wie ein Daumennagel und wiegen gerade einmal fünf
Gramm. So können sie auch an kleineren Tieren, wie etwa Singvögeln, befestigt
werden, ohne dass sich deren Verhalten dadurch ändert. Die Tags sammeln Daten
zur Beschleunigung, zur Umgebungstemperatur und der Ausrichtung zum
Erdmagnetfeld. Außerdem zeichnen sie die Route des Tieres mit Hilfe von
Satellitennavigationsdaten auf. Dies alles geschieht in einem sparsamen
Niedrigenergiemodus.
Die Tags berechnen allerdings, zu welchem Zeitpunkt die ISS über sie
hinwegfliegt und erwachen dann "zu vollem Leben": Sie senden die aufgezeichneten
Daten zur Raumstation, empfangen neue Bahndaten der ISS und können neu
programmiert werden. Dabei kann die Antenne im Weltall die Daten ganzer
Schwärme, also mehrerer hundert Tiere, gleichzeitig empfangen. "Das
ICARUS-Projekt ist ein gelungenes Beispiel der sehr guten russisch-deutschen
Zusammenarbeit bei der wissenschaftlichen Nutzung der ISS", unterstreicht
Johannes Weppler, ICARUS-Projektleiter im DLR Raumfahrtmanagement in Bonn, der
den Außenbordeinsatz live im russischen Kontrollzentrum nahe Moskau miterlebte.
Seit mehr als fünf Jahren arbeiten die beiden Seiten schon zusammen, um das
Projekt zu realisieren. "Die russischen Wissenschaftler werden die Daten des
ICARUS-Systems mit Informationen von anderen Messgeräten des Experimentes Uragan
zusammenbringen - unter anderem Daten von Spektrometern und optischen Kameras",
erläutert der wissenschaftliche Leiter des Experiments "Uragan" beim russischen
Raumfahrtkonzern RKK Energia, Prof. Dr. Mikhail Belyayev. "Dies ermöglicht es
uns, nicht nur die Migrationswege der Tiere zu verfolgen, sondern auch die
Gründe für Änderungen dieser Routen zu verstehen."
"Wir sind stolz, dass wir die russische Erfahrung beim Betrieb und Bau von
Experimenten auf der ISS bei ICARUS einbringen konnten. Gleichzeitig ermöglichen
wir es unseren Wissenschaftlern, sich auf diesem Forschungsgebiet in der
Weltspitze zu etablieren", ergänzt Vasili Savinkov, Projektverantwortlicher bei
Roskosmos.
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