Ein Methan-See auf Titan
von Stefan Deiters astronews.com
27. April 2016
Mithilfe von Radardaten der Saturnsonde Cassini haben
Wissenschaftler erneut die Zusammensetzung des großen Sees Ligeia Mare auf dem
Mond Titan bestimmt: Er scheint tatsächlich aus Methan zu bestehen und könnte
auf seinem Boden zudem eine schlammartige Schicht aus Kohlenwasserstoffen aufweisen.
Die Tiefe des Sees wird auf bis zu 160 Meter geschätzt.
Falschfarbenaufnahme des Sees Ligeia Mare auf
Titan, die auf Radarbeobachtungen der Sonde
Cassini beruht.
Bild: NASA / JPL-Caltech / ASI / Cornell [Großansicht] |
Der Saturnmond Titan ist der einzige Mond im Sonnensystem, der über eine
dichte Atmosphäre und einen Flüssigkeitskreislauf verfügt und damit in gewisser
Weise der Erde ähnelt. Seine Atmosphäre besteht, wie auch die
unseres Heimatplaneten, zum großen Teil aus Stickstoff. Allerdings gibt es auf
Titan kaum Sauerstoff, dafür aber Methan, Ethan sowie noch einige andere Gase. Methan und
Ethan können, wegen der großen Entfernung zur Sonne und den damit verbundenen
geringen Temperaturen, auf der Oberfläche von Titan in flüssiger Form vorkommen
und übernehmen damit die Rolle, die das Wasser auf der Erde spielt.
Schon seit vielen Jahren vermuteten Forscher daher, dass es auf Titan Seen
aus flüssigen Kohlenwasserstoffen wie eben Methan oder Ethan geben könnte. Und
tatsächlich ergaben die Beobachtungen der Saturnsonde Cassini, dass mehr als 1,6
Millionen Quadratkilometer der Oberfläche des Mondes - und damit fast zwei
Prozent - von Flüssigkeiten bedeckt sind.
So gibt es drei große Seen, die sich alle in der Nähe des Nordpols von Titan
befinden und die von zahlreichen kleineren Seen umgeben sind. Auf der
Südhalbkugel hat man hingegen nur einen großen See entdeckt. Woraus die Seen
genau bestehen, wusste man allerdings lange Zeit nicht mit Sicherheit. Erst 2014 ergaben
Radarbeobachtungen von Ligeia Mare, dass dieser zweitgrößte See auf Titan
überwiegend aus Methan besteht. In einer neuen, unabhängigen Studie wird dieser Befund nun
bestätigt.
"Vor Cassini dachten wir, dass Ligeia Mare hauptsächlich aus Ethan
besteht, das sich in großen Mengen in der Atmosphäre bildet, wenn Sonnenlicht
Methanmoleküle aufspaltet", so Alice Le Gall, ein Mitglied des
Cassini-Radarteams. "Stattdessen besteht der See hauptsächlich aus purem
Methan."
Die Studie basiert auf Radarmessungen, die Cassini bei Vorüberflügen an Titan
in den Jahren 2007 bis 2015 gemacht hat. Das Team nutzte zudem Daten eines
Experimentes aus dem Jahr 2013, mit dem erstmals die Tiefe von Ligeia Mare
gemessen werden konnte: Der See ist offenbar bis zu 160 Metern tief. Die
Kombination der verschiedenen Daten lieferte auch Hinweise darauf, dass sich auf
dem Boden von Ligeia Mare eine schlammartige Schicht aus organischen
Verbindungen befindet.
In der Atmosphäre von Titan können durch die Reaktion von Stickstoff und
Methan die verschiedensten organischen Stoffe entstehen. Die schwersten Verbindungen
fallen zu Boden, gelangen dabei entweder direkt in einen der Seen oder werden schließlich
durch Regen und Flüsse dorthin transportiert. Die in Methan unlöslichen Verbindungen sinken
dann auf den Boden des Sees.
"Es ist schon eine großartige Entdeckungsleistung, dass wir hier
extraterrestrische Ozeanographie auf einem fremden Mond betreiben", freut sich
Steve Wall, der auch zum Radarteam von Cassini gehört. "Titan hört einfach nicht auf,
uns zu überraschen." Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Journal of Geophysical Research: Planets erschienen
ist.
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