Sterne verschlingen potentielle Planeten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
8. Februar 2016
Das Anwachsen von stellaren Embryos zu einem richtigen Stern
ist offenbar kein kontinuierlicher Prozess. Stattdessen kommt es zu
Akkretionsausbrüchen, die sich durch ein plötzliches Aufleuchten des jungen
Sterns bemerkbar machen und bei denen Gasklumpen verschlungen werden, aus denen
sonst Planeten hätten werden können. Neue Beobachtungen konnten diese Theorie
nun bestätigen.
Die polarisierten Intensitäten von vier
ausgewählten FU Orionis-Objekten, beobachtet mit
dem 8,2-Meter Subaru-Teleskop. Bild:
Eduard Vorobyov, Universität Wien [Großansicht] |
Sterne entstehen innerhalb einer rotierenden Wolke aus interstellarem Gas und
Staub, welche, dank ihrer Eigengravitation, zu stellaren Dichten komprimiert.
Ein Großteil des Materials der Wolke befindet sich zunächst in einer Scheibe
rund um den Zentralstern. Aus dieser Scheibe bezieht die wachsende Sonne ihr
Material und wächst so allmählich zu einem richtigen Stern heran.
Allerdings scheinen die jungen Sterne nicht - wie bisher angenommen - ihre Masse
stetig über einen gewissen Zeitraum anzusammeln, sondern in einer Reihe von
gewaltigen "Akkretionsausbrüchen". Diese sind bei ihrem Auftreten durch einen
starken Anstieg der Leuchtkraft zu erkennen.
"Der junge Stern FU Orionis im Sternbild Orion etwa ist ein Prototyp eines
Objekts mit solchen Ereignissen. Er zeigte einen Anstieg seiner Leuchtkraft um
einen Faktor 250 über einen Zeitraum von nur einem Jahr", erklärt Eduard
Vorobyov vom Institut für Astrophysik der Universität Wien. Der Wissenschaftler
hat bereits vor zehn Jahren gemeinsam mit Shantanu Basu von der University
of Western Ontario in Kanada einen möglichen Vorgang aufgezeigt, der diese
Helligkeitsanstiege beschreiben könnte.
Danach könnten die Helligkeitseruptionen von Fragmentationen durch gravitative
Instabilitäten in massereichen, gasreichen Scheiben um junge Sterne und das
anschließende Verschlingen des Klumpens durch die wachsende Sonne verursacht
werden.
Vorobyov beschreibt den Prozess der Entstehung von Klumpen in der
zirkumstellaren Scheibe sowie deren anschließendes "Verschlingen" durch den
jeweiligen Stern als "Kannibalismus auf astronomischen Skalen": "Es sind
Klumpen, die zu gigantischen Planeten wie Jupiter werden könnten, aber vom
Mutterstern aufgesaugt werden", so der Astrophysiker. "Dies weckt eine
interessante Analogie zur griechischen Mythologie, in welcher Chronos, der die
erste Generation an Titanen anführte, seine neugeborenen Kinder verschlang."
Bei der aktuellen Studie kamen hoch entwickelte Instrumente wie das im Optischen
und Infraroten beobachtende Subaru-8,2-Meter Teleskop auf dem Mauna Kea auf
Hawaii zum Einsatz. Dank der detaillierten Beobachtungen war es zum ersten Mal
möglich, die Modellvorhersagen zu prüfen.
Mit dem hochauflösenden und mit einer adaptiven Optik ausgestatteten Teleskop
wurde das polarisierte Licht von mehreren solcher "FU-Orionis-Objekte"
untersucht. Eine internationale Gruppe von Astronomen um Hauyu Liu vom
Institute of Astronomy and Astrophysics in Taipeh konnte dadurch die
Existenz wesentlicher Komponenten des Modells nachweisen.
"Dies ist ein großer Schritt, wenn wir verstehen wollen, wie sich Sterne und
Planeten bilden und entwickeln", so Vorobyov. "Können wir beweisen, dass ein
Großteil der Sterne solche Helligkeitsausbrüche aufgrund von
Gravitationsinstabilitäten in der Scheibe vollführen, dann folgt, dass dies auch
unsere eigene Sonne im Kindesalter erlebt haben dürfte. Die großen Planeten
unseres Sonnensystems könnten glückliche Überlebende der turbulenten
Vergangenheit unserer Sonne sein."
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen jetzt in der Fachzeitschrift
Science Advances.
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