Wie bremst man Sonden im All?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Frankfurt astronews.com
22. November 2017
Ingenieure halten es für möglich, winzige Sonden mithilfe von
starken Lasern auf so hohe Geschwindigkeiten zu beschleunigen, dass sich der
sonnennächste Stern innerhalb von einigen Jahrzehnten erreichen lassen würde.
Doch wie bremst man Sonden dann wieder ab? Für relativ langsame Sonden könnten
sich magnetische Segel eignen.
So könnte es auf dem Planeten Proxima
Centauri b aussehen. Eine Sonde dorthin zu
schicken und auch wieder abzubremsen, ist eine
Herausforderung.
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Lange war die Vorstellung, unbemannte Raumsonden durch die Weiten des
interstellaren Raumes zu fremden Sternen zu schicken, reine Utopie. Seit
Neuestem wird jedoch etwa im Rahmen der "Breakthrough Starshot Initiative" an
Konzepten gearbeitet, miniaturisierte Raumsonden mittels starker Laser zu
beschleunigen. Noch schwieriger wäre es, interstellare Raumsonden darüber hinaus
auch wieder abzubremsen, da man sie aus Gewichtsgründen nicht mit
Bremsaggregaten ausstatten kann.
Nach Prof. Claudius Gros vom Institut für Theoretische Physik der
Goethe-Universität Frankfurt wäre es dagegen möglich, zumindest vergleichsweise
langsame Raumsonden mit Hilfe magnetischer Segel wieder abzubremsen. "Langsam
würde in diesem Fall eine Reisegeschwindigkeit von 1000 Kilometern pro Sekunde
bedeuten, was zwar nur 0,3 Prozent der Lichtgeschwindigkeit ist, dafür aber etwa
fünfzigmal schneller als die Voyager-Raumsonden", erläutert Gros.
Um die Bewegungsenergie der Raumsonde auf das interstellare Gas zu
übertragen, ist nach den Berechnungen von Gros ein magnetisches Segel notwendig,
das aus einer großen supraleitenden Schlaufe mit einem Durchmesser von gut 50
Kilometern besteht. In dieser Schlaufe wird verlustfrei ein Strom induziert, der
seinerseits ein starkes Magnetfeld erzeugt. Der ionisierte Wasserstoff des
interstellaren Mediums wird in der Folge vom Magnetfeld der Sonde reflektiert,
wodurch diese nach und nach abgebremst wird.
Das funktioniert, wie Gros zeigen konnte, trotz der extrem niedrigen
Teilchendichte des interstellaren Raums (0,005 bis 0,1 Teilchen pro
Kubikzentimeter). Die Arbeiten von Gros zeigen zudem, dass Magnetsegel
"langsame" Raumsonden mit einer Masse von bis zu 1500 Kilogramm abbremsen
können. Für die Reise wären allerdings historische Zeiträume notwendig. Die
sieben bekannten Planeten des Trappist-1 Systems könnten so in etwa 12.000
Jahren erreicht werden.
Interessant ist auf der anderen Seite, dass für den Start der gleiche Laser
geeignet wäre, mit dem sich nach bisherigen Planungen auch wenige Gramm schwere
Raumsonden fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und nach Alpha-Centauri
schicken ließen.
Missionen zu fremden Sternen, die Jahrtausende benötigen, kommen nicht für
wissenschaftliche Erkundungsmissionen infrage. Anders sieht es dagegen aus, wenn
die Reisedauer keine Rolle spielt. Ein Beispiel hierfür sind Missionen, die dem
irdischen Leben alternative Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen. Solche
Missionen, wie sie 2016 von Gros unter dem Namen "Genesis Projekt" vorgeschlagen
wurden, würden einzelliges Leben mit sich führen, entweder als tiefgekühlte
Sporen oder kodiert in einem miniaturisierten Gen-Labor. Für eine Genesis Sonde
ist nicht der Zeitpunkt der Ankunft wichtig, sondern die Möglichkeit abzubremsen
und schlussendlich in eine Umlaufbahn um den Zielplaneten einzuschwenken.
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