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EXTRASOLARE PLANETEN
Wie ein Riesenplanet entsteht
Redaktion / idw / Pressemitteilung der ETH Zürich
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2. Juli 2015

Vor rund zwei Jahren glaubten Astronomen mithilfe des Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO einen sich bildenden Gasplaneten in der Staubscheibe um eine junge Sonne direkt beobachtet zu haben. Durch zusätzliche Beobachtungen erhärtete sich nun dieser Verdacht: Um den Stern HD 100546 bildet sich wohl tatsächlich gerade ein Gasriese.

HD 100546 b

Die Entstehung des riesigen Gasplaneten in der Umgebung des Sterns HD 100546 ist mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht abgeschlossen. Astronomen können daher seine Entstehung beobachten (künstlerische Darstellung). Bild: ESO / L. Calçada  [Großansicht]

Eine ganze Nacht lang war eine hochauflösende Infrarotkamera des Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte ESO in Chile auf ein einziges Objekt gerichtet, obwohl die Beobachtungszeit am VLT sehr kostbar ist. Doch die Astronomen wollten endlich Klarheit haben und erreichten ihr Ziel: Mithilfe der Daten, die das Instrument namens NACO sammelte, konnte ein internationales Team unter Leitung von Sascha Quanz von der ETH Zürich seine früher aufgestellte Hypothese bestätigen: Ein junger, gasförmiger Planet - der unserem Jupiter wahrscheinlich nicht unähnlich sein dürfte - umkreist den Stern mit der Bezeichnung HD 100546.

In astronomischen Maßstäben gilt HD 100546 mit einem Alter von fünf bis zehn Millionen Jahren als jung und zählt mit einer Entfernung von nur 335 Lichtjahren zu unserer kosmischen Nachbarschaft. Wie viele junge Sterne ist er von einer großen Gas- und Staubscheibe umgeben. In deren äußeren Region befindet sich der junge Planet, etwa 50 Mal weiter entfernt von seinem Mutterstern, als die Erde von der Sonne.

Bereits 2013 hatte das Team ihre These über die Existenz dieses jungen Planeten veröffentlicht (astronews.com berichtete). Damals diskutierten die Forscher aber noch eine andere Erklärung für die gesammelten Daten: Beim beobachteten Objekt könnte es sich auch um einen zwar bedeutend größeren, jedoch älteren Riesenplaneten handeln, der weiter innen in der zirkumstellaren Scheibe gebildet und dann hinausgeschleudert wurde. "Ganz ausschließen können wir dieses Szenario noch immer nicht", gibt Quanz zu. "Aber es ist sehr viel unwahrscheinlicher als unsere Erklärung, dass es sich dabei um einen entstehenden Planeten handelt."

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Wäre das Objekt nämlich früher weiter innen entstanden, hätte es genau in der Ebene der Gas- und Staubscheibe herausgeschleudert werden müssen und zwar zum richtigen Zeitpunkt, so dass es die Forscher jetzt beobachten können. "Das wäre ein sehr großer Zufall", so Quanz. Deshalb bevorzuge man die naheliegende Interpretation, die in diesem Fall schon exotisch genug sei. Aufgrund der neuen Beobachtungen sind die Forscher zudem sicher, dass das gemessene Signal nicht von einer Hintergrundquelle stammen kann.

"Am besten erklären lassen sich die beobachteten Eigenschaften tatsächlich mit einem neu entstehenden Planeten, eingebettet in die Scheibe um seinen Mutterstern", so das Fazit des Teams. Der Planet - HD 100546 b genannt - ist das erste derartige Objekt, das bisher entdeckt wurde. "Es liefert uns einzigartige Beobachtungsdaten zum Entstehungsprozess eines riesigen Gasplaneten", erklärt Quanz.

Wie, wo und wann in den Scheiben um junge Sterne Riesenplaneten geformt werden, untersuchte man bisher vor allem theoretisch oder mithilfe von Computersimulationen. "Jetzt haben wir ein 'Labor', aus dem wir empirische Informationen beziehen können", freut sich der Wissenschaftler.

Andere Astronomen hätten zwar inzwischen zwei weitere junge Systeme gefunden, von denen man annimmt, dass sie junge Riesenplaneten beherbergen, doch diese Objekte scheinen in einem etwas späteren Entwicklungsstadium zu sein: Auf ihren Umlaufbahnen haben sie bereits große Lücken in den Scheiben, in die sie eingebettet sind, hinterlassen. Solche Leerstellen fehlen in der Umgebung von HD 100546 b.

"Unser Objekt befindet sich noch immer im Entstehungsprozess und scheint immer noch von sehr viel Staub und Gas umgeben zu sein", so Quanz. Neben der zirkumstellaren Scheibe um den Stern, könnte es also eine kleinere, zirkumplanetare Scheibe geben, die den neu entstehenden Planeten umgibt.

Aufgrund der Beobachtungen in drei verschiedenen Wellenlängenbereichen konnten die Forscher eine erste Schätzung der Temperatur und Größe des Objekts ableiten. Danach scheint es in einem Gebiet, dessen Durchmesser sieben Jupiterdurchmessern entspricht, im Mittel über 600 Grad Celsius heiß zu sein. Dass die Wärmestrahlung aus einem so großen Bereich stammt, spricht dafür, dass es sich bei der Quelle um eine Kombination von einem jungen Planeten und einer zirkumplanetaren Scheibe handelt.

Künftige Beobachtungen mit dem Radioteleskop ALMA in der chilenischen Atacama-Wüste sollen bestätigen, dass der entstehende Planet tatsächlich selbst von einer Scheibe umgeben wird, und Hinweise auf deren Masse und Ausmaß liefern. Und vielleicht, so die Hoffnung des Teams, wird HD 100546 für noch mehr Erkenntnisse sorgen: Aufgrund früherer Beobachtungen des Sterns vermuten die Astronomen, dass ein zweiter Planet um ihn kreisen könnte. Er wäre dem Stern ungefähr fünfmal näher als der jetzt nachgewiesene junge Planet.

Möglicherweise können die Astronomen also sogar die Entstehung von mehreren Planeten im gleichen System beobachten. Allerdings muss die Existenz des zweiten, inneren Planeten noch bestätigt werden. Überraschend wäre sie hingegen nicht: Viele der bisher fast 2.000 entdeckten Exoplaneten gehören zu einem System mit mehreren Planeten - wie auch unser Sonnensystem.

Über die Ergebnisse ihrer Beobachtungen berichten die Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal.

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siehe auch
Extrasolare Planeten: Geburt eines Riesenplaneten beobachtet? - 28. Februar 2013
Extrasolare Planeten: Sternenbaby mit Planet - 14. November 2003
Planetenentstehung: Staubscheibe um sehr jungen Stern entdeckt - 26. Januar 2001
Ferne Welten - unsere Berichterstattung über die Suche nach extrasolaren Planeten und außerirdischem Leben
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
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