Die Quellen des kosmischen Infrarothintergrunds
von Stefan Deiters astronews.com
15. März 2016
Mithilfe des Radioteleskopverbunds ALMA in der chilenischen
Atacamawüste haben Astronomen die lichtschwächste Quelle im
Millimeter-Wellenlängenbereich entdeckt, die jemals beobachtet wurde. Der Fund
könnte helfen, das Rätsel um den kosmischen Infrarothintergrund zu lösen. Die
Forscher sind sich sicher, dass er von solchen, mit ALMA aufgespürten Objekten
stammt.
Vergleich einiger der mit ALMA entdeckten
Galaxien (rote Konturen) mit Subaru-Beobachtungen.
Bild: ALMA (ESO/ NAOJ / NRAO), NAOJ, Fujimoto
et al. [Großansicht] |
Auch zwischen den Sternen und Galaxien, also von dort, wo eigentlich gar
nichts zu sehen sein sollte, lässt sich mit empfindlichen Instrumenten eine
schwache Strahlung empfangen. Diese "Hintergrundstrahlung" scheint aus allen
Richtungen zu kommen und lässt sich in ganz verschiedenen Wellenlängen
beobachten. So kennt man eine optische Hintergrundstrahlung, eine
Mikrowellen-Hintergrundstrahlung sowie einen kosmischen Infrarothintergrund.
Zwei dieser drei Arten von Hintergrundstrahlung können Astronomen inzwischen
erklären: Im Optischen stammt das schwache Glimmen von einer Vielzahl von
Sternen und der Mikrowellenhintergrund geht von dem heißen Gas aus, das kurze
Zeit nach dem Urknall existierte. Der Ursprung des Infrarothintergrunds
allerdings ist bislang noch nicht vollständig geklärt. Zwar haben frühere
Beobachtungen bereits Hinweise geliefert, doch fehlte bislang noch immer eine
Erklärung für bis zu 50 Prozent der Hintergrundstrahlung im Infraroten.
Jetzt hat ein Wissenschaftlerteam um zwei Astronomen der Universität in Tokyo
eine vielleicht entscheidende Entdeckung gemacht: Sie suchten nach Quellen der
Infrarotstrahlung in den Datenarchiven des Atacama Large Millimeter/submillimeter
Array (ALMA). ALMA ist ein Verbund von Radioteleskopen in der chilenischen Atacamawüste und erlaubt detaillierte Beobachtungen im Millimeter- und
Submillimeter-Bereich.
Insgesamt wertete das Team Beobachtungen aus rund 900 Tagen aus. Die Forscher
fahndeten nach besonders leuchtschwachen Quellen und nach
Objekten, die durch den Gravitationslinseneffekt verstärkt und dadurch erst
sichtbar wurden. "Der Ursprung des kosmischen Infrarothintergrunds ist ein seit
langem bestehendes Rätsel über die Energie, die aus dem Universum kommt", so Seiji Fujimoto von der Universität in Tokio. "Wir haben es uns zur Aufgabe
gemacht, dass gewaltige ALMA-Archiv zu durchforsten, um das fehlende Teil des
Puzzles zu finden."
Dabei waren die Wissenschaftler offenbar erfolgreich: Sie entdeckten
insgesamt 133 äußerst lichtschwache Objekte, darunter auch eines, das fünf Mal
leuchtschwächer ist, als jedes andere bislang beobachtete Objekt. Die Analyse
ergab schließlich, dass sich das gesamte Hintergrundleuchten im Infraroten durch
die aufsummierte Helligkeit der Strahlung solcher Objekte erklären lassen
sollte.
Doch um was handelt es sich bei diesen Objekten? Durch Vergleich der
ALMA-Daten mit Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble und des
Subaru-Teleskops stellten die Astronomen fest, dass es sich bei etwa 60 Prozent
der Quellen um Galaxien handelt, die sich auch bei Beobachtungen im Optischen
oder Infraroten erkennen lassen. Der Staub in diesen Galaxien sorgt dann für die
Strahlung in längeren Wellenlängen, die sich mit ALMA beobachten lässt.
"Um was es sich beim Rest handelt, wissen wir nicht", so Teammitglied Masami
Ouchi von der Universität in Tokio. "Ich vermute, dass es von Staub verhüllte
Galaxien sind. Da sie sehr dunkel sein müssen, dürften sie auch sehr massearm sein.
Das bedeutet, dass diese kleinen Galaxien sehr viel Staub enthalten müssen, was
im Widerspruch zu den bisherigen Annahmen steht, dass kleine Galaxien nur kleine
Mengen an Staub enthalten. Unsere Ergebnisse könnten bedeuten, dass es noch
viele unerwartete Objekte im entfernten Universum gibt. Wir hoffen, dass wir
auch diese unentdeckten Quellen bei künftigen Beobachtungen mit ALMA aufspüren
können."
Über ihre Untersuchung berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
den Astrophysical Journal Supplement Series erschienen ist.
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