Wasserstoffgas und nicht nur junge Sterne
von Stefan Deiters astronews.com
27. Mai 2015
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme eines hell leuchtenden Nebels veröffentlicht, der von einer Gruppe
junger massereicher Sterne dominiert wird. Ein genauerer Blick verrät
allerdings, dass es in dieser stellaren Kinderstube offenbar mehrere
Generationen von Sternen gibt. Die Daten für das Bild stammen vom Very Large Telescope.
Blick auf den Emissionsnebel RCW 34 im
Sternbild Segel des Schiffs.
Bild: ESO [Großansicht]
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Die heute von der europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichte Aufnahme
zeigt hinter einer Reihe von blauen Vordergrundsternen eine spektakuläre
rötliche Wolke aus leuchtendem Wasserstoffgas. Der Nebel ist als RCW 34 oder
auch unter der Bezeichnung Gum 19 bekannt und liegt etwa 10.000
Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Segel des Schiffs.
Im Zentrum des Nebels, in der hellsten Region der Wolke, befindet sich eine
Gruppe von sehr jungen und massereichen Sternen. Die hellste dieser Sonnen ist V391 Velorum.
Die jungen Sterne haben einen deutlich sichtbaren Einfluss auf das Aussehen des
Nebels: Durch die intensive ultraviolette Strahlung, die von ihnen ausgeht, wird
das Wasserstoffgas des Nebels ionisiert. Der Nebel leuchtet dadurch in einer
typisch rötlichen Farbe.
Die intensive Strahlung führt noch zu einem weiteren Phänomen: Das durch die
Strahlung der jungen Sterne aufgeheizte Gas expandiert durch das kältere Gas des
Nebels und erreicht irgendwann den Rand der Gaswolke. Hier "sprudelt" es dann in
das umgebende Vakuum hinaus - ein Effekt, der etwas an das Öffnen einer zuvor
geschüttelten Sektflasche erinnert.
Das ionisierte Wasserstoffgas mit seinem typischen Leuchten gilt Astronomen
als Indikator für eine Sternentstehungsregion. Neue Sonnen entstehen nämlich aus
kollabierenden Ansammlungen von Wasserstoffgas. Die
Beobachtung von RCW 34 liefert also auch neue Einblicke in die Prozesse bei der
Entstehung und Entwicklung von Sternen.
Allerdings ist der Blick auf die genauen Vorgänge in solchen stellaren
Kinderstuben im sichtbaren Bereich des Lichts in der Regel verstellt. Die Geburt
von neuen Sternen findet nämlich verborgen hinter dichten Gaswolken statt. So
ist es auch bei RCW 34. Astronomen müssen also auf andere Wellenlängenbereiche
zurückgreifen, um mehr über die Vorgänge in solchen Regionen zu erfahren und
genauere Informationen über die Sterne zu sammeln, die sich dort verbergen.
Wenn man dies tut, stellt man fest, dass es in RCW 34 auch eine große Zahl
von massearmen Sternen gibt, die nur einen Bruchteil der Masse unserer Sonne
haben. Sie sammeln sich hauptsächlich um einige ältere, etwas massereichere
Sterne im Zentrum des Nebels. Diese Verteilung der Sterne deutet nach Ansicht der Astronomen darauf hin, dass es in dem Nebel verschiedene
Episoden von Sternentstehung gegeben haben muss.
Die Daten für das Bild von RCW 34 stammen von dem Instrument FORS (FOcal
Reducer and low dispersion Spectrograph), das an eines der Teleskope des
Very
Large Telescope der ESO auf dem Gipfel des Paranal in Chile montiert ist.
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