Der 2.875. Komet war irgendwie anders
von Stefan Deiters astronews.com
4. März 2015 / Update 5. März 2015
Das Sonnenobservatorium
SOHO liefert nicht nur wichtige Informationen über unser Zentralgestirn, sondern
hat inzwischen mehr Kometen entdeckt, als die besten menschlichen Kometenjäger.
Die meisten Kometen, die auf den SOHO-Bildern aufgespürt werden, überleben die
Sonnenpassage nicht
und gehören zudem alle einer Familie an. Komet Nummer 2.875 jedoch war anders.
Der Komet (Kreis) auf einem Bild von SOHO.
Bild: ESA / NASA / SOHO / Hill [Großansicht] |
Das Solar & Heliospheric Observatory (SOHO) ist ein
Weltraum-Sonnenobservatorium, das von der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA und
der europäischen Weltraumagentur ESA gemeinsam betrieben wird. Es wurde im
Dezember 1995 gestartet und hat seitdem nicht nur wertvolle Daten über unser
Zentralgestirn zur Erde geschickt, sondern auf seinen Bildern wurden auch unzählige Kometen entdeckt.
Das Aufspüren eines Kometen, der in das Sichtfeld von SOHO wandert, ist also
im Grunde genommen nichts wirklich Aufregendes mehr. Allerdings gibt es immer
wieder Kometen,
die irgendwie anders sind, als die normalerweise aufgespürten Brocken. Dies gilt
insbesondere für den 2.875. von SOHO entdeckten Kometen, den das Teleskop vom
18. bis 21. Februar beobachtete.
Die Mehrzahl der Kometen, die SOHO bislang entdeckt hat, sind nämlich
Überreste eines großen Kometen, der bei Annäherung an die Sonne vor vielen
Jahrhunderten auseinandergebrochen ist. Sie bilden eine Kometenfamilie, die
sogenannte Kreutz-Gruppe. Das Besondere an SOHOs Kometen Nummer 2.875 ist nun,
dass dieser offenbar keiner bekannten Kometenfamilie anzugehören scheint.
Und noch etwas macht die Neuentdeckung interessant: Die meisten von SOHO
aufgespürten Kometen sind so winzig und zerbrechlich, dass sie die nahe
Umrundung der Sonne nicht überstehen und verdampfen. Man bezeichnet solche
Kometen auch als "Sungrazer", also "Sonnenstreifer". Nummer 2.875 aber näherte
sich der Sonne zwar auch bis auf etwa 3,5 Millionen Kilometer an, überstand den
Vorüberflug aber unversehrt.
"Es besteht sogar die Chance, dass Beobachter auf der Erde den Kometen in den
kommenden Wochen am Himmel entdecken können", so Karl Battams, der als Sonnenforscher am
Naval Research Lab in Washington arbeitet. "Aber es könnte genauso gut sein,
dass er durch Ereignisse, die ihm bei seiner Reise um die Sonne zugestoßen sind,
recht schnell unsichtbar wird."
SOHO entdeckt nur wenige Male pro Jahr einen Kometen, der sich keiner
Kometenfamilie zuordnen lässt. Die Beobachtungen von SOHOs 2.875.
Kometen haben Wissenschaftler auch zu einem
kleinen Film
zusammengestellt. Darauf ist auch ein koronaler Massenausbruch der Sonne zu sehen,
was
die Sequenz noch interessanter macht.
Update (5. März 2015): Jüngste Berichte von Beobachtungen
des Kometen SOHO-2875 (offiziell C/2015 D1 (SOHO)) von der Erde aus deuten
inzwischen darauf hin, dass der Komet die Umrundung der Sonne doch nicht
unbeschadet überstanden hat, sondern der Kometenkern offenbar bald nach
Durchlaufen des Perihels zerbrochen ist. Einen intakten Kern scheint es nicht
mehr zu geben, vielmehr nur noch eine Staubwolke.
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