Weißer Zwerg lässt System pulsieren
von Stefan Deiters astronews.com
28. Juli 2016
Astronomen haben jetzt ein eigentümliches
Doppelsternsystem aus einem Roten Zwergstern und einem Weißen Zwerg entdeckt.
Der Weiße Zwerg überstreicht seinen Begleiter dabei immer wieder mit einem
gebündelten Teilchenstrahl, was für regelmäßige Pulsationen des Gesamtsystems in
einem großen Wellenlängenbereich sorgt.
So stellt sich ein Künstler das System AR
Scorpii vor.
Bild: M. Garlick / University of Warwick /
ESO [Großansicht] |
Das System AR Scorpii befindet sich im Sternbild Skorpion und
ist rund 380 Lichtjahre von der Erde entfernt. Es war einer Gruppe von
Amateurastronomen aus Großbritannien, Belgien und Deutschland im Mai des
vergangenen Jahres aufgefallen, weil es ein sehr eigentümliches Verhalten
zeigte, das zuvor noch bei keinem anderen System beobachtet worden war. Beobachtungen
mit einer ganzen Reihe von Teleskopen, darunter das Very Large Telescope
der ESO und das Weltraumteleskop Hubble, haben nun geholfen, das Rätsel um dieses
mysteriöse System zu lösen.
AR Scorpii besteht danach aus einem Roten Zwergstern mit etwa einem Drittel der
Masse unserer Sonne und einem sich schnell um die eigene Achse drehenden Weißen
Zwerg, der etwa die Größe der Erde hat, aber das 200.000-Fache der Erdmasse. Die
beiden Objekte umkreisen einander alle 3,6 Stunden.
Weiße Zwerge sind Endphasen in der Entwicklung sonnenähnlicher Sterne. Es
handelt sich praktisch um den glühenden Kern einer ausgebrannten Sonne, die
zuvor ihre äußeren Hüllen ins All abgestoßen hat und so für kurze Zeit einen
Planetarischen Nebel entstehen ließ. Auch unsere Sonne wird einmal als
Weißer Zwerg enden, bis dahin sind jedoch noch einige Milliarden Jahre
Zeit.
Ein Doppelsternsystem aus Weißem Zwerg und Rotem Zwergstern wäre noch nicht
wirklich etwas Besonderes. In AC Scorpii aber weist der Weiße Zwerg offenbar ein sehr
starkes Magnetfeld auf und dreht sich mit hoher Geschwindigkeit um die eigene
Achse, so dass Elektronen bis fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt
werden. Diese senden eine enggebündelte Strahlung aus, ähnlich wie ein
Leuchtfeuer, die immer wieder auch den Roten Zwergstern überstreicht. Dadurch
erhöht und verringert sich die Helligkeit des Gesamtsystems mit einer Periode
von 1,97 Minuten. Diese Pulsationen sind sogar im Radiobereich zu beobachten -
eine Premiere bei einem solchen System.
"AR Scorpii wurde vor über 40 Jahren entdeckt, aber seine wahre Natur
offenbarte sich erst, als wir 2015 mit den Beobachtungen begonnen haben", so Tom
Marsh von der University of Warwick in England, der die Untersuchungen leitete.
"Innerhalb weniger Minuten nach Beginn der Beobachtungen war uns klar, dass wir
hier etwas sehr Ungewöhnliches vor uns haben."
Die Eigenschaften des Systems stellen die Astronomen noch immer vor ein
Rätsel: Die Strahlung über einen so großen Frequenzbereich lässt sich durch
Elektronen erklären, die im Magnetfeld des rotierenden Weißen Zwergs
beschleunigt werden. Woher aber die Elektronen stammen, wissen die Forscher noch
nicht - sie könnten sowohl mit dem Weißen Zwerg in Verbindung stehen oder
aber mit seinem kühleren Begleiter.
AR Scorpii wurde erstmals in den 1970er Jahren beobachtet. Lange hatte man
das System irrtümlich als veränderlichen Einzelstern mit einer Periode von 3,6
Stunden klassifiziert. Erst die gemeinsamen Beobachtungen von Amateurastronomen
und professionellen Astronomen brachten jetzt die wahre Natur des Systems ans
Licht. Ein ähnliches Pulsationsverhalten kannte man zuvor nur von
Neutronensternen, die noch deutlich kompakter sind als Weiße Zwerge.
"Wir kennen pulsierende Neutronensterne seit fast 50 Jahren", so Boris
Gänsicke von der University of Warwick. "Einige Theorien hatten auch
vorhergesagt, dass Weiße Zwergsterne ein ähnliches Verhalten zeigen können. Es
ist toll, dass wir nun so ein System entdeckt haben und es ist ein
hervorragendes Beispiel für die Zusammenarbeit von Amateuren und
Wissenschaftlern."
Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in einem Fachartikel, der heute in der
Zeitschrift Nature erschienen ist.
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