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ALMA
Blick in die hellste bekannte Galaxie
von Stefan Deiters
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20. Januar 2016

Ein weit entfernter Quasar gilt als hellste bislang aufgespürte Galaxie. Mithilfe des Radioteleskopverbunds ALMA gelang Astronomen nun ein tiefer Blick in sein turbulentes Zentrum. Offenbar werden von hier gerade große Mengen an Gas aus dem System geblasen. So könnte bald ein ganz gewöhnlicher Quasar entstehen.

WISE J224607.57-052635.0

So könnte die Galaxie W2246-0526 aussehen. Bild: NRAO/AUI/NSF; Dana Berry / SkyWorks; ALMA (ESO / NAOJ / NRAO)  [Großansicht

Quasare sind weit entfernte Objekte, die mit gewöhnlichen Teleskopen praktisch wie Sterne aussehen. Dieser Eindruck allerdings täuscht: Bei Quasaren handelt es sich nämlich um die hellen Zentren von aktiven Galaxien. In solchen Systemen verschlingt ein supermassereiches Schwarzes Loch gerade große Mengen an Material. Bevor dieses jedoch in dem Schwarzen Loch verschwindet, sammelt es sich in einer Scheibe rund um das Schwarze Loch und heizt sich auf extreme Temperaturen auf.

Das heiße Material strahlt eine intensive Strahlung ab, die so hell ist, dass sie den Rest der umgebenden Galaxie praktisch überstrahlt. So erscheint der aktive Kern nur als punktförmige Quelle - insbesondere, wenn er sehr weit entfernt ist. Es gibt allerdings auch eine Gruppe von Quasaren, die etwas aus dem Rahmen fällt. Sie wurden von den Astronomen Hot DOGs getauft, was für Hot Dust-Obscured Galaxies steht, also "Heiße, vom Staub verdeckte Galaxien".

Zu diesen Hot DOGs zählt auch die Galaxie WISE J224607.57-052635.0, kurz W2246-0526. Sie ist die hellste bislang bekannte Galaxie überhaupt. Mithilfe des Atacama Large millimeter/submillimeter Array (ALMA), einem Verbund aus Radioteleskopen in der chilenischen Atacamawüste, ist Astronomen nun ein detaillierter Blick in die entfernte Galaxie gelungen. Sie konnten so die Bewegung von ionisierten Kohlenstoffatomen zwischen den Sternen der Galaxie messen.

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"Wir haben große Mengen dieses interstellaren Materials in einem sehr turbulenten und dynamischen Zustand gefunden", so Tanio Díaz-Santos von der Universidad Diego Portales im chilenischen Santiago. "Das Material bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von rund zwei Millionen Kilometern pro Stunde."

Grund dafür dürfte die extreme Leuchtkraft von W2246-0526 sein, die etwa der 350-billionenfachen Helligkeit unserer Sonne entspricht. Sie geht, wie bei allen Quasaren, auf die Scheibe rund um das zentrale Schwarze Loch zurück, wird allerdings nicht direkt ins All abgestrahlt, sondern zunächst vom Staub in der Zentralregion absorbiert. Der Staub heizt sich dadurch auf und sendet Infrarotstrahlung aus, die wiederum - durch die Expansion des Universums - für uns auf der Erde in Richtung längerer Wellenlängen verschoben erscheint, für die ALMA empfindlich ist.

Vor Ort beeinflusst die Infrarotstrahlung die gesamte Galaxie auf dramatische Weise: Da der Bereich rund um das Schwarze Loch mindestens hundert Mal leuchtkräftiger ist, als die gesamte übrige Galaxie, verursacht die Strahlung einen gewaltiger Druck auf den Rest des Systems.

"Wir hatten wegen der enormen Mengen an Infrarotstrahlung vermutet, dass sich diese Galaxie in einer Übergangsphase befindet", so Peter Eisenhardt, Projektwissenschaftler für das Infrarot-Weltraumteleskop WISE am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. "ALMA hat uns nun gezeigt, dass der brodelnde Ofen in der Galaxie den Topf praktisch zum Überkochen bringt," ergänzt Roberto Assef von der Universidad Diego Portales, der die ALMA-Beobachtungen leitete.

Wenn es in W2246-0526 so weitergeht, dürfte durch die intensive Infrarotstrahlung irgendwann sämtliches Gas des Systems verschwunden sein. Modelle zur Galaxienentwicklung haben unter Berücksichtigung der ALMA-Daten ergeben, dass Gas schon jetzt in alle Richtungen aus der Galaxie geblasen wird.

"Wenn dieses Muster bestehen bleibt, ist es möglich, dass sich W2246 schließlich zu einem eher gewöhnlichen Quasar entwickeln wird", blickt Manuel Aracena von der Universidad Diego Portales in die Zukunft des Systems. "Nur ALMA mit seiner unvergleichlichen Auflösung ermöglicht es uns, dieses Objekt hochauflösend zu beobachten und in einer so bedeutenden Phase seiner Entwicklung zu erforschen."

W2246-0526 ist so weit von der Erde entfernt, dass wir den Quasar in einer Epoche sehen, in der das Universum weniger als zehn Prozent seines heutigen Alters hatte. Über die Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel in den Astrophysical Journal Letters.

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siehe auch
WISE: Unzählige Quasare und mysteriöse hot DOGs - 30. August 2012
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
ESO
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