Gewaltiger Halo aus Gas um die Andromedagalaxie
von Stefan Deiters astronews.com
8. Mai 2015
Mithilfe des Weltraumteleskops Hubble haben Astronomen einen
gewaltigen Halo aus Gas um unsere Nachbargalaxie Andromeda entdeckt. Er ist
offenbar sechs Mal größer und tausend Mal massereicher als bislang angenommen.
Die Entdeckung gelang durch die Beobachtung entfernter Quasare und könnte den
Forschern einiges über die Entwicklung und Struktur von Spiralgalaxien verraten.
Die Astronomen konnten den Halo um M31 durch
die Beobachtung entfernter Quasare nachweisen.
Bild: NASA,
ESA und A. Feild (STScI) [Großansicht]
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"Halos sind die gasförmigen Atmosphären von Galaxien. Modelle über
Galaxienentstehung deuten darauf hin, dass die Eigenschaften dieser Halos darüber
entscheiden, mit
welcher Rate Sterne in den Galaxien entstehen", erklärt Nicolas Lehner von der
University of
Notre Dame in Indiana die Bedeutung der Entdeckung.
Der jetzt um unsere Nachbargalaxie Andromeda neu vermessene Halo hat eine
Masse, die etwa halb so groß ist, wie die Masse aller Sterne der Galaxie und
besteht aus heißem diffusem Gas. Würde man den Halo mit bloßem Auge sehen
können, hätte er am Himmel eine Ausdehnung, die dem 100-fachen Durchmesser des
Vollmonds entspricht.
Die Andromedagalaxie, die auch als Messier 31 (M31) bekannt ist, liegt etwa 2,5
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Die Galaxie allein erscheint am
Himmel als schwach leuchtender Nebel mit etwa dem sechsfachen Durchmesser des
Vollmondes. Die Galaxie ist der nächste größere Nachbar unserer Milchstraße und
sollte dieser relativ ähnlich sein.
Auch das Weltraumteleskop Hubble kann den Halo aus Gas natürlich
nicht direkt
beobachten. Um ihn aufzuspüren, betrachteten die Astronomen helle Objekte, die -
von der Erde aus betrachtet - hinter der Galaxie und ihrem Halo liegen und
untersuchten, wie das Licht der fernen Objekte durch das Gas des Halos
beeinflusst wird. Besonders geeignet für diese Art von Untersuchungen sind sogenannte
Quasare, die hellen Zentren entfernter aktiver Galaxien. Das Team nutzte für
ihre Studie insgesamt 18 Quasare.
"Wenn das Licht der Quasare auf dem Weg zu Hubble das Gas des
Halos durchläuft, absorbiert dieses Teile des Lichts und lässt den Quasar in einem kleinen
Wellenlängenbereich etwas dunkler erscheinen", erklärt Teammitglied J.
Christopher Howk von der University of Notre Dame das Verfahren. "Durch die
Messung dieses Helligkeitsabfalls können wir feststellen, wie viel Halogas von M31
sich zwischen uns und dem Quasar befindet."
Dabei machten sich die Astronomen zunutze, dass Hubble auch die
ultraviolette Strahlung der fernen Quasare beobachten kann - etwas, was von der
Erde aus nicht möglich ist, da die Erdatmosphäre diesen Strahlungsbereich
weitestgehend verschluckt. Für ihre Studie stützten sie sich auf unzählige
frühere Beobachtungen der Region, die zu ganz anderen Zwecken durchgeführt
worden waren, aber im Archiv zur Auswertung zur Verfügung standen.
Der Halo der Andromedagalaxie dürfte, so zumindest aktuelle Modelle, zur gleichen Zeit entstanden sein, wie
die sichtbare Galaxie. Das Gas scheint zudem mit Elementen, die schwerer sind
als Wasserstoff und Helium angereichert zu sein. Diese müssen erst im Inneren von Sternen
erzeugt werden und werden dann durch Supernova-Explosionen in das
interstellare Medium abgegeben. Offenbar wurde im Laufe der Entwicklung
der Andromedagalaxie fast die Hälfte der schweren Elemente, die durch Sterne in der galaktischen
Scheibe erzeugt wurden, weit in den Halo geschleudert.
Ob unserer Milchstraße auch über einen solchen gewaltigen Halo verfügt, lässt
sich nicht feststellen. Sollte dies aber der Fall sein, dürften sich die Halos
der beiden Nachbargalaxien fast berühren. Astronomen gehen davon aus, dass die
Milchstraße und die Andromedagalaxie in etwa vier Milliarden Jahren zu einer elliptischen Galaxie verschmelzen werden. Wenn beiden Galaxien ausgedehnte Halos
besitzen, dürften diese sich bereits deutlich eher vermischen.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der
jetzt in der Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheint.
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