Auslöser für jüngste Supernova der Milchstraße
von Stefan Deiters astronews.com
6. April 2016
Vor einigen Jahren spürten Astronomen mithilfe des
NASA-Röntgenteleskops Chandra den jüngsten Supernova-Überrest in unserer Milchstraße
auf. Diese Supernova vom Typ Ia wäre vor etwa 110 Jahren zu sehen gewesen, hätte
sie sich nicht in einer sehr staubigen Region unserer Heimatgalaxie ereignet.
Archivdaten lieferten nun Hinweise auf den Auslöser der Explosion.
Der Supernova-Überrest G1.9+0.3 in einer
Ansicht, die aus Daten des Röntgenteleskops
Chandra erstellt wurde.
Bild: Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics [Großansicht] |
Das Objekt G1.9+0.3 war im Jahr 2008 als jüngster Supernova-Überrest der
Milchstraße identifiziert worden. Mithilfe des NASA-Röntgenteleskops Chandra
hatten Astronomen die Struktur aufgespürt, die sich später als Überrest einer
Supernova herausstellte. Diese wäre vor wenig mehr als 100 Jahren zu beobachten
gewesen, wenn sie sich nicht nahe des galaktischen Zentrums ereignet hätte, das
im sichtbaren Bereich des Lichtes hinter dicken Staubschwaden verborgen ist (astronews.com
berichtete).
Bei G1.9+0.3 handelte es sich um eine Supernova vom Typ Ia, die in der
Astronomie eine ganz besondere Rolle spielt: Da man glaubt, ihre maximale
Helligkeit relativ genau vorhersagen zu können, werden diese Supernovae zur
Entfernungsmessung im Universum eingesetzt, als sogenannte "Standardkerzen".
"Astronomen nutzen Supernovae vom Typ Ia als Entfernungsindikatoren im
Universum", erläutert Sayan Chakraborti vom der Harvard University. "Das hat uns
geholfen zu entdecken, dass sich das Universum beschleunigt ausdehnt. Wenn es
irgendwelche Unterschiede dabei gibt, wie diese Supernovae explodieren und wie
groß ihre Helligkeit dabei ist, könnte dies Einfluss auf unser Verständnis der
Ausdehnung des Universums haben."
Und in der Tat ist in Sachen Typ-Ia-Supernova noch einiges unklar: Zwar sind
sich die meisten Astronomen darüber einig, dass daran ein Weißer Zwerg beteiligt
ist, doch wodurch dessen Explosion ausgelöst wird, ist bislang unklar. So
könnte etwas ein Weißer Zwerg so viel Materie von einem Begleitstern abziehen,
bis er eine kritische Masse erreicht hat und explodiert
oder aber es könnte zu einer Kollision von zwei Weißen Zwergen kommen.
Die Astronomen haben sich nun Archivdaten des Weltraum-Röntgenteleskops
Chandra und des Radioteleskops Very Large Array angesehen, um mehr darüber zu
erfahren, wie der sich ausdehnende Supernova-Überrest mit dem Gas und Staub
seiner Umgebung wechselwirkt. Die Hoffnung war, daraus Informationen über den
genauen Ablauf der Explosion ableiten zu können.
So deutete beispielsweise eine
Simulation der Supernova darauf hin, dass die Emission des Überrestes im
Röntgen- und Radiobereich im Verlauf der Zeit größer werden müsste, wenn die
Explosion durch die Verschmelzung zweier Weißer Zwerge ausgelöst wurde - und
auch nur dann.
"Wir haben beobachtet, wie die Helligkeit im Radio- und Röntgenbereich mit
der Zeit größer wurde. Die Daten sprechen also sehr stark dafür, dass die
Kollision von zwei Weißen Zwergen für die Supernova verantwortlich war", so
Francesca Childs von der Harvard University. Das Ergebnis bedeutet also, dass
entweder alle Supernovae vom Typ Ia durch Weiße-Zwerg-Kollisionen ausgelöst
werden oder aber es zwei verschiedene Entstehungsszenarien gibt.
Die Datenauswertung des Teams ergab auch, dass die Supernova noch einige
Jahrzehnte jünger ist, als man ursprünglich gedacht hatte: Wir sehen sie in
einem Alter von rund 110 Jahren und nicht - wie bislang angenommen - in einem Alter von
rund 150 Jahren. Über
ihre Untersuchung berichteten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift The Astrophysical Journal erschienen ist.
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