500 Terabyte in einem Bild
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
26. Januar 2017
Die europäischen Sentinel-Satelliten werden in den
nächsten Jahren täglich gewaltige Datenmengen zur Erde funken. Um daraus für den
Anwender handhabbare Produkte zu erstellen, sind ganz neue Auswerteverfahren
nötig. Genau diese wurden jetzt vom Earth Observation Center des DLR
entwickelt und mithilfe von LandSat-Daten getestet.
Der globale TimeScan-Landsat-2015-Datensatz,
dargestellt als Falschfarbenkomposit aus
temporalem Mittelwert des Bebauungsindex in rot,
des Vegetationsindex in grün und des Wasserindex
in blau.
Bild: DLR[Großansicht] |
Bis Ende 2017 werden die Satellitenmissionen Sentinel-1, -2
und -3 des europäischen Copernicus-Programms ein tägliches
Datenvolumen von mehr als 20 Terabyte generieren. Angesichts dieser Datenmengen
sind neue Auswertungsverfahren erforderlich. Deshalb haben Wissenschaftler am
Earth Observation Center (EOC) des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen den TimeScan-Prozessor entwickelt und
erfolgreich getestet.
Mithilfe der neuen Anwendung wird aus einer Vielzahl von Satellitenaufnahmen,
die über einen längeren Zeitraum aufgenommen wurden, ein einziges
Informationsprodukt herausgearbeitet. Für den Test wurden über 450.000 Aufnahmen
des amerikanischen Landsat-Satelliten aus dem Zeitraum 2013 bis 2015 verarbeitet
und jetzt als "TimeScan-Landsat-2015"-Produkt veröffentlicht.
Das "TimeScan-Landsat-2015"-Produkt ist ein bislang einzigartiger globaler
Datensatz, der in kompakter Form Informationen über die Beschaffenheit der
Landoberfläche liefert. Die rund 500 Terabyte an Einzelaufnahmen wurden auf ein
Zwanzigstel der ursprünglichen Größe komprimiert und können nun in Form eines
globalen, wolkenfreien Datensatzes dargestellt werden. Die Entwicklung soll
Wissenschaftler und Entscheidungsträger in Planungs- und Umweltbehörden
unterstützen und unter anderem zu einem besseren Verständnis des weltweiten
Phänomens der Urbanisierung beitragen.
Sobald umfassende globale Zeitserien an Sentinel-Daten vorliegen
sollen diese auch als TimeScan-Datensätze verfügbar gemacht werden.
Diese bieten auch außerhalb des urbanen Kontexts ein großes Potenzial für ein
breites Anwendungsspektrum, zum Beispiel für Forschungsfragen des globalen
Wandels mit Bezug auf Landbedeckungs- und Landnutzungskartierungen,
Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Überwachung von Polar- und Küstenregionen,
Risikomanagement, Katastrophenvorsorge oder Ressourcenmanagement.
Das gesamte Verfahren ist für enorme Datenmassen ausgelegt und soll
Endnutzern ermöglichen, die Informationen aus solchen – bislang für sie nicht
handhabbaren – Datenmengen zu erschließen. Anders als bisher werden die
verwendeten Satellitenaufnahmen daher nicht mehr zu den Endnutzern transferiert,
sondern zunächst auf großen Rechenclustern verarbeitet, idealerweise unmittelbar
dort, wo die Daten von den Satelliten empfangen werden.
Dadurch entfällt die Verteilung immenser Datenmengen an eine Vielzahl
einzelner Nutzer, die für ihre weiterführenden Auswertungen zudem keine eigene
Hochleistungsrechnerinfrastruktur haben müssen. Vielmehr wird nur das Endprodukt
der TimeScan-Verarbeitung an den Endnutzer geliefert und dessen Größe
nimmt lediglich einen Bruchteil des ursprünglichen Eingangsvolumens an Daten
ein.
Bei dem "TimeScan-Landsat-2015"-Produkt handelt es sich nicht, wie bei
anderen globalen Satellitenbildern üblich, um ein einfaches Bildmosaik.
Stattdessen wurden von den multispektralen Landsat-Aufnahmen spezielle
Parameter zu Vegetation, Gewässern oder Besiedlung abgeleitet und deren
zeitliche Charakteristik in Form von Minimum, Maximum und Mittelwert statistisch
beschrieben. "Die Landsat-Mission hat in den letzten vier Jahrzenten
über vier Millionen Bilder aufgenommen und eignet sich daher ideal, um die
Verarbeitung von Massendaten, wie sie die Sentinel-Missionen in den
kommenden Jahren liefern wird, mit dem TimeScan-Prozessor zu testen.",
erläutert Projektleiter Dr. Thomas Esch.
Um das Verfahren zu testen, wurde der TimeScan-Prozessor auf das
Super-Computing-Center IT4Innovations in Ostrava-Poruba in Tschechien
transferiert. "Unser globaler Datensatz hat eine räumliche Auflösung von 30
Metern pro Bildpunkt. Dafür mussten wir insgesamt mehr als 1,5 Petabyte (1
Petabyte sind 1015 Byte) an Daten verarbeiten. Ein leistungsfähiger
Computer mit exzellenter Netzanbindung wie der IT4Innovations war dafür
unabdingbar", so Esch.
Mithilfe des Endprodukts können beispielsweise global bebaute Flächen in
einer bisher unerreichten Genauigkeit automatisiert kartiert werden. Dafür wird
der Datensatz zusammen mit einem komplementären Produkt ausgewertet, das auf
Basis von Sentinel-1-Radaraufnahmen gerechnet wurde. Darüber hinaus
werden mit seiner Hilfe weltweit Bebauungsdichten und Grünflächenanteile
innerhalb von Siedlungsgebieten abgeleitet.
Das "TimeScan-Landsat-2015"-Produkt ist auf der vom EOC koordinierten "Urban
Thematic Exploitation Platform" (U-TEP) verfügbar und kann in naher Zukunft von
jedem über den U-TEP Geobrowser eingesehen werden. U-TEP ist eine von sechs
"Earth Observation Exploitation"-Plattformen. Die Initiative wurde 2014 von der
ESA ins Leben gerufen, um in Vorbereitung auf die europäischen Sentinel-Missionen
neue Techniken zur Informationsgewinnung aus Erdbeobachtungsdaten zu entwickeln.
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