Kleiner Stern mit großem Planeten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
1. November 2017
Zwergsterne, so zumindest die bisherige Theorie, sollten
eigentlich nur von relativ kleinen Planeten umrundet werden. Jetzt haben
Astronomen aber mithilfe des Next-Generation Transit Survey eine
massearme Sonne aufgespürt, um die ein Gasriese in der Größe Jupiters kreist. Es
ist zudem die erste Entdeckung der Teleskopanlage in der chilenischen Atacamawüste.

Die erste Entdeckung des NGTS ist ein
Riesenplanet, der um einen Zwergstern kreist.
NGTS-1b ist ein Planet von der Größe des
Jupiters, der um einen Stern (NGTS-1) kreist, der
nur halb so groß ist wie unsere Sonne.
Bild: University of Warwick & Mark Garlick [Großansicht] |
Eigentlich dürfte es so etwas gar nicht geben: Nach den bestehenden Theorien
über die Planetenentstehung sollte sich um einen Zwergstern kein Riesenplanet
bilden, sondern nur kleinere Gesteinsplaneten. Die jüngste Entdeckung der
Teleskopanlage Next-Generation Transit Survey (NGTS) hat diese
Auffassung jetzt infrage gestellt. NGTS-1b ist ein Planet von der Größe des
Jupiters, der um einen Stern kreist, der nur halb so groß ist wie unsere Sonne.
Es ist der erste Exoplanet, der mit der NGTS-Teleskopanordnung in Chile entdeckt
wurde.
Die Anlage, bei der acht der zwölf Kameras vom Deutschen Zentrum für Luft-
und Raumfahrt (DLR) finanziert wurden, ist seit 2015 in Betrieb (astronews.com
berichtete). "Dieser erste
Erfolg des NGTS ist eine große Überraschung für die Entdecker und eine
Herausforderung für die Theoretiker", sagt Prof. Heike Rauer, Leiterin der
Abteilung Extrasolare Planeten und Atmosphären des DLR-Instituts für
Planetenforschung.
Der Stern NGTS-1 mit dem neu entdeckten Planeten NGTS-1b liegt rund 600
Lichtjahre von uns entfernt am Südhimmel im Sternbild Taube. Gängige Theorien
besagen, dass bei der Entstehung eines Sterns nur ein gewisser Prozentsatz an
Masse für die dazugehörigen Planeten zur Verfügung steht. In unserem
Sonnensystem sind beispielsweise mehr als 99 Prozent aller Masse in der Sonne
vereint und nicht einmal ein Prozent in den acht Planeten, den Kometen und
Asteroiden. Da Zwergsterne nicht genug Material ansammeln können, um so große
Planeten hervorzubringen, gerät die Theorie der Planetenentstehung bei NGTS-1
und NGTS-1b an ihre Grenzen.
Das Next-Generation Transit Survey wird von Wissenschaftlern des
DLR-Instituts für Planetenforschung zusammen mit einem internationalen Team am
Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte ESO in etwa 4000 Meter Höhe
in der Atacamawüste im Norden Chiles betrieben. Die Luft ist dort extrem trocken
und ermöglicht an mehr als 350 Tagen im Jahr mit die besten
Beobachtungsbedingungen auf der ganzen Erde.
Die Anlage ist auf großflächige Beobachtungen angelegt und besteht aus zwölf
vergleichsweise kleinen Einzelteleskopen, von denen jedes einen Durchmesser von
20 Zentimetern hat. Die Suche nach extrasolaren Planeten, oder Exoplaneten, in
den Tiefen des Alls erfolgt mit der Transitmethode. Dabei wird das Licht der
Sterne mit hochempfindlichen digitalen Sensoren aufgenommen und mit aufwändigen
Analysemethoden nach winzigen sogenannten "Dips" durchforstet. Dips sind
Abschwächungen in der Helligkeit eines Sterns von einem Zehntel bis zu einem
Hundertstel Prozent, die durch einen vorbeiziehenden Planeten hervorgerufen
werden.
NGTS sucht diese Transits der Exoplaneten vollkommen automatisch. Dabei wird
kontinuierlich die Helligkeit von mehreren hunderttausend vergleichsweise hellen
Sternen mit einer Genauigkeit von einer tausendstel Magnitude am Südhimmel
vermessen. "Eine solche Präzision ist uns mit bodengebundenen Instrumenten für
großflächige Himmelsdurchmusterungen zuvor nie gelungen", so Rauer.
Das NGTS wurde von einem Konsortium britischer, schweizerischer und deutscher
Institutionen errichtet. Das DLR war am Aufbau der Teleskopanlage, den
Beobachtungen sowie den Auswertungen der Messdaten maßgeblich beteiligt. Die
gewonnen Daten werden im ESO-Archiv gespeichert und sind von dort für Astronomen
auf der ganzen Welt zugänglich. Im NGTS-Konsortium arbeiten Experten aus der
University of Warwick, der Queen’s University of Belfast, der
University of Leicester, der University of Cambridge, der
Universität Genf und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in
Berlin zusammen.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in der
Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
|