Detaillierter Blick auf den Medusanebel
von Stefan Deiters astronews.com
20. Mai 2015
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
spektakuläre Aufnahme des Medusanebels veröffentlicht. Das Bild basiert auf
Daten, die mit dem Very Large Telescope gewonnen wurden und ist die bislang
detaillierteste Ansicht dieses Planetarischen Nebels. Auch unsere Sonne wird
einmal als ein solches Objekt ihr stellares Leben beenden.
Der neue Blick des VLT auf den Medusanebel im
Sternbild Zwillinge.
Bild: ESO [Großansicht]
|
Der spektakuläre Planetarische Nebel ist nach einer tödlichen Kreatur aus der
griechischen Mythologie benannt, der Gorgone Medusa. Statt Haaren besaß dieses
Wesen Schlangen und ein Blick von Medusa ließ jeden Mann zu Stein erstarren.
So
gefährlich ist ein Blick zum Medusanebel glücklicherweise nicht. Der Nebel liegt
rund 1.500 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Zwillinge und ist auch
weniger poetisch unter seinen Katalogbezeichnungen Sharpless 2-274, Abell 21
oder PN A66 21 bekannt.
Die letzten beiden Bezeichnungen beziehen sich auf den amerikanischen Astronomen George O. Abell, der den Nebel im Jahr 1955 entdeckte. Zunächst gab es noch Diskussionen darüber, ob es sich bei Abell 21 nicht um den Überrest
einer Supernova-Explosion handeln könnte, doch ergaben Beobachtungen in den
1970er Jahren, dass es tatsächlich ein Planetarischer Nebel ist.
Planetarische Nebel gehören zu den faszinierendsten und wohl auch schönsten
Objekten, die sich am nächtlichen Himmel beobachten lassen. Sie erlauben
zudem einen Blick in die Zukunft unserer Sonne, stellen sie doch das typische
Ende der Entwicklung eines sonnenähnlichen Sterns dar.
Hat ein solcher Stern nämlich seinen nuklearen Brennstoff verbraucht, stößt
er - praktisch als letztes "Lebenszeichen" - seine äußere Hülle ins All ab. Die
intensive Strahlung des nun freiliegenden glühenden Kerns regt dieses Gas zum
Leuchten an und sorgt für die Entstehung eines spektakulären Nebels. Im Inneren
zurück bleibt der nun langsam auskühlende ausgebrannte Sternenrest - ein Weißer
Zwerg.
Mit den einfachen Teleskopen im 18. und 19. Jahrhundert ließen sich diese
Nebel allerdings nicht auflösen und die in den Teleskopen erkennbaren Scheibchen
erinnerten Astronomen wie Wilhelm Herschel an das Aussehen der äußeren Planeten
in unserem Sonnensystem. Deswegen nannte man die Objekte "Planetarische Nebel".
Heute weiß man, dass die Gebilde nichts mit Planeten zu tun haben. Der Name ist
aber geblieben.
Der Medusanebel hat einen Durchmesser von ungefähr vier Lichtjahren und ist
sehr lichtschwach und daher äußerst schwer zu beobachten. Bei dem "Haar" der
Medusa handelt es sich um Filamente aus leuchtendem Gas. Da es bei Sternen in der
letzten Entwicklungsphase wiederholt zum Abstoßen von Materie kommen kann,
ergeben sich oft faszinierende Strukturen in den Planetarischen Nebeln. Die
Nebel existieren nur wenige zehntausend Jahre - angesichts der Lebensdauer
sonnenähnlicher Sterne von mehreren Milliarden Jahren eine ausgesprochen kurze Zeit.
Erkennen lassen sich Planetarische Nebel an ihrem typischen Leuchten: Die
intensive ultraviolette Strahlung des stellaren Kerns sorgt nämlich dafür, dass
das abgestoßene Gas ionisiert wird. Insbesondere die Signatur von doppelt
ionisiertem Sauerstoff wird zum Aufspüren von Planetarischen Nebeln verwendet.
Entsprechende Filter sorgen dafür, dass sich die Nebel deutlicher vor dem
Hintergrund abheben.
Die im grünen Bereich liegende Emission des doppelt ionisierten Sauerstoffs aus
den Nebeln hielten Astronomen anfangs für einen Hinweis auf ein bislang
unbekanntes Element und nannten es zunächst Nebulium. Später stellte sich dann
heraus, dass es sich lediglich um eine ionisierte Form des bekannten Elements
Sauerstoff handelt.
Der Zentralstern des Medusanebels ist übrigens nicht der helle Stern in der
Bildmitte. Hierbei handelt es sich um einen Vordergrundstern. Der zum Nebel
gehörende Stern ist lichtschwächer und als bläulicher Stern in der rechten
Bildhälfte auszumachen.
Die Daten für das heute veröffentlichte Bild stammen vom Instrument FORS (FOcal
Reducer and low dispersion Spectrograph), das an eines der Teleskope des
Very
Large Telescope der ESO auf dem Gipfel des Paranal in Chile montiert ist.
|