AstroAlex reist mit Zeitkapsel zur ISS
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
7. August 2017
Im kommenden Jahr wird der deutsche ESA-Astronaut Alexander
Gerst zum zweiten Mal auf die Internationale Raumstation ISS fliegen und für
einige Zeit sogar das Kommando über die Station übernehmen. Im Gepäck hat er
dabei eine Zeitkapsel mit Fotos, Grußbotschaften und Wünschen der Deutschen. Sie
soll genau 50 Jahre nach seinem Start zur ISS wieder geöffnet werden.
Gefüllt mit Fotos, Botschaften und Objekten,
die für die vier Forschungsbereiche des DLR
stehen, reist diese Zeitkapsel zur ISS und
zurück. Erst in 50 Jahren wird sie im Haus der
Geschichte in Bonn wieder geöffnet.
Bild: DLR (CC-BY 3.0) [Großansicht] |
Als 1977 die beiden Voyager-Raumsonden starteten, um das äußere
Sonnensystem zu erforschen, flog auch die "Golden Record" mit - eine Datenplatte
mit Fotos, Audios und Musikstücken. Sollten Außerirdische existieren und auf die
"Golden Record" stoßen, würden sie so erfahren, wie das Leben und die Kultur auf
der Erde sind.
Die Zeitkapsel des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) legt zwar
einen nicht ganz so weiten Weg zurück, doch auch sie enthält Grußbotschaften -
und zwar an die Menschen in 50 Jahren: Sie wird mit dem deutschen
ESA-Astronauten Alexander Gerst auf der Internationalen Raumstation ISS um die
Erde kreisen - gefüllt unter anderem mit Wünschen, die 8000 Schülerinnen und
Schüler in die Zukunft schicken wollen, sowie mit über 2000 Fotos, die den
Alltag im Jahr 2017 zeigen. Erst 50 Jahre nach dem Start wird diese versiegelte
und ins All gereiste Zeitkapsel dann im Haus der Geschichte in Bonn geöffnet.
Für die Voyager-Mission suchte ein Team aus Experten aus, welche
Motive in den Weltraum fliegen sollten. Für die Zeitkapsel rief das DLR über die
Sozialen Medien hingegen alle auf, ihr "Alltagsleben" zu dokumentieren. Das
Ergebnis: Die Deutschen lieben ihre Haustiere - Fotos vom verstorbenen Kater
Peppi, Hund Rocky beim Sonnen oder auch Zwerghamster Mephi wurden ans DLR
geschickt und werden im Dateiformat mit der Zeitkapsel in die Schwerelosigkeit
reisen. Viele machten sich Gedanken, wie die Welt in 50 Jahren sein könnte: Gibt
es dann noch den Leuchtturm am Küstenrand oder haben Wind und Meer ihn
verschwinden lassen? Wird es noch Bienen geben und sind die Gletscher dann
längst geschmolzen? Die dazugehörigen Fotos kommen mit auf den Datenträger.
Viele reichten Motive ein, bei denen man sicher gehen kann - das gehört in fünf
Jahrzehnten zum alten Eisen: ein Süßigkeiten-Automat, eine Litfaß-Säule und der
Briefmarkenautomat.
Die Zeitkapsel wird auch einigen "Passagieren" Platz bieten - beispielsweise
zwei "hochbetagte Tanten, 92 und 82 Jahre alt", die laut Twitter-Nachricht ins
All möchten und auf dem Foto startbereit posieren. Auch Marie-Luise Marjan -
oder besser gesagt "Mutter Beimer" aus der Lindenstraße - wurde fotografisch für
den Flug ins All vom TV-Team beigesteuert. Hände, die in die Zukunft winken, ein
Blick in einen Waschsalon, eine Intensivstation im Krankenhaus, ein fahrender
Zug, der Inhalt eines Kühlfachs oder auch einfach ein inniges Familienfoto sind
zudem dabei, wenn die Zeitkapsel im Jahr 2068 geöffnet wird. Die Menschen werden
dann auch erfahren, dass man 50 Jahre zuvor bei Konzerten von Iggy Pop oder
Depeche Mode gefeiert hat.
Von den rund 8000 Schülerinnen und Schüler stammen etliche Wünsche für die
Zukunft: Von Schülern aus Hennef kommt die Vision, "dass jeder einen Roboter
hat, der uns bedient und für uns sorgt. Die Roboter werden alles für uns
machen." Ein anderes Team namens "Die coolen Jungs der Moderne" wünscht sich,
"dass alle Kinder auf der Welt genügend zu essen haben und dass es keinen Krieg
gibt. Und dass die Schule nur noch vier Stunden dauert. Das wäre gut."
Eine Mädchen-Gruppe aus Berlin stellt einen Katalog von Forderungen für die
Zukunft auf, in dem sich unter anderem folgende Punkte finden: "Bessere
Versorgung der armen Länder. Illegalen Tierhandel stoppen. Frauen und Kinder
sollen mehr Rechte haben. Mehr Bildung." Außerdem wollen sie "mit Jetpacks zur
Schule fliegen können". Auch bei Team Humanity ist der Name Programm: Die
Schülerinnen machen sich für Toleranz, Respekt und Menschenrechte stark. Für die
Jüngsten hatten sich stellvertretend Erzieherinnen einer Kindertagesstätte aus
Kerpen gemeldet: Gemeinsam mit den Kindern hatten auch sie sich Gedanken
gemacht, wie die Welt in 50 Jahren aussehen könnte. Sie überlegten, ob der
Himmel noch blau sein wird und ob Menschen dann noch Brokkoli essen.
Alle diese Beiträge werden als Daten zur ISS und wieder zurück fliegen -
untergebracht auf einem speziellen Datenträger, einer M-Disc im Blu Ray-Format,
auf dem die Informationen auch noch in 50 Jahren ausgelesen werden können. So
wie die "Golden Record" der Voyager-Mission mit einer kleinen
Gebrauchsanweisung für die Aliens ins All geschickt wurde, geht auch das DLR
sicher, dass 2068 der nostalgische Gruß gelesen werden kann. "Das Haus der
Geschichte erhält ein Duplikat des Datenträgers, der mit Alexander Gerst reist,
und ein heutiges Abspielgerät", erklärt Dr. Volker Kratzenberg-Annies,
Vorstandsbeauftragter des DLR für Nachwuchsförderung.
Neben der M-Disc fliegen aber noch weitere Gegenstände in der Kapsel mit
einem Durchmesser von zwölf Zentimetern in die Schwerelosigkeit: Ein
Mini-Papierflieger mit einer Spannweite von nur einem Zentimeter steht für die
Luftfahrtforschung des DLR. Die Raumfahrt wird durch mehrere Meteoritenstückchen
von verschiedenen Himmelskörpern repräsentiert. Für den Bereich der
Verkehrsforschung kommt ein kleines Spielzeug-Auto, für die Energieforschung
eine von Schülern gefertigte "Mini-Sonnenuhr" in die Zeitkapsel.
Geöffnet werden die Grüße aus der Vergangenheit dann exakt ein halbes
Jahrhundert nach dem Raketenstart, der Astronaut Alexander Gerst zu seiner
Mission auf die ISS bringt. Die Kapsel reist also nicht nur durch den Raum,
sondern auch durch die vierte Dimension - die Zeit. "Uns freut sehr, dass die
Aktion bei Schülern und Erwachsenen zum Nachdenken über die Zukunft angeregt hat
- und damit auch zu Überlegungen, was es zu bewahren und was es zu verändern
gilt", sagt Volker Kratzenberg-Annies. "Vielleicht sind an dem Tag, an dem die
Zeitkapsel des DLR feierlich geöffnet wird, auch einige Damen und Herren dabei,
die als Kinder an der Aktion teilgenommen und ihre Zukunftswünsche eingereicht
haben."
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