Seit 20 Jahren erdnahe Objekte im Visier
von Stefan Deiters astronews.com
25. Juli 2018
Seit 20 Jahren gibt es bei der NASA eine spezielle
Einrichtung, die sich der Erfassung und Erforschung von Objekten widmet, die auf
ihrer Bahn um die Sonne der Erde vergleichsweise nahe kommen. Einer der Auslöser
für die Gründung war die Entdeckung des Asteroiden 1997 XF11 und die damit
verbundene, teils abstruse Berichterstattung.
Über 18.000 erdnahe Objekte sind inzwischen
bekannt - in jeder Woche werden etwa 40 weitere
entdeckt.
Bild: NASA /
JPL-Caltech [Großansicht] |
Es war der 11. März 1998: Neue Beobachtungen des im Vorjahr entdeckten
Asteroiden 1997 XF11 deuteten darauf hin, dass theoretisch die Möglichkeit
besteht, dass dieser im Jahr 2028 die Erde trifft. Die Wahrscheinlichkeit war
zwar gering, der Brocken mit einem Durchmesser von knapp einem Kilometer
allerdings so groß, dass im Fall der Fälle mit erheblichen Verwüstungen auf der
Erdoberfläche zu rechnen gewesen wäre.
Die Informationen waren vom Minor Planet Center veröffentlicht
worden, einer Einrichtung im US-amerikanischen Cambridge, die Beobachtungen von
Asteroiden verwaltet und aus den verfügbaren Daten auch Bahnen berechnet. Die
Nachricht über ein potentielles Kollisionsrisiko war eigentlich nur für
Astronomen gedacht: Gerade bei Neuentdeckungen kommt es nämlich immer wieder
vor, dass die ersten Beobachtungen eines neuentdeckten Asteroiden noch gar keine
präzise Bahnberechnung erlauben und der somit anfänglich ermittelte Orbit des
Brockens noch so ungenau ist, dass ein Treffer der Erde nicht sicher
ausgeschlossen werden kann.
Sobald weitere Beobachtungen des fraglichen Asteroiden vorliegen, werden die
Bahnberechnungen dann genauer und eine Kollision mit der Erde wird immer
unwahrscheinlicher oder ist gänzlich auszuschließen. Um solche
zusätzlichen Daten zu bekommen, ist eine Information anderer Astronomen wichtig,
damit diese den potentiell gefährlichen Brocken auch ins Visier nehmen können.
Im Fall 1997 XF11 sorgte diese Information für ein beträchtliches Medienecho, wobei sich die
meisten Medien auf die Möglichkeit einer Kollision mit der Erde konzentrierten,
ohne den Sachverhalt auch zu bewerten und einzuordnen. Tatsächlich stellte
sich bald heraus, dass 1997 XF11 im Jahr 2028 die Erde in sicherem Abstand
passieren würde - eine Meldung, die sich dann aber nicht so schnell verbreitete:
"Bis heute bekommen wir noch Anfragen über die Wahrscheinlichkeit, dass XF11 die
Erde 2028 trifft", so Paul Chodas, der Leiter des NASA Center for Near-Earth
Object Studies (CNEOS) am Jet Propulsion Laboratory. "Aber die
Wahrscheinlichkeit, dass XF11 im Jahr 2028 auf unserem Planeten einschlägt, ist
gleich Null - genau wie in den nächsten 200 Jahren."
Grundlage für diese Einschätzung sind die Bahnberechnungen, die am CNEOS
durchgeführt wurden. "Wir berechnen hochpräzise Bahnen für alle Asteroiden und
Kometen des Sonnensystems und kartieren ihre Position, sowohl in der
Vergangenheit als auch in der Zukunft, um mögliche Einschläge zu entdecken", so Chodas. "Wir liefern die besten Karten der Bahnen für alle bekannten kleineren
Objekte im Sonnensystem."
Als erdnahe Objekte bezeichnen Astronomen Asteroiden und Kometen, die sich
auf ihrer Bahn der Sonne auf 195 Millionen Kilometer und der Erdbahn auf rund 50
Millionen Kilometer nähern. Das Medienecho um das erdnahe Objekt 1997 XF11 war
eines der Gründe, warum schließlich im Sommer 1998 die Near-Earth Object Program
Office am Jet Propulsion Laboratory der NASA gegründet wurde. Seit 2016 heißt
die Einrichtung Center for Near-Earth Object Studies. Sie soll unter anderem
für fundierte Informationen über erdnahe Objekte sorgen.
Ein weiterer Grund für die Gründung der Abteilung war die damalige Aufforderung durch
den US-Kongress, dass man innerhalb von zehn Jahren 90 Prozent der erdnahen
Objekte mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer aufspüren soll. Die
neue Abteilung sollte diese Bemühungen koordinieren. Die damit verbundenen
Beobachtungsprogramme der NASA sind für über 90 Prozent der Entdeckungen
erdnaher Objekte verantwortlich. Aktuell sind über 18.000 davon bekannt, in jeder
Woche kommen rund 40 hinzu. Das 1998 vom US-Kongress gestellte Ziel ist
inzwischen längst erreicht, bis 2020 sollen nun 90 Prozent der erdnahen Objekte
mit einem Durchmesser größer als 140 Meter aufgespürt werden. Es bleibt also
noch einiges zu tun.
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