Neuer Detektor aLIGO wird eingeweiht
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
18. Mai 2015
Im US-amerikanischen Hanford wird morgen mit Advanced
LIGO eine neue Generation von Gravitationswellen-Observatorien eingeweiht.
Entscheidende Komponenten dafür wurden zuvor bei Hannover getestet. Von dem
Detektor erhoffen sich die Wissenschaftler den ersten direkten Nachweis der von
Einstein postulierten Wellen. Die erste Messkampagne soll im Herbst beginnen.

Das Gravitationswellen-Observatorium GEO600
befindet sich in Ruthe bei Sarstedt, rund 20
Kilometer südlich von Hannover. Hier wurden
Technologien für aLIGO getestet.
Foto: Harald Lück/AEI [Großansicht] |
Am morgigen Dienstag ist es soweit: Die LIGO Scientific Collaboration
(LSC) weiht mit dem Detektor Advanced LIGO (aLIGO)
eine neue Generation von Gravitationswellen-Observatorien ein. Eine
führende Rolle bei der Entwicklung des neuen Detektors spielten Forscher des
Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) in
Hannover und Potsdam. Die feierliche Inbetriebnahme der zweiten
Detektorgeneration findet am Standort Hanford im US-Bundesstaat Washington
statt.
Der erste direkte Nachweis von Gravitationswellen ist den Forschern bislang noch
nicht geglückt - trotz aller früherer Versprechungen, dass er nun eigentlich
unmittelbar bevorstehen müsste. Gelingt die Messung allerdings, dürfte sich
dadurch ein neues Fenster zur sonst unsichtbaren "dunklen" Seite des Universums
öffnen und den Beginn der Gravitationswellen-Astronomie markieren. Der Aufwand,
so die Überzeugung der Wissenschaftler, lohnt sich also. Mit dem neuen Detektor
stünden die Chancen bald so gut wie nie, dass diese ominösen Wellen auch
tatsächlich nachgewiesen werden.
Gravitationswellen sind Kräuselungen der Raumzeit, die bei kosmischen
Katastrophen ausgesendet werden - beispielsweise von explodierenden Sternen,
verschmelzenden Schwarzen Löchern oder Neutronensternen und schnell rotierenden,
kompakten Sternresten. Albert Einstein sagte die Existenz dieser Wellen bereits
im Jahr 1916 voraus, doch sie wurden bislang noch nie direkt beobachtet. Die
aLIGO-Instrumente sollten, so die Erwartung, bei Erreichen der
Design-Empfindlichkeit jährlich mehrere Gravitationswellen-Ereignisse
nachweisen.
Wissenschaftler des AEI entwickelten und installierten gemeinsam mit dem Laser
Zentrum Hannover die Hochleistungslaser, die im deutsch-britischen
GEO600-Detektor in der Nähe von Hannover getestet wurden. Jetzt werden sie in
beiden aLIGO-Detektoren eingesetzt und bilden das Herz der hochpräzisen
Messtechnologie. "Mit unseren britischen Kollegen entwickelten und betreiben wir
den Gravitationswellen-Detektor GEO600. Wir nutzen ihn als Ideenschmiede und
Prüfstand für fortschrittliche Detektortechnik", sagt AEI-Direktor Prof. Karsten
Danzmann, der auch Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz
Universität Hannover ist. „Viele dieser neuartigen Methoden werden nun in den
aLIGO-Detektoren eingesetzt, beispielsweise Signalüberhöhung und monolithische
Spiegelaufhängungen."
Die Abteilung von Danzmann am AEI spielt eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung
und Anwendung von nicht-klassischem Licht in Gravitationswellen-Detektoren.
GEO600 ist der weltweit einzige Detektor, der sogenanntes gequetschtes Licht
einsetzt, um die Empfindlichkeit über die durch die Quantennatur des Lichts
gesetzten Grenzen hinaus zu steigern.
Forscher am AEI entwickeln und implementieren zudem auch fortschrittliche und
effiziente Methoden der Datenanalyse für die Suche nach schwachen
Gravitationswellen-Signalen in den aLIGO-Daten. "Das AEI ist ein führender
Partner bei der weltweiten gemeinsamen Datenanalyse der LSC", erläutetr Prof.
Bruce Allen, Direktor am AEI. "Für diesen Zweck betreiben wir Atlas, den
leistungsfähigsten speziell für die Gravitationswellen-Datenanalyse gebauten
Computercluster der Welt."
Während der ersten wissenschaftlichen Messkampagne, die im Herbst 2015 beginnen
soll, wird Allens Abteilung die Messdaten mit Atlas durchsuchen. Zusammen mit
US-amerikanischen Partnern betreibt die Abteilung auch Einstein@Home, ein
globales, verteiltes Rechenprojekt zur Gravitationswellen-Datenanalyse. Rund
400.000 Freiwillige aus aller Welt haben in den vergangenen Jahren Rechenzeit
auf ihren Heimcomputern, Laptops und Smartphones für das Projekt zur Verfügung
gestellt.
Mit aufwändigen analytischen Näherungen der allgemeinen Relativitätstheorie
entwickeln AEI-Wissenschaftler zudem genaue Wellenform-Modelle für die
vielversprechendsten Quellen von Gravitationswellen. "Wir haben die bislang
genauesten Modelle für Signalwellenformen für verschmelzende Schwarze Löcher
entwickelt. Zusammen mit unseren LSC-Kollegen werden wir auf dem
Atlas-Computercluster eine Suche nach diesen Signalen in den aLIGO-Daten
durchführen. Die Gravitationswellen dieser Systeme zu beobachten wird uns
komplett neue Erkenntnisse über diese anderweitig unsichtbaren Objekte liefern",
so Prof. Alessandra Buonanno, Direktorin am AEI in Potsdam.
"Die neue Suche ist die erste, die alle Phasen vor, nach und während des
Verschmelzungsprozesses und den Einfluss der Eigendrehungen der Schwarzen Löcher
berücksichtigt. Dies wird die Suchempfindlichkeit erhöhen und so unsere Chance
auf einen Nachweis erhöhen," erklärt Buonanno weiter. AEI-Wissenschaftler haben
zusammen mit LSC-Kollegen auch einen zweiten Analyse-Schritt für die erste
wissenschaftliche Messkampagne vorbereitet, der astrophysikalische Eigenschaften
der verschmelzenden Schwarzen Löcher bestimmen wird.
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