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STERNE
Das Geheimnis des Stachelrochen-Nebels
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Tübingen
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14. September 2016

SAO 244567 hat die Astronomen lange Zeit vor ein Rätsel gestellt: Der Stern zeigte einen dramatischen Anstieg seiner Temperatur, den man sich in dieser Form jedoch nicht wirklich erklären konnte. Neue Beobachtungen ergaben nun, dass es sich offenbar um eine Art wiedergeborenen Stern handelt. Erstmals konnte diese Phase im Leben eines Sterns in Echtzeit beobachtet werden.

Stingray-Nebel

Der Stingray-Nebel in einer Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble.  Bild: ESA/Hubble & NASA [Gesamtansicht]

Einem internationalen Team von Astronomen ist es mithilfe von Daten des Hubble-Weltraumteleskops gelungen, eine bisher nicht beobachtete Sternentwicklung in Echtzeit zu studieren. Frühere Beobachtungen des Sterns mit dem Namen SAO 244567 ließen einen dramatischen Anstieg seiner Temperatur erkennen. Neueste Daten belegen nun, dass sich der Stern in den vergangenen Jahrzehnten deutlich abgekühlt haben muss und damit in eine frühere Lebensphase praktisch wiedergeboren wurde. SAO 244567 ist bisher der einzige wiedergeborene Stern, der sowohl während der Aufheizungs- als auch der Abkühlungsphase beobachtet wurde.

Obwohl sich das Universum ständig verändert, laufen die meisten Prozesse viel zu langsam ab, als dass man sie während eines Menschenlebens beobachten könnte. "SAO 244567 bildet eine Ausnahme. Er ist eines der seltenen Beispiele von Sternen, die es uns erlauben, die Sternentwicklung in Echtzeit mitzuerleben", erklärt Nicole Reindl, die inzwischen an der University of Leicester forscht, die Arbeiten aber während ihrer Promotion an der Universität Tübingen begonnen hat.

Zwischen 1971 und 1990 hatte sich die Temperatur des Sterns verdoppelt, so Reindl. Der Stern sei dabei sogar so heiß geworden, dass es möglich gewesen sei zuzusehen, wie er seine früher abgestoßene Hülle ionisiert habe. Dieser leuchtende Nebel ist seitdem aufgrund seiner Form als Stingray-Nebel bekannt – Stingray ist das englische Wort für Stachelrochen.

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Beobachtungen von SAO 244567 wurden über die vergangenen 45 Jahre aufgenommen. Während ihrer Doktorarbeit in Tübingen, die von der Astronomischen Gesellschaft als die beste 2015 im deutschsprachigen Raum erschienene Doktorarbeit ausgezeichnet wurde, analysierte Reindl sämtliche Beobachtungen von SAO 244567, die über die letzten Jahrzehnte aufgenommen wurden. Sie fand dabei heraus, dass der Stern 2002 seine Höchsttemperatur von etwa 60.000 Grad Celsius erreicht haben muss, das waren 40.000 Grad mehr als noch 30 Jahre zuvor.

"Der rasche Anstieg der Temperatur hätte sich leicht erklären lassen, wenn SAO 244567 anfangs die drei- oder vierfache Masse unserer Sonne gehabt hätte", sagt Reindl. "Jedoch deuten sowohl die relativ hohe Oberflächenschwerebeschleunigung als auch die chemische Zusammensetzung des Sterns klar auf eine Anfangsmasse von nur etwa einer Sonnenmasse hin." Sterne mit solch geringer Masse entwickelten sich normalerweise jedoch auf sehr viel längeren Zeitskalen, weshalb Astronomen die schnelle Aufheizung von SAO 244567 für Jahrzehnte ein Rätsel blieb.

2014 schlugen Reindl und ihr Team eine Theorie vor, die zugleich die schnelle Entwicklung wie auch die geringe Masse des Sterns erklären könnte. Sie spekulierten damals, dass ein sogenannter später thermischer Puls - eine erneute Zündung der Heliumschale, die sich außerhalb des Sternenkerns befindet - die rasche Erhitzung verursacht hat. Nachdem ein Stern seinen nuklearen Brennstoff im Zentrum verbraucht hat, setzen sich die Fusionsprozesse in Schalen um den Zentralbereich fort. Dabei wird beispielsweise auch Helium fusioniert.

Dieses von Reindl vorgeschlagene Szenario machte klare Vorhersagen über die weitere Entwicklung des Sterns: Wäre diese Heliumfusion wirklich vor Kurzem entfacht worden, dann würde dies den Stern dazu bringen, sich wieder abzukühlen und zu expandieren. Er würde sozusagen in eine frühere Lebensphase wiedergeboren. Falls nicht, hätte sich der Stern weiter aufheizen und kontrahieren müssen, bis schließlich seine nuklearen Brennvorräte aufgebraucht gewesen wären. In diesem Fall hätte er als Weißer Zwerg geendet.

Um ihre Theorie über den späten thermischen Puls zu belegen, nahm Reindl neue Daten mit dem Cosmic Origins Spektrograph (COS) an Bord des Hubble-Weltraumteleskops auf. Die Analyse dieser Spektren erfolgte mit einem Tübinger Computer-Programm, das über Jahrzehnte entwickelt wurde und Modelle von Sternatmosphären berechnet. Es ermöglichte, die Eigenschaften heißer Sterne genau zu bestimmen.

Die Ergebnisse dieser Analyse bestätigte nun das in der Theorie vorhergesagte Entwicklungsszenario: Die Temperatur von SAO 244567 hat deutlich abgenommen, und der Stern hat sich ausgedehnt. "Der Zentralstern des Stingray-Nebels ist nicht das einzige Beispiel für einen sich schnell entwickelnden, wiedergeborenen Stern. Jedoch ist es das erste Mal, dass ein solcher Stern in dieser speziellen Phase beobachtet wurde", erläutert die Astronomin.

Allerdings ließen sich mit den bisherigen Rechnungen zur Sternentwicklung noch nicht alle Aspekte des Verhaltens von SAO 244567 erklären. Reindl stellt klar: "Wir brauchen verbesserte Rechnungen, um die genaue Natur von SAO 244567 zu entschlüsseln. Darüber könnten wir nicht nur mehr über diesen Stern erfahren, sondern generell über die Entwicklung von Zentralsternen Planetarischer Nebel."

Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Artikel, der in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erschienen ist. 

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siehe auch
Sterne: Der bislang heißeste Weiße Zwerg - 23. November 2013
FUSE: Heißester Weißer Zwerg entdeckt - 12. Dezember 2008
Sterne: Das Geheimnis der wasserstofflosen Zwerge - 11. September 2007
Elemententstehung: Fluor in massearmen Stern entdeckt - 28. April 2005
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