Lebensfreundlichkeits-Ranking für Transitplaneten
von Stefan Deiters astronews.com
13. Oktober 2015
Seit der Entdeckung des ersten extrasolaren Planeten vor 20
Jahren wurden weit über tausend ferne Welten
aufgespürt. Es ist daher kaum möglich, alle Exoplaneten genauer unter die Lupe zu
nehmen. Jetzt haben Astronomen ein Rankingsystem für Transitplaneten entwickelt,
mit dessen Hilfe man die vielversprechendsten Welten auswählen kann.
Mit dem Lebensfreundlichkeits-Index für
Transitplaneten können ferne Welten nach ihrer
Lebensfreundlichkeit sortiert werden.
Bild: Rory Barnes [Großansicht] |
Es ist fast genau zwanzig Jahre her, als mit 51 Pegasi b der erste
Planet um einen anderen "normalen" Stern entdeckt wurde. Seitdem wurden Tausende
von potentiellen extrasolaren Welten aufgespürt, über 1.800 gelten inzwischen
als bestätigt. Eine große Zahl dieser Exoplaneten entdeckte man in den Daten des
Weltraumteleskops Kepler, das nach Planeten sucht, die - von der Erde aus
betrachtet - vor ihrem Zentralstern vorüberziehen.
Solche sogenannten Transitplaneten können für die Forscher auch deshalb
interessant sein, weil während eines Transits ein Teil des Lichts des Sterns auf dem Weg zur Erde durch eine eventuell vorhandene Atmosphäre
des Planeten fällt und damit etwas über deren
Zusammensetzung verraten kann. Diese wiederum könnte dann Aufschluss über die
Lebensfreundlichkeit der fernen Welt geben.
Doch angesichts von über tausend Transitplaneten und noch weitaus mehr
potentiellen Transitplaneten ist es schwer zu entscheiden, bei welchem der
entdeckten Planeten ein genauerer Blick lohnen würde. Teleskopzeit ist
schließlich für Astronomen ein sehr kostbares Gut und muss in aufwändigen
Verfahren beantragt werden.
Astronomen des Virtual Planetary Laboratory der University of Washington wollen
nun bei der Auswahl potentieller Beobachtungsziele helfen: Sie entwickelten ein
Verfahren, mit dem extrasolare Planeten verglichen und auf Grundlage ihrer
"Lebensfreundlichkeit" in eine Rangliste sortiert werden können. "Im Prinzip
haben wir eine Methode entwickelt, die alle verfügbaren Beobachtungsdaten
berücksichtigt, um so eine Reihenfolge von möglichen Zielen zu erstellen",
erläutert Astronomie-Professor Rory Barnes. "Da nun eine Zeit beginnt, in der es
Hunderte von möglichen Beobachtungszielen gibt, kann man dadurch einfach sagen: 'Ok,
das ist der Planet, mit dem wir anfangen sollten'."
Dies wird insbesondere dann von Bedeutung sein, wenn mit dem James Webb Space Telescope, dem Nachfolger des Weltraumteleskops
Hubble, detaillierte Messungen
über die atmosphärische Zusammensetzung von extrasolaren Planeten möglich
werden. Da dieses Teleskop aber auch für zahlreiche andere Projekte benötigt
wird, ist es wichtig, schon im Vorfeld zu entscheiden, welche der vielen
Transitplaneten man genauer unter die Lupe nehmen möchte.
Ein Kriterium ist dabei der Abstand des Planeten von seiner Sonne - unter
Berücksichtigung der Helligkeit des jeweiligen Zentralsterns. Der
Abstandsbereich, in dem auf einem Planeten theoretisch Wasser in flüssiger Form
vorkommen könnte, wird habitable Zone genannt. "Das war ein guter erster
Schritt, erlaubt aber keinerlei Unterscheidungen innerhalb der habitablen Zone",
so Barnes.
Das neue Ranking ermöglicht zahlreiche weitere Differenzierungen. Am Ende ergibt sich
ein Wert, der die Wahrscheinlichkeit angibt, dass es auf der Oberfläche eines
Planeten tatsächlich flüssiges Wasser gibt. Dabei spielen Faktoren, wie etwa die
Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Gesteinsplaneten handelt, das Rückstrahlvermögen des Planeten
und sein genauer Orbit eine Rolle, zum Beispiel wie stark diese von einer
kreisförmigen Bahn abweicht.
Die Wissenschaftler haben inzwischen alle vom Weltraumteleskop Kepler entdeckten
Planeten entsprechend bewertet. Die vielversprechendsten Kandidaten erhalten
danach zwischen 60 und 90 Prozent der Sonneneinstrahlung, die die Erde von unserer
Sonne abbekommt, was gut mit dem bisherigen Verständnis über die
lebensfreundliche Zone um einen Stern übereinstimmt.
Über ihr Lebensfreundlichkeits-Ranking berichten die Astronomen in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal
erschienen ist.
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