Noch schärferer Blick ins All
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
3. August 2017
Dank einer deutlichen Verbesserung an der adaptiven Optik
des Very Large Telescope der ESO haben Astronomen nun mit dem
Instrument MUSE Aufnahmen mit bislang unerreichter Schärfe von fernen Galaxien
und Nebeln gewonnen. Das neue System soll auch helfen, lichtschwache
Galaxien im jungen Universum sichtbar zu machen.
Der Planetarische Nebel NGC 6369 im
Sternbild Schlangenträger, beobachtet unter
normalen Bedingungen (links) und mit der
adaptiven Optik (rechts), welche die
atmosphärischen Turbulenzen in Bodennähe
kompensiert.
Bild: ESO/P. Weilbacher (AIP) [Großansicht] |
Die neue von der ESO entwickelte adaptive Optik wurde nun erstmals mit dem
MUSE-Instrument erprobt. Der Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE)
ist selbst schon ein komplexer 3D-Spekrograph und kann Tausende von Spektren
ganzer Regionen des Weltraums aufzeichnen und daraus Bilder rekonstruieren. An
der Entwicklung von MUSE und der jetzt erfolgten Inbetriebnahme der adaptiven
Optik waren maßgeblich auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) beteiligt. Die Gesamtleitung des
Projekts liegt beim Observatoire de Lyon (CRAL) und der ESO.
"Normalerweise sind astronomische Aufnahmen mit Teleskopen auf der Erde immer
leicht unscharf, da Turbulenzen in der Luft das Bild verzerren", erläutert
Andreas Kelz, der lokale Projektleiter am AIP. "Mit der adaptiven Optik kann man
nunmehr die Luftunruhe kompensieren, sozusagen das Funkeln der Sterne
ausschalten. Damit wird die Abbildung schärfer und es lassen sich mehr
Einzelheiten erkennen."
Peter Weilbacher, welcher als Wissenschaftler an den ersten Beobachtungen mit
MUSE und der adaptiven Optik beteiligt war, ist beeindruckt von den Ergebnissen:
"Wir haben verschiedene Objekte am südlichen Sternenhimmel beobachtet und die
Verbesserungen der Bildschärfe sind spektakulär. Um den Planetarischen Nebel IC
4406 im Sternbild Lupus konnten nun Schalenstrukturen beobachtet werden, welche
vorher nicht sichtbar waren."
Was so einfach klingt, beruht auf äußerst fortschrittlicher Technologie, die
in dieser Form zum ersten Mal an einem Teleskop in die Praxis umgesetzt wurde.
Die adaptive Optik an dem ESO-Teleskop besteht aus drei Systemen: Vier
Hochleistungslaser bestrahlen Schichten der Erdatmosphäre in 80 Kilometern Höhe,
regen die dortigen Atome zum Leuchten an und projizieren so "künstliche Sterne"
in den Nachthimmel. Sensoren in dem Modul GALACSI (Ground Atmospheric Layer
Adaptive Corrector for Spectroscopic Imaging) nutzen diese künstlichen
Lasersterne, um die atmosphärischen Störungen zu vermessen.
Diese errechneten Korrekturen werden schließlich zu einem ein Meter großen
deformierbaren Spiegel am Teleskop geschickt. Dessen Krümmung wird mehrere
hundert Male in der Sekunde leicht verformt und stabilisiert so das Bild. Die
Korrekturen liefern zwei wesentliche Vorteile für die astronomischen
Beobachtungen: Mit der zunehmenden Bildschärfe werden ausgedehnte Strukturen
viel detailreicher abgebildet. Überdies lassen sich sehr lichtschwache kosmische
Objekte so überhaupt erst erkennen.
"Eines unserer zentralen wissenschaftlichen Projekte ist die Beobachtung
ferner Galaxien, die ihr Licht vor über zehn Milliarden Jahren aussandten. Diese
Galaxien erscheinen so klein und lichtschwach am Himmel, dass stundenlange
Belichtungszeiten unter stabilen Bedingungen nötig sind. Mit der adaptiven Optik
kann dies jetzt sehr viel besser erreicht werden," sagt Lutz Wisotzki,
Programmwissenschaftler von MUSE am AIP.
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