Mr. Hubble Deep Field geehrt
von Stefan Deiters astronews.com
13. September 2016
Die deutschsprachigen Astronomen treffen sich in
dieser Woche in Bochum zu ihrer jährlichen Herbsttagung. Am ersten Tag standen traditionell
Preisverleihungen auf dem Programm: Die renommierte Karl-Schwarzschild-Medaille
ging an Prof. Dr. Robert Williams, den früheren Direktor des Space Telescope
Science Institute. Er war der Initiator des berühmten Hubble Deep Field.
Prof. Robert
Williams und das Hubble Deep Field.
Bild/Foto: R. Williams und das Hubble Deep
Field Team (STScI) und NASA / R. Williams [Großansicht] |
Über 300 Astronomen aus dem In- und Ausland treffen sich in dieser Woche in
Bochum zur 89. Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft (AG). Das jeweilige
Motto dieser kurz als "AG-Tagung" bezeichneten Treffen ist in der Regel so
gewählt, dass sich damit praktisch alle relevanten astronomischen
Forschungsbereiche irgendwie unterbringen lassen und es gleichzeitig auch die
Forschungsschwerpunkte des gastgebenden Instituts widerspiegelt. In diesem Jahr
lautet es "The Many Facets of Astrophysics - Photons, Particles, and Spacetime ".
Grund dafür, dass die Astronomische Gesellschaft ihre diesjährige Herbsttagung nach Bochum
gelegt hat, ist der 50. Geburtstag des dortigen astronomischen Instituts der
Ruhr-Universität.
Traditionell beginnen die Tagungen der AG mit der Verleihung der höchsten
Auszeichnung, die die Astronomie im deutschsprachigen Raum zu vergeben hat: der
Karl-Schwarzschild-Medaille. Der Preisträger in diesem Jahr ist Prof. Robert
Williams, der frühere Direktor des Space Telescope Science Instituts. Als
Direktor des Instituts konnte er über einen kleinen Teil der Beobachtungszeit
des Weltraumteleskops Hubble frei verfügen und entschied, damit etwas zu machen,
was man sich wohl nur als Direktor erlauben konnte: Er ließ Hubble über 140
Stunden lang eine scheinbar völlig uninteressante, nahezu leere Stelle des
Himmels mit verschiedenen Filtern beobachten. Aus den Daten wurde eine Aufnahme
zusammengestellt, die inzwischen als Hubble Deep Field berühmt wurde - auf ihr
waren unzählige, bislang noch nie gesehene Galaxien zu erkennen.
"Mit den Daten des Hubble Deep Field lieferte Robert Williams für zahlreiche
Astronomen und Kosmologen weltweit eine einzigartige, fantastische Stichprobe,
um die Entwicklung von Galaxien über riesige Zeiträume zu studieren und
theoretische Modelle und Vorhersagen zu überprüfen", sagt Prof. Dr. Matthias
Steinmetz, der Präsident der Astronomischen Gesellschaft, der sich auch selbst
mit der Galaxienentwicklung befasst.
Williams plädierte in seiner der Verleihung folgenden
Karl-Schwarzschild-Vorlesung dafür, dass bei jedem Beobachtungsinstrument ein
gewisser Teil der Beobachtungszeit dem Direktor frei zur Verfügung stehen sollte.
Gremien, die Beobachtungszeit entsprechend der eingereichten Anträge verteilen,
würden in der Regel sehr vorsichtig sein und immer die Vorschläge auswählen, die
bei geringem Risiko den größten wissenschaftlichen Ertrag versprechen. Dabei sei
es wichtig, manchmal auch ein Risiko einzugehen, denn dabei würden oft die
größten Entdeckungen gemacht - wie ja auch das
Beispiel des Hubble Deep Field zeigt.
Ein Schwerpunkt der Tagungen der Astronomischen Gesellschaft ist traditionell
die Förderung der jungen Astronomengeneration, so dass am Dienstagmorgen auch
mehrere Preise an junge Wissenschaftler verliehen wurden. Der
Ludwig-Biermann-Förderpreis für herausragende Nachwuchsforscher ging an Dr.
Karin Lind vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg für ihre
herausragenden Leistungen im Bereich der theoretischen Modellierung
astronomischer Spektren. Mit dem Doktorandenpreis für die beste Promotion wurde
Dr. Nicole Reindl von der Universität Leicester ausgezeichnet, die ihre Arbeit
bis 2015 am Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen
verfasst hat.
Der Sonderpreis für den besten astronomischen Beitrag des Wettbewerbs "Jugend
forscht" ging Tuan Tung Nguyen vom innerstädtischen Gymnasium in Rostock für
sein Projekt "Auf der Suche nach Leben im All". Weiterhin ehrte die AG Dr.
Michael Geffert vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn mit
dem Hans-Ludwig-Neumann-Preis für sein hervorragendes Engagement im Bereich der
wissenschaftlichen Didaktik.
Nach dem ersten Vormittag mit den Preisverleihungen sind die kommenden Tage
geprägt von Vorträgen zu aktuellen Themen. Ein Höhepunkt wird dabei morgen die
Präsentation der ersten Daten des Astrometrie-Satelliten Gaia sein. Viele
Mitglieder des Gaia-Teams sind in Bochum vertreten. Auch der öffentliche
Abendvortrag wird sich dem Thema Gaia widmen - er findet am Donnerstag um 20 Uhr
im Planetarium in Bochum statt.
Natürlich gibt es auch in Bochum wieder die sogenannten Splinter-Treffen. Sie
bieten den Rahmen für Vorträge zu
spezielleren Themen. Sie sind vielfach auch ein
Forum für junge Astronomen, die mit ihren Diplom- und Doktorarbeiten zum ersten
Mal vor ein größeres Fachpublikum treten und so Erfahrungen im Präsentieren von
wissenschaftlichen Ergebnissen sammeln können.
Die Astronomische Gesellschaft wurde 1863 in Heidelberg gegründet und war bis
nach dem Ersten Weltkrieg die einzige größere internationale astronomische
Vereinigung. Diese Rolle übernahm später die Internationale Astronomische
Union (IAU). Heute ist die AG ein Zusammenschluss von Astronomen aus den
deutschsprachigen Ländern und setzt sich verstärkt für die Förderung jüngerer
Wissenschaftler, für die Vernetzung von Astronomen, die Ausbildung von Lehrern und die Öffentlichkeitsarbeit
ein.
Von der AG-Tagung berichten astronews.com und andere Teilnehmer auch wieder bei Twitter. Der
Hashtag ist #ag2016. astronews.com kann man bei Twitter unter
@astronews folgen. Die
Astronomische Gesellschaft selbst als
@GermanAstroSoc bei Twitter aktiv.
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