Wie
67P zum Quietsche-Entchen wurde
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
30. September 2015
Die erste große Überraschung bei der Annäherung der Raumsonde
Rosetta an ihren Zielkometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
war die Form des Kometenkerns: Dieser erinnerte nämlich an ein Quietsche-Entchen.
Mithilfe von detailliertem Bildmaterial des Kamerasystems OSIRIS konnten Forscher
nun klären, wie er sein eigentümliches Aussehen erhielt.

Diese Weitwinkelaufnahme des Kometen
67P/Churyumov–Gerasimenko hat das
OSIRIS-Kamerasystem an Bord der Raumsonde Rosetta
am 12. September 2014 gemacht.
Bild: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS
/ UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP / IDA [Großansicht] |
Von Gummientengestalt oder gar Quietsche-Entchen war in den Medien die Rede,
als die überraschende Form von Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko im Juli 2014
bekannt wurde. Auch die Wissenschaftler waren erstaunt über die außergewöhnliche
Gestalt des Himmelskörpers, die die Raumsonde Rosetta offenbarte.
"Sehr
wahrscheinlich sind zwei Kometen im noch jungen Sonnensystem zusammengestoßen
und bildeten den heute sichtbaren Doppelkörper", sagt Dr. Ekkehard Kührt, der
die wissenschaftlichen Beteiligungen des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) an der Rosetta-Mission leitet. "Um die gemessene geringe Dichte
und die gut erhaltenen Schichtstrukturen beider Kometenteile zu erklären, muss
der Zusammenprall bei kleinen Geschwindigkeiten sehr sanft erfolgt sein. Diese
Erkenntnis gibt wichtige Hinweise auf den physikalischen Zustand des frühen
Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren", so der Kometenforscher.
Ursprünglich
hatten die Wissenschaftler zwei Theorien im Visier: Sie vermuteten entweder eine
Kollision zweier Körper oder eine besonders intensive Erosion an der Stelle, die
sich schließlich zum Hals entwickelte. Die Analyse hochaufgelöster Bilder des
Kometen von der OSIRIS-Kamera auf Rosetta, die zwischen dem 6. August 2014 und
17. März 2015 entstanden, brachte jetzt die Auflösung des Rätsels.
Zunächst hatten die Wissenschaftler auf den Bildern über hundert
terrassenförmige Strukturen auf der Kometenoberfläche und parallel verlaufende
Schichten ausgemacht, die deutlich an exponierten Klippen, Wänden und
Vertiefungen zu sehen waren. Mithilfe eines 3D-Kometenmodells konnten sie
anschließend schlussfolgern, in welche Richtung und in welcher Tiefe die
einzelnen Schichten verlaufen.
Schnell wurde klar, dass die schichtartigen
Strukturen auf beiden Kometenhälften zu finden sind, sich dort aber im Detail
voneinander unterscheiden. Das führte zu der Einsicht, dass sich die Strukturen
nicht auf einem Körper gemeinsam entwickelt haben. Schon frühere Missionen zu
den Kometen Tempel-1 und Wild-2 hatten Hinweise auf den schichtartigen Aufbau
der Himmelskörper - ähnlich einer Zwiebel - geliefert.
"Kometen gelten als Zeitzeugen der Bildung unseres
Planetensystems, da sie sich durch ihre Entstehung in dessen kalten äußeren
Regionen und wegen ihrer geringen Größe gut erhalten haben", erläutert Kührt,
der am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin arbeitet. "Unklar war,
inwieweit gegenseitige Stöße zur Alterung beigetragen haben. Die Daten der
Rosetta-Mission unterstreichen, dass Kometen auch in dieser Hinsicht nur moderat
verändert wurden und tatsächlich sehr ursprüngliches Material darstellen."
Zudem
deutet der ähnliche Aufbau beider Teilkörper darauf hin, dass diese einst in
ähnlicher Weise entstanden sind. Seit August entfernt sich Rosetta gemeinsam mit
dem Kometen wieder von der Sonne und wird mit seinen elf Experimenten noch ein
weiteres Jahr - bis Ende September 2016 - wissenschaftliche Daten sammeln.
Über ihre Ergebnisse berichteten die Wissenschaftler jetzt in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Nature publiziert wurde.
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