Würzburg hat wieder eine Uni-Sternwarte
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
3. März 2016
Nachdem die Universität Würzburg ihre alte Sternwarte im
Stadtteil Keesburg in den 1990er Jahren aufgegeben hatte, übernahm nun eine
Schulsternwarte im nahegelegenen Hettstadt diese Funktion: Die dortige
Einrichtung wurde offiziell zur Universitätssternwarte und wird derzeit um ein
Radioteleskop erweitert. Schon länger führt man dort auch wissenschaftliche
Beobachtungen durch.
Die Hans-Haffner-Sternwarte in Hettstadt,
künftig eine gemeinsame Einrichtung der
Universität Würzburg und des Vereins
"Naturwissenschaftliches Labor für Schüler am
FKG".
Bild:
Naturwissenschaftliches Labor für Schüler am FKG
e.V [Großansicht] |
In Hettstadt, etwa zehn Kilometer westlich von Würzburg, steht seit 2009 eine
Sternwarte, die nach dem Würzburger Astronomen Hans Haffner (1912-1977) benannt
ist. Gebaut wurde sie mit Unterstützung der Gemeinde Hettstadt durch den Verein
"Naturwissenschaftliches Labor für Schüler am FKG e.V.", der am Friedrich-Koenig-Gymnasium
(FKG) in Würzburg verwurzelt ist. Ziel des Experimental- und Forschungslabors
ist es, naturwissenschaftlich und technisch interessierte Schüler zu fördern.
Sie können an der Hans-Haffner-Sternwarte selbstständig beobachten und
astronomische Messungen durchführen.
Initiator und Vorsitzender des Vereins ist Christian Lorey vom FKG. Er wurde im
November 2015 als "MINT-Lehrer des Jahres" mit dem bundesweit ausgeschriebenen
Klaus-von-Klitzing-Preis ausgezeichnet. Beim Bau der Sternwarte entwickelte sich
schnell eine Kooperation mit Professor Karl Mannheim vom Lehrstuhl für
Astronomie der Universität Würzburg. Als Hauptinstrument der Sternwarte wurde
ein professionelles 50-Zentimeter-Spiegelteleskop des Lehrstuhls eingesetzt.
Neben Lehrkräften und erfahrenen Schülern wirken auch Wissenschaftler und
Studierende der Universität bei der Betreuung der Schüler in gemeinsamen
Forschungsprojekten mit. Die Zusammenarbeit zwischen Universität und Verein
wurde nun durch eine Kooperationsvereinbarung vertraglich geregelt. Die
Einrichtung in Hettstadt wird damit offiziell zur Schul- und
Universitätssternwarte.
Die Universität Würzburg verfügt so wieder über eine Sternwarte - ihr früheres
Observatorium im Stadtteil Keesburg hatte sie im Lauf der 1990er-Jahre
aufgegeben. Das geschah aus gutem Grund: "Mitten in der Lichtglocke von Würzburg
sind empfindliche Messungen für wissenschaftliche Zwecke nicht möglich", so
Mannheim. Der Standort bei Hettstadt dagegen sei überraschend gut geeignet, das
hätten die Messreihen der vergangenen Jahre eindeutig gezeigt.
Derzeit wird die Sternwarte um ein Radioteleskop erweitert. Damit werden auch
tagsüber astronomische Beobachtungen möglich sein. Im Radiowellenlängenbereich
lassen sich astronomische Objekte und interstellare Gaswolken beobachten, die
für gewöhnliche Teleskope unsichtbar sind. So lernen die jungen Wissenschaftler
die Grundlagen der Messtechnik für Radiostrahlung kennen, wie sie für moderne
Anwendungen relevant sind, beispielsweise bei der drahtlosen Kommunikation oder
der Flugsicherung.
Forschungsbegeisterte Schüler und Studierende der Fakultät für Physik und
Astronomie können an der Sternwarte zukünftig auch einen Empfänger nutzen, der
dem Nachweis der Hyperfeinstrukturlinie von neutralem Wasserstoff dient. Auf
diese Weise lässt sich die Rotation der Milchstraße messen.
Universität und Verein blicken schon jetzt auf eine erfolgreiche Kooperation
zurück. Schüler, Lehrer, Studenten und Wissenschaftler nutzen die Sternwarte
seit Ende 2009 nicht nur für astronomische Beobachtungen und Praktika. In einem
gemeinsamen Forschungsprojekt untersuchen sie seit einigen Jahren kontinuierlich
die Helligkeitsschwankungen von aktiven Galaxienkernen. Das Ziel des Projekts:
die Massen und Abstände von Schwarzen Löchern zu bestimmen, die sich in den
Zentren mancher Galaxien paarweise umkreisen.
Die Messungen in Hettstadt ergänzen Mannheims Forschungsarbeit: Sein Team
untersucht – unter anderem mit dem MAGIC-Teleskopsystem auf der Kanareninsel La
Palma – dieselben Objekte im Gammastrahlenbereich. Der jüngste Erfolg dieser
Kooperation war eine Publikation in der Fachzeitschrift The Astrophysical
Journal Letters im Dezember 2015. Bei dieser Studie wurden die beteiligten
Schüler als gleichberechtigte Ko-Autoren genannt.
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