Bosonen-Messung bestätigt Standardmodell
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
15. Dezember 2016
Lange Zeit war die präzise Masse des W-Bosons nicht bekannt.
Nun haben Wissenschaftler des ATLAS-Experiments am Large Hadron Collider
des Forschungszentrums CERN die Ergebnisse ihrer präzisen Messungen vorgestellt.
Sie passen hervorragend zum bisherigen Standardmodell der Physiker. Manche
Forscher hätten eine kleine Abweichung spannender gefunden.

ATLAS ist eines von vier Experimenten am
Large Hadron Collider des Genfer CERN.
Bild: Claudia Marcelloni / CERN
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Es ist ein großer Erfolg und eine kleine Enttäuschung zugleich: Nach
fünfjähriger Arbeit konnten Physiker am Forschungszentrum CERN am Dienstag dem
internationalen Fachpublikum eine Hochpräzisionsmessung der Masse des W-Bosons
vorstellen. Lange Zeit ging die Fachgemeinschaft davon aus, dass solche
Messungen am Large Hadron Collider (LHC), dem großen
Teilchenbeschleuniger des CERN, nur sehr schwer möglich sein würden. Der Erfolg
dieser hochgenauen Messung wird nur durch den kleinen Wermutstropfen getrübt,
dass das Ergebnis bisher keinen Hinweis auf eine neue Physik liefert, die über
das Standardmodell der Teilchenphysik hinausgeht.
Das W-Boson ist ein Elementarteilchen, das 1983 am CERN entdeckt wurde und das
für die Vermittlung der sogenannten schwachen Wechselwirkung verantwortlich ist.
Durch die genaue Bestimmung seiner Masse sind indirekte Rückschlüsse auf die
Eigenschaften des Higgs-Bosons möglich, das 2012 ebenfalls am CERN entdeckt
wurde. Das Higgs-Teilchen galt als das letzte fehlende Puzzlestück im Zoo der
Elementarteilchen nach dem derzeit geltenden Standardmodell.
Würde die Masse des W-Bosons signifikant von den vorhergesagten Werten
abweichen, würde dieses Modell entscheidend in Frage gestellt und die
Wissenschaftler erhielten Hinweise auf noch unbekannte Physik. Die nun
vorgestellte Messung erreicht eine Präzision von 0,2 Prozent und zählt damit zu
den genausten Einzelmessungen, die jemals erzielt wurden. Die Messung wurde von
der ATLAS-Kollaboration veröffentlicht, einem Zusammenschluss von mehr als 3000
Wissenschaftlern aus der ganzen Welt, die den ATLAS-Detektor am LHC konstruiert
haben und seit 2008 betreiben. Lediglich eine Messung am Tevatron-Beschleuniger
in der USA erreicht eine ähnliche Genauigkeit.
"Nach vielen Jahren Arbeit und vielen unerwarteten Problemen sind wir nun alle
sehr stolz auf dieses Ergebnis. Bei einer solchen Messung muss man auf die
Expertise und die Zusammenarbeit der gesamten Kollaboration vertrauen können",
sagt Prof. Dr. Matthias Schott von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
(JGU) zu den Ergebnissen. Der Teilchenphysiker war mit seiner Arbeitsgruppe
wesentlich an der Messung beteiligt.
Die Messung gilt als eine der komplexesten Studien am Large Hadron Collider,
dem weltweit größten Teilchenbeschleuniger. Hierzu wurden zwei Teilchenstrahlen
mit Protonen bei 7 Teraelektronenvolt (TeV) zur Kollision gebracht. Zum einen
muss für die Messung der 45 Meter lange und 22 Meter hohe ATLAS-Detektor auf
wenige tausendstel Millimeter genau geeicht werden. Zum anderen müssen die
Physiker die innere Struktur der kollidierenden Protonen und die Mechanismen,
die zur Entstehung von W-Bosonen führen, sehr gut theoretisch und experimentell
verstehen, um die geplante Genauigkeit der Massenmessung erreichen zu können.
"Die von uns gemessene Masse des W-Bosons bestätigt die Konsistenz des
Standardmodells der Teilchenphysik. Vielleicht hätten wir uns aber noch viel
mehr gefreut, wenn wir eine Abweichung entdeckt hätten und so Anzeichen für
etwas Neues hätten finden können", merkt Schott an. "Allerdings haben wir in den
letzten Jahren nur die Kollisionen aus dem Jahr 2011 analysiert und so bin ich
optimistisch, dass wir die Genauigkeit noch erheblich verbessern können.
Immerhin haben wir inzwischen schon mehr als zehn Mal so viele Daten von
W-Boson-Ereignissen aufgezeichnet."
Vielleicht treten dann in Zukunft noch ganz neue Erkenntnisse zutage, die neue
Hinweise zum Verständnis des Universums beitragen.
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