Gesucht: Spinnen und Schweizer Käse
von Stefan Deiters astronews.com
27. Juli 2015
Mars-Fans haben jetzt eine neue Möglichkeit, sich vom
heimischen Computer aus an der Erforschung des Planeten zu beteiligen: Auf
Aufnahmen der Context Camera des Mars Reconnaissance Orbiter
sollen bestimmte Oberflächenstrukturen identifiziert werden. Die
Ergebnisse fließen dann in die Auswahl von Regionen ein, die man ab dem
kommenden Jahr genauer unter die Lupe nehmen will.
Die als Spinnen bezeichneten Strukturen auf
der Marsoberfläche. Oben ein Bild der Context
Camera des Mars Reconnaissance Orbiter, unten
eine Ansicht von HiRISE.
Bild: NASA / JPL-Caltech / MSSS / Univ.
of Arizona [Großansicht] |
Das Team der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter bietet Mars-Enthusiasten
jetzt eine neue Möglichkeit, sich an der Erforschung des Roten Planeten zu
beteiligen. Auf Aufnahmen der Context Camera der Sonde sollen sie bestimmte
Oberflächenstrukturen identifizieren und damit helfen, Bereiche auszuwählen, die einen genaueren Blick mit dem
leistungsfähigen Kamerasystem High Resolution Imaging Science Experiment (HiRISE)
lohnen könnten.
Die Context Camera nimmt etwa 30 Kilometer breite Bereiche der Marsoberfläche
auf und macht so Bilder, deren Auflösung etwa sechs Meter pro Bildpunkt
entspricht. HiRISE hingegen erfasst eine nur fünf Kilometer breite Region und
liefert im besten Fall eine Auflösung von einem halben Meter pro Pixel.
Ziel des Projekts "Planet Four: Terrains" ist es, bestimmte Strukturen zu
finden, die auf Aufnahmen der Context Camera aus dem Südpolarbereich des
Mars zu erkennen sein könnten. Das Projekt ist Teil der Zooniverse-Plattform, die schon
diverse Projekte realisiert hat, bei denen Computernutzer vom heimischen
Bildschirm aus Wissenschaftler bei der Auswertung von Daten unterstützen können.
In den Polarregionen des Mars sorgen auf der Erde praktisch unbekannte Prozesse
für eigentümliche geologische Strukturen. Sie entstehen durch das jahreszeitlich
bedingte Ausfrieren und Wiederauftauen von Kohlendioxideis. Dieses Eis kommt auf
der Erde nicht in der Natur vor, lässt sich aber künstlich herstellen und ist
als Trockeneis bekannt. In jedem Winter sind die Polarregionen des
Roten Planeten von einer Schicht aus Kohlendioxideis überzogen.
"Im Frühling wird das Trockeneis zu Gas und höhlt so
eigentümliche Strukturen
in der Oberfläche des Mars aus, die für exotische Landschaften sorgen, die wir
als 'Spinnen', 'Schweizer Käse' oder als 'Kanal-Netzwerke' bezeichnen",
beschreibt Candice Hansen, die stellvertretende verantwortliche Wissenschaftlerin
für HiRISE.
Genau diese Strukturen sollen die Teilnehmer von "Planet Four: Terrains" auf
Aufnahmen identifizieren, die ihnen auf der Webseite gezeigt werden.
Entsprechende Beispielbilder gibt es natürlich auch, so dass jeder weiß, nach
was er Ausschau halten muss. Die Ergebnisse des Projekts sollen dann genutzt
werden, um Regionen zu finden, deren genauere Untersuchung mit HiRISE lohnen
könnte. Die
entsprechenden Beobachtungen sind ab Mitte 2016 geplant.
Die Sonde Mars Reconnaissance Orbiter wurde am 12. August 2005 gestartet und
umkreist den Roten Planeten seit 2006. Die Context Camera und HiRISE sind zwei
von insgesamt sechs Instrumenten an Bord der Sonde.
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