Blick in die turbulente Atmosphäre
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Köln astronews.com
28. Juli 2017
Der Blick auf die Oberfläche unseres Nachbarplaneten Venus
ist durch eine dichte Atmosphäre verborgen. Und genau in dieser Atmosphäre
spielen sich erstaunliche Dinge ab: Die oberen Schichten bewegen sich nämlich
deutlich schneller um den Planeten, als sich die Venus um die eigene Achse
dreht. Mit Daten der Sonde Venus Express versuchen Forscher den Grund
für diese Superrotation zu finden.
Falschfarbenaufnahme der Venus-Atmosphäre,
aufgenommen von der ESA-Sonde Venus Express.
Bild: ESA / MPS / DLR / IDA [Großansicht] |
Die Venus wird oft als der Zwillingsplanet der Erde bezeichnet, da
beide über eine ähnliche Größe, Oberflächenbeschaffenheit und ein komplexes
Wettersystem verfügen. Mehr haben die beiden Planeten aber nicht gemeinsam: Die
Venus ist einer der lebensfeindlichsten Orte in unserem Sonnensystem. Dies liegt
vor allem an ihrer Atmosphäre, die zu 96,5 Prozent aus Kohlendioxid besteht und
der Oberflächentemperatur von konstant ca. 500 Grad Celsius.
Die Venus benötigt ungefähr 243 Erdtage, um sich einmal um sich selbst zu
drehen. Ihre Atmosphäre sollte sich im gleichen Rhythmus drehen, aber ihre
oberen Schichten rotieren in nur vier Erdtagen um die Venus. Dieses Phänomen
wird als Superrotation bezeichnet und sorgt für erhebliche Turbulenzen in der
Atmosphäre des Planeten. Ursache und Antrieb der Superrotation sind noch
weitgehend unbekannt. Atmosphärische Wellen, die durch Temperaturschwankungen
beobachtet werden, scheinen dabei aber eine wichtige Rolle zu spielen.
Um hinter das Geheimnis der Venus-Atmosphäre zu kommen, hat ein
internationales Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der
Leitung des Institute of Space and Astronautical Science der Japan Aerospace
Exploration Agency Daten der Raumsonde Venus Express ausgewertet. Aus
Deutschland waren das Rheinische Institut für Umweltforschung der Universität
Köln und das Zentrum für Astronomie und Astrophysik der Technischen Universität
Berlin beteiligt.
Die Daten von Venus Express geben Aufschluss über die komplexe Atmosphäre der
Venus. Deren Temperaturstrukturen wurden von den Forschern im Hinblick auf
horizontale und vertikale atmosphärische Wellen untersucht. Die Daten beruhen
auf individuellen Infrarotstrahlungsmessungen bei 3,8 und 5,0 Mikrometer, die in
den Jahren 2006–2008 und 2015 gewonnen wurden. Eine wichtige Rolle spielten auch
Daten des Experiments VeRa, bei dem Radiowellen ausgewertet wurden, die die
Raumsonde Venus Express zur Erde funkte. Sie halfen, die beobachteten Wellen als
Schwerewellen zu identifizieren.
"Die so gefundenen stationären Schwerewellen treten vermehrt über erhöhtem
Gelände auf, was nahelegt, dass diese Wellen durch die Strömung des Windes über
topographische Hindernisse entstanden sind", so Dr. Silvia Tellmann,
Vize-Direktorin der Abteilung Planetenforschung am Rheinischen Institut für
Umweltforschung an der Universität Köln. "Wir vermuten, dass sie einen wichtigen
Beitrag zur Aufrechterhaltung der Superrotation der Venusatmosphäre liefern."
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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