Gullies entstanden wohl nicht durch Wasser
von Stefan Deiters astronews.com
1. August 2016
An vielen Stellen des Mars haben Wissenschaftler in den
vergangenen Jahren Rinnen entdeckt, die den Strukturen ähneln, die auf der Erde
an Hängen durch fließendes Wasser entstehen. Deuten also diese sogenannten Gullies auf dem Roten Planeten auch auf fließendes Wasser hin? Nach Auswertung
neuer Daten glauben Forscher: eher nicht.
Typische Gullies auf dem Mars. Offenbar hat
ihre Entstehung aber nichts mit fließendem Wasser
zu tun.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UA / JHUAPL
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Als Gully bezeichnen Wissenschaftler ganz bestimmte Oberflächenstrukturen auf
dem Mars, die man an vielen Stellen an Abhängen entdeckt hat: Es handelt sich um
rinnenförmige Strukturen, an deren unterem Ende sich fächerförmige Ablagerungen
befinden. Sie unterscheiden sich von einer anderen rinnenartigen Struktur, die
sich vor allem dadurch auszeichnet, dass sich ihre Farbe im Laufe der
Jahreszeiten verändert. In diesen manchmal dunklen Streifen wurden tatsächlich
Hinweise gefunden, dass ihre Entstehung mit Wasser in Verbindung stehen könnte.
Bei den Gullies jedoch sah das bislang anders aus und es gab schon verschiedene
alternative Erklärungsmodelle für diese Strukturen, die man aufgrund ihres Aussehens
doch so gerne mit Wasser in Verbindung bringen würde, das hier den Hang
hinunterrauscht. Jetzt haben Wissenschaftler mithilfe von Daten der Sonde Mars Reconnaissance Orbiter nach typischen Mineralen in den Gullies gesucht, die
einen Hinweis auf ihre Entstehung geben könnten.
Die jetzt vorgestellte Studie liefert aber keinerlei Hinweise darauf, dass die
Entstehung der Gullies etwas mit Wasser zu tun gehabt haben könnte. Sie spricht
also vielmehr dafür, dass diese Strukturen etwa durch das Auftauen von gefrorenem
Kohlendioxidfrost entstanden sind. Entsprechende Vermutungen hatte es schon
früher gegeben (astronews.com berichtete).
Es hätte, so Jorge Núñez vom Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory,
Hinweise gegeben, dass sich die Gullies im Laufe der Jahreszeiten verändern.
Viele hätten dabei Kohlendioxidfrost als entscheidenden Mechanismus vermutet.
"Einige Gruppen favorisierten eine Erklärung mit Wasser. Mit Kameras wie HiRISE
an Bord des Mars Reconnaissance Orbiter konnte man nicht das Material in den Gullies bestimmen. Daher haben wir das abbildende Spektrometer CRISM genutzt,
um einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Rätsels zu leisten und nach Mineralen
in den Gullies zu suchen."
"Auf der Erde und auf dem Mars ist bekannt, dass Ton und andere hydratisierte
Minerale auf flüssiges Wasser hindeuten können", so Núñez. "In unserer Studie
fanden wir keine Spuren dieser Stoffe in den meisten untersuchten Gullies. Wo
wir sie gefunden haben, waren sie Teil von älterem erodiertem Gestein und nicht
erst in jüngerer Vergangenheit entstanden. Diese Gullies haben sich in den Boden
gegraben und dabei Ton freigelegt, der vermutlich vor vielen Milliarden Jahren
entstanden ist, als es auf dem Mars noch flüssiges Wasser gab."
Computermodelle haben gezeigt, dass auch Kohlendioxidfrost, der in der
warmen Jahreszeit taut, für Strukturen im Marsboden sorgen kann, die denen von
fließendem Wasser sehr ähnlich sind. Die jetzt vorgestellten Messungen mit
CRISM unterstützen diese theoretischen Überlegungen.
Über ihre Untersuchungen berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Geophysical Research Letters erschienen ist.
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